Wissen über "historische" Parkettverklebung
Vom Steinkohleteerpech zu Hybridklebstoffen
Die Geschichte der Verklebung von Parkett ist im Vergleich zu der historischen Entwicklung des Parketts noch jung. Gleichwohl hat sich die Chemie der Klebstoffe im Verlauf von nur einem Jahrhundert eklatant gewandelt: Von den brennenden Heißteerfässern der Vergangenheit zur hochkomplexen Chemie der Hybridklebstoffe. Regelmäßig wird diese Entwicklung in Vorträgen bei Innungsversammlungen und anderen Veranstaltungen beschrieben, vor allem vor dem Hintergrund der Diskussion um gesundheitsgefährdende Stoffe in Parkettklebern. Lösemittel, PAK (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe), Benzol oder Toluol sind dabei auch heute noch wichtige Themen.
Es ist noch nicht lange her, dass der Begriff Parkettklebstoff unbekannt war: Denn bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden Parkett und Dielenböden ausschließlich genagelt. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts gingen die Handwerker schrittweise dazu über, die Holzböden mit der Unterkonstruktion zu verkleben.
Zuerst wurde Heißteer verwendet, der bei der Steinkohleproduktion in ausreichenden Mengen anfiel. Das Teerpech wurde auf der Baustelle in Fässern aufgekocht - natürlich ohne Rücksicht auf die Geruchsbelästigung und die gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffe. Anschließend wurde der Heißteer möglichst zügig auf den Unterboden gegossen. In diese heiße Masse wurden dann die Parkettstäbe eingelegt. Da die Aufbereitung der Heißteerklebstoffe zum einen relativ aufwändig war, die Klebmasse zum anderen in vergleichsweise dicker Schicht aufgetragen werden musste, wurde nach Alternativen gesucht.
Während des zweiten Weltkriegs und danach gingen die Verleger dazu über, mit Kaltteer oder Kaltbitumen zu kleben. Bitumen als Nebenprodukt der Erdölproduktion verdrängte dabei nach und nach den Steinkohleteer, erklärt Philipp Schroeder, Anwendungstechniker bei Schönox, den Übergang zu Bitumen. Die "Kaltstreichbarkeit" der Klebstoffe wurde erreicht, indem Steinkohleteerpech oder Bitumen in Lösungsmitteln gelöst wurden.
Bis zur Einstellung der Teerklebstoffproduktion in Deutschland in den 70er Jahren war nach Angaben des Schönox-Anwendungstechnikers die Verklebung mit Kaltbitumen, insbesondere bei der Stabparkettverlegung, gang und gebe. Insgesamt existierten die kaltflüssigen Bitumenstoffe, die oft mit Steinkohleteeröl versetzt waren, noch bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Bei Holzpflaster war noch bis Ende der 80er Jahre eine Verlegung mit Teerklebern im Heißklebeverfahren üblich.
Bitumen- und Steinkohleteerklebstoffe sind in vielen Altbauten oft noch vorhanden. Beim Entsorgen können im hohen Maße gesundheitsgefährdende Stoffe freigesetzt werden, so dass für den Handwerker die eindeutige Zuordnung alter Klebstoffe wichtig ist.
Lösemittelhaltige Klebstoffe noch immer wichtigste Produkte
Seit Anfang der 50er Jahre konnten die Verleger auch auf lösemittelhaltige Kunstharzklebstoffe zurückgreifen. Zuerst basierten diese Klebstoffe auf natürlichen Harzen, später wurden Syntheseharze eingesetzt. Aceton oder Alkohole sorgen in der Regel dafür, dass die Harze und Füllstoffe in Lösung gehen. Erst wenn die gesundheitsgefährdenden Lösemittel verdunstet bzw. diffundiert sind, erreichen die Harze ihre volle Festigkeit und Klebwirkung.
