Kleiner Fehler - großer Schaden

Kautschuk-Bodenbelag wirft Beulen und Blasen

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Schaden, bei dem sich auf einem Kautschuk-Bodenbelag Beulen und Blasen bildeten.

In einem größeren Bürogebäude wurden 100 x 100 cm große Fliesen aus Synthesekautschuk auf einem 50 mm dicken Calciumsulfatfließestrich verklebt. Darunter war eine zweilagige Dämmplattenschicht aus Polystyrolhartschaum eingebaut.

Der Auftragnehmer der Bodenbelagarbeiten führte 7 Wochen nach Herstellung des Estrichs erste Feuchtigkeitsmessungen im Bauvorhaben durch. Ergebnis: Bei Feuchtigkeitsgehalten zwischen 0,9 und 1,7 CM-% war die Estrichkonstruktion nicht belegreif.

Nachdem die Estrichkonstruktion zwei weitere Wochen beim intensiven Betrieb der Heizung sowie dem weiteren Aufstellen von Kondensattrocknern "zwangsgetrocknet" wurde, erfolgten nochmals protokollierte CM-Feuchtigkeitsmessungen. Dabei wurden Werte von < 0,5 CM-% ermittelt und der Estrich für belegreif erklärt. Aus dem Feuchtigkeitsmessprotokoll geht zudem hervor, dass die Estrichkonstruktion im Bereich der vier Prüfstellen jeweils 50 mm dick war. Der Estrich wurde gereinigt, grundiert und gespachtelt. Die Kautschuk-Fliesen wurden mit einem Kunstharzdispersionsklebstoff verklebt. Die Bodenbelagarbeiten wurden ohne Mängel abgenommen und das Bürogebäude bezogen.

Etwa 2 bis 3 Monate nach Beendigung der Arbeiten wurde eine Vielzahl von Beulen und Blasen festgestellt und reklamiert. Da die Intensität dieser Beulen zunahm und sich der Bodenbelag teilweise ablöste, wurde eine gutachterliche Überprüfung angefordert. Zentrale Fragen: Wie kam es zu dem Schaden? Und wer ist dafür verantwortlich?

Bei einer visuellen Überprüfung bestätigte sich die geschilderte großflächige Beulen- und Blasenbildung. Die Belagablösungen waren teilweise provisorisch mit Klebeband "repariert" worden. Außerdem fiel auf, dass die Beulen und Blasen ausschließlich im 1. Obergeschoss vorlagen. Im dazugehörigen 2. Obergeschoss gab es keine Schäden.

Im Rahmen der Ursachenforschung wurden Messungen mit einem elektronischen Feuchtigkeitsmessgerät durchgeführt, das ausschließlich oberflächennahe Feuchtigkeit erfasst: Im 1. Obergeschoss lagen die Werte nahezu vollflächig stark erhöht zwischen 2 und 4 %. Im schadensfreien 2. Obergeschoss wurde bei Werten bis maximal 0,9% keine oberflächennahe Feuchtigkeit gemessen.

Dem Sachverständigen wurde es gestattet, in jeder Geschossebene repräsentativ Prüfstellen (jeweils 3) anzulegen und dort Bodenbelagplatten vom Untergrund abzulösen. Im 2. Obergeschoss war der Bodenbelag mit erheblichem Kraftaufwand kleinflächig vom Untergrund abzulösen, wobei die Spachtelmasse und das Klebesystem vollflächig an der Rückseite des Bodenbelages anhafteten und ein nahezu glatter Adhäsionsbruch von der Oberfläche des Calciumsulfatfließestrichs entstand.

Die Prüfungen im 1. Obergeschoss ergaben beim Ablösen des Belages, dass sich mit dem Belag und der Spachtelmasse eine dünne, puderige, staubige Schicht der oberen Zone des Estrichs vom Untergrund mit ablöste. Dort ergab die elektrische Feuchtigkeitsmessung erhöhte Werte zwischen 5 und 7 %.

An den 6 Prüfstellen wurden zusätzlich Estrichproben über den gesamten Querschnitt entnommen, um eine genauere gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmung - besser bekannt als Darr-Probe - durchführen zu können.

Im 1. Obergeschoss, wo der Estrich Dicken zwischen 63 und 72 mm aufwies, ergaben die Messungen eine deutlich erhöhte Restfeuchtegehalte zwischen 0,8 und 1,1 CM-%, die über dem maximal zulässigen Feuchtigkeitsgehalt von 0,5 CM-% lagen. Im 2. Obergeschoss war der Estrich relativ gleichmäßig zwischen 45 bis 52 mm dick und die Werte lagen mit 0,4 und 0,6 CM-% nur geringfügig über der Grenze von 0,5 CM-%.

Der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten konnte auch anhand seiner Protokolle nicht genau aussagen, in welchem Geschoss er die Feuchtigkeitsmessungen durchgeführt hatte. Seine Feuchtigkeitsmessungen hatte er auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses nur bis 50 mm tief innerhalb der Estrichkonstruktion durchgeführt. Eine genaue Aussage, ob und inwieweit die Feuchtigkeitsmessungen bis zur Oberfläche der Dämmschichtabdeckung, d.h. bis zur Unterkante des Estrichs durchgeführt wurden, konnte derAuftragnehmer nicht machen.

