Exklusiv: Neuer Anwendungstechnikerkreis gegründet
Techniker Kreis Fußboden (TKF) geht offensiv mit Branchenproblemen um
Bislang gab es in der Fußbodenbranche zwei Kreise von Anwendungstechnikern: die Young Adviser und den Expertenkreis. Jetzt ist mit dem Techniker Kreis Fußboden (TKF) ein dritter hinzugekommen. Der TKF will mit den Problemen der Branche offensiv umgehen und Diskussionsergebnisse auch anderen mitteilen. FussbodenTechnik war exklusiv beim Treffen der Mitglieder bei Schönox in Rosendahl dabei, als der Vorstand gewählt wurde.
In der Fußbodenbranche ist im Moment der Trend zu beobachten, dass sich Wettbewerber an einen Tisch setzen, um sich auszutauschen. Auch bei dem Anwendungstechnikern gibt es jetzt mit dem Techniker Kreis Fußboden (TKF) ein weiteres Gremium, dass seine Treffen für eine einheitliche Sprache in der Branche und zur Absprache mit Kollegen nutzt. Die 12 Mitglieder berichteten, dass ihre Motivation auch darin besteht, dass durch Abgleich des Branchenwissen der Stand der Technik begleitet wird. Des Weiteren werden schulische Einrichtungen unterstützt und praktische Anwendung verbessert.
Testflächen mit Calciumsulfatestrichen
Beim 3. Treffen des TKF bei Schönox in Rosendahl stand zunächst eine Werksführung in Osterwick auf dem Programm. Anschließend erfolgte eine Bestandsaufnahme aktueller Merkblätter und Herstellervorgaben zum Thema "Calciumsulfatestriche und deren Oberflächenprüfung und -vorbereitung". Auf Test-Estrichen mit verschiedenen Anhydritbindemitteln wurden die laut DIN 18365 "Bodenbelagsarbeiten" bekannten Prüfungen wie Gitterritz-, Drahtbürsten-, Hammerschlag- und Saugfähigkeitsprüfung ausgeführt.
Weitere Prüfungen wie Haftzug, Scherfestigkeit und Schälwiderstand wurden ebenfalls an vorbereiteten Mustern durchgeführt.
Als Fazit wurde festgehalten:
- Die Gitterritz-, Drahtbürsten, Saugfähigkeits-, sowie die Hammerschlagprüfung ergeben nachvollziehbare und reproduzierbare Ergebnisse der Oberflächenprüfung.
- Haftzug- und Scherfestigkeits-prüfung mit 2-Komponenten Harzen zeigen selbst bei labilen Estrichoberflächen gute Ergebnisse.
- Je nach Zustand der Oberfläche ist ein Anschleifen durch (in der Regel )16er Korn oder auch Drahtbürstenteller notwendig.
- Je nach Lieferqualität des Calciumsulfatestriches und der Qualität des Estricheinbau, sowie begleitender Baueinflüsse, kann ein Abschleifen, Abfräsen oder Kugelstrahlen notwendig sein.
- Erhebliche Unterschiede in der Saugfähigkeit der Estriche führen in der Regel zu unterschiedlichem Einsatz nachfolgender Werkstoffe.
- Bei Bedenken hinsichtlich der Vorbereitung von Calciumsulfatestrichen zur Aufnahme von Belägen zeigt sich das Anlegen von Testflächen mit den zur Verwendung anstehenden Werkstoffen als sinnvolle und praxisgerechte Methode.
Es war erstaunlich zu sehen, wie sehr der erste Anschein eines Calciumsulfatestriches selbst die Anwendungstechniker täuschen kann. Tipp: Jeder Bodenleger und Objekteur sollte sich nicht auf einzelne Tests verlassen, sondern zur Sicherheit mehrere Prüfungen wie CM-Messung, Gitterritz-, Drahtbürsten-, Saugfähigkeits-, sowie die Hammerschlagprüfung durchführen. Nur so lassen sich eindeutige Aussagen über die Eigenschaften eines Calciumsulfatestriches machen.
Beim nächsten Treffen wird sich der TKF mit dem Thema Doppel- und Hohlraumböden auseinandersetzen.
----
Die 15 größten Probleme der Branche
FussbodenTechnik hat die Anwendungstechniker des TKF befragt, welche Probleme sie für die größten der Branche halten. Das sind die
Ergebnisse:
1. Bauherren jeglicher Art nutzen das Handwerk als Finanzierungsgehilfe für ihre Objekte und zahlen auch selten die volle Rechnung wegen unerheblichen/ gesuchten Mängeln.
2. Das bodenlegende Handwerk inkl. Bodenbelägen, Parkett und Estrich tritt nicht als "Der Bodenfachmann" mit gemeinsamer Ausbildung und Fachwissen auf. Das Bauteil mit der höchsten Belastung am Bau wird der Beanspruchung entsprechend zu schlecht vermarktet.
3. Immer mehr Objekteure üben einen enormen Preisdruck auf Bauchemiehersteller aus, indem sie telefonisch den "Tageskurs" für die benötigtem Produkte abfragen. Dadurch leidet die Partnerschaft zwischen beiden Parteien.
4. Immer mehr Bodenleger sprechen weder Deutsch, noch verfügen über Fachwissen - und das, obwohl der Endverbraucher immer höhere Qualität verlangt.
5. Die Bodenleger sind bezüglich der Untergrundvorbereitung und Verlegung schlecht ausgebildet.
6. Die Beratung ist schon beim Verkauf einer Qualität (Eignung, Farbe, Gestaltung) zu schlecht.
7. Die Kommunikation der Gewerke und deren Verarbeiter ist unzureichend. Kann man diese Defizit abstellen, werden weniger Fehler gemacht.
8. Bodenbeläge werden von Architekten und Planern zu spät in die Planung eines Objektes mit einbezogen.
9. Die allgemeine Verunsicherung durch Politik und Wirtschaft bei den Endverbrauchern und die damit zusammenhängende Kaufzurückhaltung stellt ein gravierendes Problem dar.
10. Die Lobby der Handwerker, insbesondere der Boden und Parkettleger, muss verbessert werden. Ein guter Parkettleger hat einen umfangreiches Erfahrungsschatz, den er sich nur durch mühevolle Arbeit auf der Baustelle aneignen kann.
11. Eine qualifizierte Ausbildung muss als unterster Maßstab gesehen werden. Eine Weiterbildung zum Beispiel durch Seminare, Industrie und andere Institutionen ist erforderlich, um erfolgreich zu sein.
12. Ein Problem ist der moralische Verfall der Verlegekultur.
13. Zu viele Marketing gesteuerte Aussagen gehen am Kunden vorbei. Die objektgesteuerte Zusammenarbeit zwischen Klebstoff-, Belags-, Reinigungsmittelindustrie und nicht zuletzt der Möbelindustrie (Stuhlrollen) müsste wesentlich verbessert werden.
14. Ein weiteres großes Problem in der Bodenlegerbranche ist die fehlende Kommunikation mit den anderen Handwerkern und Gewerken.
15. Eine gewisse Unkenntnis der Auftragnehmer über Ihr Gewerk ist unübersehbar. Sie lassen sich zu schnell vom Bauherrn und Architekten beeinflussen.
aus
FussbodenTechnik 05/04
(Bodenbeläge)