Trotz der Anstrengungen der Bauberufsgenossenschaften und dem Inkrafttreten von Verwendungsbeschränkungen (TRGS 610) im Jahr 1992 haben die lösemittelhaltigen Kunstharzklebstoffe für Parkett und andere Holzböden ihre beherrschende Stellung am deutschen Markt bis heute behalten. Nach Angaben des Industrieverbandes Klebstoffe halten LM- Parkettklebstoffe noch immer einen Anteil von rund 60%. LM-Klebstoffe sind im Vergleich zu anderen Klebstoffen universell einsetzbar, wasserfrei und preisgünstig, und sie verzeihen auch kleinere Verlegefehler. Bei ihrem Einsatz sind aber Arbeitsschutzmaßnahmen notwendig. Bei empfindlichen Holzarten kann es bei stark lösemittelhaltigen Produkten zu Schüsselungen kommen.
Dispersionskleber bereits in den 50er Jahren
"Gesündere" Kunstharzklebstoffe sind die Dispersionskleber, die bereits in den 50er Jahren zum Einsatz kamen und heute etwa 20% Marktanteil halten. Bei dieser Produktgruppe werden die Harze mit einer deutlich kleineren Lösemittelmenge verflüssigt und anschließend in Wasser dispergiert. Die Harze gehen nicht im eigentlichen Sinne in Lösung, sondern bilden nur eine Dispersion, d.h. die Wachskügelchen sind von Wassermolekülen umschlossen. Auch hier gilt, dass die Harze erst nach Verdunsten oder Diffundieren des Wassers ihre Festigkeit erreichen.
Dispersionsklebstoffe neigen im Vergleich zu Lösemittel-Klebstoffen nicht zu Versprödung. Schwierigkeiten gibt es aber immer wieder in Verbindung mit Calciumsulfatestrichen. Die Untergrundvorbereitung sollte sehr sorgfältig erfolgen, da der Einsatz von Dispersionsklebern einen weitgehend ebenen Untergrund voraussetzt. Außerdem muss bedacht werden, dass es durch den Wasseranteil des Klebers bei ungünstigen Parkettabmessungen oder nervösen Hölzern zu Schüsselungen und Abplatzungen kommen kann.
Eine Weiterentwicklung sind die sog. Pulverklebstoffe, die nach dem Anmischen mit Wasser ähnliche Eigenschaften aufweisen wie klassische Dispersionsklebstoffe, dennoch als eigenständige Produktgruppe geführt werden. Bei diesen zweikomponentigen Klebern falle die Holzquellung merklich geringer aus als bei vergleichbaren Dispersionen.
Isocyanate bringen 2K-PU-Klebstoffe in die Diskussion
Anfang der 90er Jahre wurden chemisch abbindende Klebstoffe entwickelt: Reaktionskleber, auch Polyadditionsklebstoffe genannt. In Deutschland kommen Ein- oder Zweikomponenten-Klebstoffe auf Polyurethan- oder Epoxidharzbasis zum Einsatz. Die Harzkomponente A und die Härterkomponente B müssen vor der Verarbeitung sorgfältig gemischt und dann sofort verarbeitet werden. Bei den 1K-PU-Klebstoffen wirkt die in der Luft enthaltende Feuchte als Härterkomponente. Polyurethan-Klebstoffe haben in den letzten Jahren an Marktanteil gewonnen: Auf rund 20% beläuft sich deren Anteil am Markt für Parkettklebstoffe.
Die Reaktionsharz-Klebstoffe sind universell einsetzbar. Sie binden schnell ab, so dass Parkettböden 12-24 Stunden nach der Verlegung geschliffen werden können. Doch auch bei diesen Produkten sind wegen der Isocyanate, die dem Härter zugesetzt werden, Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich. Beim Ansetzen muss das Mischungsverhältnis der Komponenten exakt eingehalten werden, zudem gilt der Klebstoff als vergleichsweise teuer.
Hybridklebstoffe, auch MS-Polymerkleber genannt, sind die neuesten Entwicklungen innerhalb der Gruppe der Reaktionsklebstoffe. Diese Klebstoffe bestehen aus modifiziertem Silan sowie Füllstoffen und sind isocyanat- und wasserfrei. Sie gelten als vergleichsweise elastisch, bereiten aber gelegentlich Probleme beim Aufziehen und sind verhältnismäßig kostspielig.
aus
Parkett Magazin 06/05
(Handwerk)