Kleiner Fehler - großer Schaden
Eindrücke und Stauchblasen im PVC-Belag
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Schaden in einem mehrstöckigen Bürogebäude, wo ein elastischer Bodenbelag Resteindrücke und Stauchblasen aufwies.
In dem Bürogebäude eines Elektronikherstellers verlegte ein Objekteur 1.200 qm eines 2 mm dicken leitfähigen PVC-Belages auf einer gespachtelten zementären Estrichkonstruktion. Der PVC-Bodenbelag wurde mit einem leitfähigen Kunstharzdispersionskleber geklebt. Entsprechend dem Gebindeaufdruck benutzte der Verleger die Spachtelzahnung A1.
Nach der Beendigung der Verlegearbeiten erfolgte die Möblierung der Büroräume: Büroschränke und Schreibtische in die Büroräume sowie Werkbänke in die Technikerräume, die teilweise mit Rollen ausgestattet waren. 3 bis 4 Tage nach dem Einräumen der Möbel wurden in dem Bodenbelag Eindrücke und so genannte Stauchblasen festgestellt - insbesondere im Bereich der Möbelfüße und an den auf Rollen stehenden Transportwagen.
Die zunächst durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass ausschließlich im 2. Obergeschoss angrenzend an die Standbeine von Bürotischen und Werkbänken deutliche Stauchblasen vorlagen. Diese war jeweils nur auf einer Seite der Standbeine zu erkennen. Das Gewicht der Tische, auf denen Werkzeuge und teilweise auch zu repariende Kleingeräte lagen, wurde auf mindestens 100 bis zu 200 kg geschätzt.
Die Prüfmaßnahmen an den Werkbänken zeigten, dass "schräge" Standbeine die Bodenbelagsebene durch die schräg einwirkenden Stützkräfte regelrecht weggedrückt hatten. Mit einer Wasserwaage bestätigte sich die Vermutung, dass die Tische schräg aufgestellt waren. An anderen Werkbänken und Montagetischen, bei denen Druckverteilungsplatten unter den Standbeinen in Größen von 50 x 50 mm untergelegt waren, gab es keine Eindrücke oder Stauchblasen.
Im Bürobereich waren nach dem Zurseiteschieben von Schreibtischen - deren Gesamtgewicht bei 100 kg lag - mehrfach Eindrücke zu finden, die eine Tiefe zwischen 0,2 mm und 0,3 mm hatten. Diese Eindrücke ließen sich ausschließlich in Verbindung mit Schlaglichteinwirkung und einer Gegenlichtbetrachtung feststellen.
Ungeeignete harte Doppel-Lenkrollen
Auch im Abstellbereich eines fahrbaren kleinen Transportwagens, auf dem Akten und zum Zeitpunkt des Gutachtertermins Spanplattenabschnitte transportiert wurden, waren bei einem Gesamtgewicht von 150 kg punktuelle Eindrücke bis zu einer Tiefe von 0,8 mm festzustellen. Die Umgebungsränder dieser Eindrücke waren dabei wulstartig erhöht. Der Transportwagen war mit harten Doppel-Lenkrollen ausgerüstet, die für elastische Bodenbeläge nicht geeignet sind.
Weitere Schäden fanden sich in einem laborähnlichen Raum, in dem fahrbare Klimageräte aufgestellt waren. Anhand einer Gerätebeschreibung konnte ein Gewicht von 400 kg bescheinigt werden. Auch diese Geräte waren mit harten, ungeeigneten Kunststoffrollen mit einer Lauffläche von 8 mm ausgestattet. Hier waren Eindrücke mit Tiefen bis zu 0,5 mm mit gering wulstartig fühlbaren Rändern festzustellen.
In den übrigen Bereichen von Drehstühlen und sonstigen Einrichtungsgegenständen wurden keine Eindruckstellen gefunden. Stattdessen fand man in einem Teilbereich, wo ein fahrbarer Transportwagen mit großen Gummirollen stand, gelbliche Verfärbungen. Hier wurde vor Ort bereits auf die chemisch-physikalischen Wechselwirkungen der Rollen mit dem Belag hingewiesen.
Die Bereiche von Stauchblasen und Eindrücken wurden genauer untersucht: Der Klebstoff war ordnungsgemäß mit einer Spachtelzahnung A1 aufgetragen worden. Das leitfähige Klebstoffsystem war nur gering zerquetscht bzw. es wies nahezu stehende Klebstoffriefen auf. In diesen Teilflächenbereichen haftete an der Rückseite des Belages das Klebstoffsystem nur schemenartig hauchdünn an.
Estrich ausreichend trocken
Die in zwei Teilflächenbereichen durchgeführten Feuchtigkeitsmessungen an der zementären Estrichkonstruktion waren mit 1,6 CM-% und 1,7 CM-% ausreichend trocken. Die Frage, ob der Bodenbelag rechtzeitig in das Klebesystem eingelegt wurde, konnte der Sachverständige auf einer Fläche im 1. OG nachvollziehen. Dort wurde das Klebstoffsystem vollständig zerquetscht und die Klebstoff-Benetzung des Belags war deutlich erkennbar.
Hingegen zeigten Prüfungen im Bereich der Stauchblasen bei den Werkbänken, dass das Klebesystem glatt zur Seite gedrückt wurde.
