Kleiner Fehler - großer Schaden
Hohl liegender PVC-Bodenbelag auf Calciumsulfatestrich
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Schaden in einem Semiorenwohnheim, wo ein hohl liegender PVC-Bodenbelag Beulen und Blasen warf.
Im Neubau eines Seniorenwohnheims mit innen liegenden Fluren war auf einer Fläche von 400 qm ein 50 mm dicker Calciumsulfatfließestrich schwimmend eingebaut worden. 8 Wochen nach dem Einbau wurde darauf ein PVC-Bodenbelag verklebt. Vor Verlegung der PVC-Bodenbelagsbahnen soll der Untergrund mit dem CM-Gerät hinsichtlich der Feuchtigkeit geprüft und CM-Werte zwischen 0,4 und 0,45-% gemessen worden sein. Somit also lag der Calciumsulfatestrich zum Zeitpunkt der PVC-Verlegung belegereif vor. 5 Monate nach der Verlegung und 4 Monate nach Inbetriebnahme der Seniorenresidenz kam es in einem Teilflächenbereich des Flures zu Beulen und Blasen des PVC-Belages. Zur Ursachenerforschung dieser Mängel wurde die Fußbodenkonstruktion gutachterlich überprüft.
Im Objekt waren an drei Stellen im Flurbereich Formveränderungen festzustellen.
Bei Gegenlichtbetrachtung lagen an der Oberfläche des PVC-Bodenbelages Beulen und Blasen vor. Diesen wiesen einen Durchmesser von 10 bzw. 20 cm auf.
Beim Überfahren des PVC mit einem speziellen Hohlstellensuchgerät, das nach dem Stimmgabelprinzip funktioniert, wurden angrenzend an die Beulen und Blasen in zwei PVC-Bahnen weitere Hohllagen zwischen Belag und Estrich festgestellt. In dem betroffenen Bereich und unmittelbar angrenzend wurden mit einem Feuchtigkeitsmessgerät vom Typ "Doser" Werte von 7,1 bis 8,3-% ermittelt. Dort, wo keine Beulen oder Blasen vorlagen, lagen die Feuchtigkeitswerte zwischen 1,2 und 1,9-%.
Bei dem benutzten Prüfgerät ist deutlich darauf hinzuweisen, dass dies keine Feuchtigkeitsprüfung im Sinne der DIN 18365 "Bodenbelagsarbeiten" darstellt. Das Messgerät wird lediglich auf die Oberfläche von Estrich- und Belagskonstruktionen aufgesetzt, um tendenziell bestimmen zu können, in welchen Bereichen ein höherer oder geringerer Feuchtigkeitsgehalt vorliegt. So können im Bereich der höheren Werte gezielt normengerechte Feuchtigkeitsmessungen mit einem CM-Gerät vorgenommen werden.
Im Bereich der Beulen und Blasen wurde der PVC-Belag eingeschnitten und mit geringem Kraftaufwand streifenförmig aufgenommen. Dabei wurde ein Kohäsionsbruch in der oberen Zone des Calciumsulfatestrichs festgestellt. Auf der Rückseite der entnommenen PVC-Stücke lagen weiße Aussinterungen in Form einer puderförmigen, hauchdünnen Schicht vor.
Zur Bestimmung des tatsächlichen Feuchtigkeitsgehaltes des Estrichs wurden in zwei Teilbereichen jeweils Materialproben aus der oberen und unteren Zone sowie aus der Hartschaumdämmung genommen. Mit der Darr-Methode, die auch als gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmung bezeichnet wird, wurden im oberen Bereich Feuchtigkeitswerte von 1,02 und 1,15 Gew.-% und im unteren Bereich 1,27 und 1,35-% gemessen. Die beiden Dämmproben des Hartschaummaterials wiesen Werte von 8,69 und 9,55-% auf.
Die gemessenen Werte lagen deutlich oberhalb des geltenden Grenzwerte von 0,5 CM-%. Auch die Hartschaumdämmung wies einen deutlich überhöhten Feuchtigkeitsgehalt auf. Die festgestellten Schadensbilder im Objekt waren somit eindeutig auf überhöhte Feuchtigkeiten in Teilflächenbereichen des Calciumsulfatestrichs zurückzuführen.
Da der PVC-Bodenbelag praktisch wasserdampfdiffusionsdicht ist, konnte der Estrich keine Feuchtigkeit an die Raumluft abgeben. Darüber hinaus kam es in der oberen Zone des Calciumsulfatestrichs zu einer Entkristallierung und so zum Verlust der Festigkeit. In Verbindung mit dem üblichen Maßänderungsverhalten bzw. den thermischen Längenänderungen von PVC-Bodenbelägen waren Ablösungen, Beulen und Blasen die Folge.
Die Ursache für die Schäden lagen weder bei dem Auftragnehmer für Estricharbeiten noch beim Auftragnehmer für Bodenbelagsarbeiten. Grund: Der Calciumsulfatestrich wies an der Oberfläche in nahezu 9/10 der Grundrissfläche keine Schäden auf. Und: Der Bodenleger hatte den Estrich mit der handwerklich üblichen Sorgfaltspflicht auf den Feuchtigkeitsgehalt überprüft und ausreichend trocken festgestellt. Das betraf auch die Oberflächenfestigkeit, die mittels Gitterritzmethode geprüft worden war.
Zum Zeitpunkt der Feuchtigkeitsmessung des Sachverständigen wies der Estrich einen deutlich überhöhten Feuchtigkeitsgehalt auf. Die Feuchte nahm zur unteren Seite des Estrichs zu und auch die Hartschaumdämmung war überproportional feucht. Da dieser Bereich örtlich begrenzt war, ist zu unterstellen, dass es in einem angrenzenden Bereich zu einem Wasserschaden gekommen ist, der diesen Schaden in der Fußbodenkonstruktion verursacht hat. Dem Auftraggeber wurde empfohlen, die angrenzenden Räume hinsichtlich eines Wasserschadens zu überprüfen, da sich dort beidseitig Sanitärzellen der Bewohner befinden.
aus
FussbodenTechnik 03/04
(Handwerk)