Im Rahmen der Prüfmaßnahmen hat der Sachverständige unterhalb des Estrichs eine mit Polyethylenfolie abgedichtete Dämmschicht aus Polystyrolhartschaum und eine 0,2 mm dicke Polyethylenfolie als Feuchtigkeitsschutz vorgefunden. Die Feuchtigkeit war also nach unten abgesperrt. Nach oben sorgte der nahezu dampfdichte Kautschukbelag ebenfalls für eine Absperrung, so dass Beulen und Blasen entstehen mussten. In den Prüfstellen wurde die obere Zone des Estrichs zusätzlich vollflächig am Bodenbelag anhaftend weich und staubig festgestellt. Schon vor Ort wuchs die Erkenntnis, dass erhöhte Restfeuchtigkeitsgehalte des Estrichs zu Bruchzonenverlagerungen zwischen Estrichoberfläche und dem nahezu dampfdichten Belag führten.

Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass das zunächst eingesetzte elektronische Prüfgerät, aber auch ähnliche Prüfgeräte, die ausschließlich auf der Oberfläche des zu überprüfenden Werkstoffes aufgesetzt werden, keine verbindliche Feuchtigkeitsprüfung im Sinne der DIN 18365 gewährleisten.

Da aufsteigende Feuchtigkeit aus der Betongeschossdecke durch die absperrende Polyethylenfolie als Schadensursache ausscheidet, kam das Gutachten zu dem Schluss, dass die Estrichkonstruktion zum Zeitpunkt der Bodenbelagverlegemaßnahmen im 1. Obergeschoss nicht ausreichend trocken war bzw. höhere Restfeuchtigkeitsgehalte als die Belegreiffeuchte von 0,5 CM-% aufgewiesen haben muss.

Da die Probenentnahmen laut den protokollierten Feuchtigkeitsmessungen aus den oberen 2/3 des Estrichs erfolgten, muss in der unteren Estrichzone zum Zeitpunkt der Verlegearbeiten noch erhöhte Restfeuchtigkeit vorgelegen haben. Die durchgeführte Beheizung des Gebäudes und künstlichen Trocknungsmaßnahmen haben innerhalb des zu Protokoll gegebenen 14-tägigen Zeitintervalls in erster Linie die Feuchtigkeit aus den oberen 2/3 des Estrichs "entfernt" und somit nicht ganz ausgereicht, da grundsätzlich eine Estrichkonstruktion über den gesamten Querschnitt trocken sein muss.

Eindrucksvoll bestätigt wird dieser Sachverhalt weiter gehend dadurch, dass im 2. Obergeschoss, in dem die Estrichkonstruktion im Mittel 50 mm dick, d.h. 20 mm "dünner" als die Estrichkonstruktion im 1. Obergeschoss eingebaut worden ist, keine Fußbodenschäden und keine Feuchtigkeitsschäden vorlagen und auch eine trockene Estrichkonstruktion über den gesamten Querschnitt des Estrichs gehend festgestellt worden ist.

In aller Deutlichkeit hat der Gutachter auf die falsche Leistungsbeschreibung oder fehlende Angaben der Bauleitung hinsichtlich der tatsächlichen Estrichschichtdicke aufmerksam gemacht. In diesem Zusammenhang ist auch der Bauleitung eine Mitverantwortung anzulasten.
Unter vollinhaltlicher Berücksichtigung der in der DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten" unter 3.1.1 beschriebenen Prüfungspflichten des Auftragnehmers für Bodenbelagarbeiten, insbesondere der Prüfungspflichten hinsichtlich eines "nicht genügend trockenen Untergrundes" war der Auftragnehmer verpflichtet, im Bauvorhaben sach- und fachgerechte Feuchtigkeitsprüfungen, und zwar mit dem CM-Gerät durchzuführen.

Dies ist geschehen, wobei jedoch die Ausführung der Feuchtigkeitsmessungen nicht sach- und fachgerecht hingehend bis zum unteren Estrichrand, d.h. mit Probematerial über den gesamten Estrichquerschnitt erfolgte.

Klar und deutlich ist in der DIN 18365, insbesondere der dazugehörenden Erläuterungen beschrieben, dass im Rahmen der Feuchtigkeitsmessungen der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten den Untergrund bei schwimmenden Estrichen im Hinblick auf die Feuchtigkeit bis zur abgedeckten Dämmschicht bzw. über den gesamten Querschnitt zu prüfen hat, was im Bauvorhaben, bezogen auf das 1. Obergeschoss, in dem die Estrichkonstruktion Überdicken aufwies, nicht der Fall war.

Da diese Prüfungspflichten, insbesondere die Durchführung der CM-Feuchtigkeitsmessungen nicht sach- und fachgerecht erfolgten, ist der Sachverhalt hinsichtlich der im Leistungsverzeichnis angegebenen Estrichschichtdicke, die in beiden Geschossen gleich sein sollte, jedoch von untergeordneter Bedeutung, da der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten für seine sach- und fachgerechten Prüfmaßnahmen selbst voll verantwortlich ist.

Selbstverständlich ist durch diese falschen Angaben im Leistungsverzeichnis der Auftragnehmer in irgendeiner Form "aufs Glatteis" geführt worden, jedoch hätte er insbesondere unter Berücksichtigung, dass bereits im Rahmen der ersten Messungen eine deutlich nasse Estrichkonstruktion festgestellt worden ist, seine Feuchtigkeitsmessungen mit äußerster Sorgfalt im Bauvorhaben durchführen müssen.

Dieser Schadensfall hatte zur Folge, dass der Bodenbelag vollflächig entfernt werden musste. Sodann wurde der Estrich ausgetrocknet, der Untergrund aufwendig vorbereitet und schließlich der Kautschukbelag neu verlegt. Bei einer Fläche von 930 qm entstanden für den Verleger erhebliche zusätzliche Kosten. Und das alles, weil keine ordnungsgemäße CM-Feuchtigkeitsmessung mit Prüfgut über den gesamten Estrichquerschnitt durchgeführt worden war.
aus FussbodenTechnik 01/04 (Handwerk)