Elastischer Belag im Institut getestet
Um ganz sicher zu gehen, wurde eine Bodenbelagsprobe in einem externen Institut auf sein Eindruckverhalten nach DIN EN 433 überprüft. Die Eindrucktiefe betrug 0,13 mm nach 15 Sekunden Belastung und 0,20 mm nach 150 Minuten. Nach der Entlastung lag der Resteindruck bei 0,04 mm. Die zuständige Norm DIN EN 649 "Elastische Bodenbeläge - homogene und heterogene Polyvinylchlorid-Bodenbeläge - Spezifikation" hält einen Grenzwert von maximal 0,1 mm für zulässig. Damit lag das Prüfergebnis im zulässigen Bereich.
Im Labor des Gutachterbüros wurden zusätzlich Probeklebungen durchgeführt, bei denen Einlege- und Ablüftzeiten von 10, 20, 30 und 60 Minuten eingehalten wurden. Bei den Messungen erfolgten Belastungen des Belages mit quadratischen Stahlzylindern mit einem Gewicht von 54 kg und zwar jeweils nach 24, 48, 72 Stunden, sowie 8 und 14 Tage nach Beendigung der Klebung. Bei diesen Prüfmaßnahmen fiel insbesondere auf, dass bei der Einlegezeit von 35 und 60 Minuten teils deutliche Eindrücke in Tiefen zwischen 0,33 mm und 0,54 mm entstanden.
Die Überprüfung des Bruchbildes zeigte bei der längeren Einlegezeit deutlich erkennbare stehende Klebstoffriefen, die bei Einlegezeiten von 20 Minuten noch erkennbar, jedoch nahezu vollständig zerdrückt waren. Bei Einlegezeiten von 10 Minuten waren sie nicht mehr vorhanden bzw. das Klebstoffsystem war vollständig flach zusammengedrückt. Die Eindrücke waren dort wesentlich tiefer, wo die Klebstoffriefen erkennbar waren. Grund: Der Belag lag dort wie auf Stützen auf.
Die Hauptursache der festgestellten Stauchblasen ist eine zu frühe Belastung des Bodenbelages. Im Werkstattbereich wurden die Schäden forciert und mitverursacht durch die erhöhte Druckbeanspruchung durch große Aufstandslasten in Verbindung mit schräg einwirkenden Stützkräften. Hinzukommen die harten Stuhlrollen bzw. Möbelrollen von Klimaschränken und sonstigen Transportgeräten.
Als zusätzliche Schadensursache kommt die Überschreitung der Ablüftezeit des Klebstoffsystems in Betracht. An den Stellen, wo nur die oberen Kuppen des Klebstoffsystem zerquetscht waren, lag der Belag "Stelzenförmig" auf. Durch den einwirkenden Druck wurde die Verbindung entsprechend tiefer eingedrückt. Eine wichtige Rolle spielten dabei auch die hohen Belastungen durch die ungeeigneten harten Rollen.
Rollen müssen nach DIN 12529 "Räder und Rollen - Möbelrollen - Rollen für Drehstühle - Anforderungen" so beschaffen sein, dass sie bei der Verlegung von harten Stein-, Holz-, Fliesenböden eine weiche Lauffläche aufweisen und damit dem Rollentyp W entsprechen.
Im Gutachten wurde eine komplette Neuverlegung des 2. Obergeschosses als unverhältnismäßig erachtet, wenn man den "Leitfaden über hinzunehmende Unregelmäßigkeiten bei Neubauten" vom Bundesministerium für Raumordnung zugrunde legt. Danach sind "Unregelmäßigkeiten, die nur durch Abtasten der Bodenfläche bzw. im Streiflicht zu erkennen sind, kein Mangel."
Es wurde empfohlen, generell im Bereich der schweren Werkbänke Lastverteilungsplatten unterhalb der Tischbeine anzuordnen und die harten Rollen auszutauschen. Im Bereich der zwei größten Stauchblasen empfahl der Sachverständige eine partielle Nachbesserung durch Auswechseln von Bodenbelagsteilstücken.
Die Frage der Verantwortung war in diesem Fall von untergeordneter Bedeutung, da außer dem Auswechseln von zwei Bodenbelagsstücken (jeweils 50 cm x 50 cm groß) - das freiwillig von dem Objekteur übernommen wurde - keine weiteren Nachbesserungen oder sonstige Preisnachlässe gerechtfertigt waren.
Im Gutachten wurde zudem darauf hingewiesen, dass eine verantwortungsvolle Planung und Bauleitung einen Bauzeitenablauf vorgibt, damit der Möbelwagen nicht schon während der Bodenbelagsverlegung vor der Tür steht. Mit diesen Problemen sind Boden- und Parkettleger besonders konfrontiert, da von ihnen nicht zu vertretende, zeitlich weit voraus verursachte Zeitverzögerungen die Durchführung der Bodenbelagsarbeiten in erheblichem Ausmaße erschweren.
Der Bauherr wurde auf die normgerechten Stuhlrollen sowie auf Lastverteilungsplatten unter Aufstandsflächen mit hohen Lasten aufmerksam gemacht. Der Objekteur wurde auf die von dem Klebstoffhersteller vorgegebenen Ablüftezeiten hingewiesen. Diese sind grundsätzlich in Verbindung der Bedingungen vor Ort unbedingt zu beachten.
aus
FussbodenTechnik 02/04
(Handwerk)