Kleiner Fehler - großer Schaden
Linoleum weist Grauschleier und Aufhellungen auf
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Schaden in einem Altenwohn- und Pflegeheim, wo ein Linoleum-Bodenbelag Grauschleier und Aufhellungen aufwies.
In einem Alten- und Pflegeheim wurden 1.500 qm eines Linoleum-Belages in der Dicke 3,2 mm verlegt. Man entschied sich für ein einfarbiges Produkt in den Farben orange und rot. Nach der Verlegung wurde eine Reinigungsfirma beauftragt, den Belag manuell im Nasswischverfahren zu reinigen und so von Staub und Bauschmutz zu befreien. Nach dem Fegen und Nasswischen war der Bodenbelag allerdings noch immer deutlich verschmutzt. Zu diesem Zeitpunkt war nicht daran zu denken, eine Einpflege des Linoleums mit einer strapazierfähigen wasserfesten Polymerdispersion durchzuführen, wie es der Verleger laut Leistungsverzeichnis durchführen musste. Stattdessen wurde eine Reinigungsfirma beauftragt, eine Grundreinigung durchzuführen. Diese erfolgte mit einem für Linoleum geeigneten Grundreiniger (pH-Wert < 9) und laut Protokoll mit einer Einscheibenmaschine mit weichem Pad. Anschließend soll die Linoleumfläche nach kurzen Trocknungszeiten zwischen 2 und 3 Stunden mit einer Linoleumpflegedispersion eingepflegt worden sein. Nach dem Trocknen der Dispersion wurden die Flächen mit Pappe abgedeckt, der Innenausbau durchgeführt und die Möbel eingeräumt.
Vor Übergabe der Bodenbelagsflächen ließ der Bauherr eine Bauschlussreinigung durchführen. Laut Protokoll erfolgte diese Reinigung ausschließlich im manuellen und feuchten Wischverfahren. Auf Nachfrage erhielt der Sachverständige jedoch die Auskunft, dass dem klaren Wischwasser ein Alkoholreiniger zugesetzt wurde und, dass der Belag nach der Reinigung Pfützen aufwies. Nach dem Bezug des Gebäudes wurde dann von hauseigenen Reinigungskräften mit der Unterhaltsreinigung begonnen: Gewählt wurde ein Feuchtwischverfahren mit einem Neutralreiniger.
Ab diesem Zeitpunkt wurde von den Innenarchitekten ein deutlicher Grauschimmer festgestellt. Dazu kamen wolkenartige, aber auch kreisrunde Aufhellungen des Linoleumbelages. Die Reinigungskräfte wurden angewiesen, das Linoleum nur noch mit klarem Wasser ohne irgendwelche Zusätze zu reinigen.
Im Rahmen der Überprüfung des Linoleumbelages wurde nahezu vollflächig ein deutlicher Grauschleier und eine stumpfe Belagoberfläche festgestellt. Zusätzlich wies der Belag in den Fluren und Räumen fleckenartige Aufhellungen mit wolkenartigen Umrissen auf. Hinzu kamen kreisrunde Aufhellungen mit einem Durchmesser von 30 bis 50 cm.
Die fleckigen und kreisrunden Aufhellungen sollen bereits nach der im Feuchtwischverfahren durchgeführten Reinigung vor der Gebäudeübergabe festgestellt worden sein. Der nahezu vollflächig vorliegende Grauschimmer soll erst "im Laufe der Zeit" entstanden sein.
Unter dem Mikroskop zeigten sich feine Kratzspuren und schuppenartig Kristalle/Kalkabsonderungen im Bereich der kreisrunden Aufhellungen. Diese ließen sich per Hand abschaben. Auch an den fleckigen Aufhellungen mit wolkenartigen Umrissen waren helle schuppenartige Substanzen auf der Oberfläche des Belages festzustellen. Da während des Gutachtertermins die bauseitige Unterhaltsreinigung stattfand, konnte sich der Sachverständige davon überzeugen, dass die Wischpflege ausschließlich mit klarem Wasser stattfand. Im Bereich von nicht vermeidbaren kleinen Unebenheiten blieb geringfügig Wasser stehen. Reinigungsversuche mit klarem Wasser und einem Neutralreiniger ergaben keine Neutralisation der Grauschleier. Die Aufhellungen waren nach der Wischpflege nur noch als Wasserkränze erkennbar. Unter dem Mikroskop zeigte sich, dass sie in Randbereichen relativ fest an der Oberfläche des Belages anhafteten und im Wischverfahren nicht entfernt werden konnten.
Weitere Grundreinigungsmaßnahmen schwächten die Belagsbeeinträchtigungen deutlich ab. In Zusammenarbeit mit dem Anwendungstechniker eines Reinigungsmittelherstellers konnte der Linoleumbelag "gerettet" werden: Ein spezielles System löste Kalk, Seifenrückstände und Schmutz vom Belag.
Nach der Grundreinigung und dem zwei- bis dreimaligen Auswischen der Fläche mit klarem Wasser waren die Aufhellungen und Wasserränder nicht mehr vorhanden bzw. nur noch schemenhaft erkennbar. Die chemische Analyse des Schmutzes fand keinerlei Substanzen eines Pflegemittels oder einer Versiegelung, sondern ausschließlich Kalk und Schmutz. Nach einer ausreichenden Trockenzeit des "Linoleumrettungssystem" erfolgte die Versiegelung des Belages. Die Maßnahmen hatten eine deutliche "Anfeuerung" des Belages zur Folge: In den gereinigten Teilflächen lag die Farbgebung wieder gleichmäßig und ohne Aufhellungen vor.
Die Veränderungen des Linoleumbelages sind durch folgende anwendungstechnische Problemstellungen verursacht worden:
1. Im Rahmen der ersten Grundreinigung des Linoleumbelages und der maschinellen Bauschlussreinigung mit zu rauen Pads erfolgte eine mechanische Überbeanspruchung der Oberfläche. Die so genannten "Standstellen" der Reinigungsmaschine sorgten für die kreisrunden Aufhellungen. Auch die wolkenartigen Aufhellungen lagen auf Hochpunkten des Fußbodens vor und wiesen auf die mechanische Überbeanspruchung hin.
2. Die laut Leistungsverzeichnis nach der Grundreinigung aufzubringende Polymerdispersion bzw. die Beschichtung hatten eine ungenügende Haftung zur Oberfläche und waren nach vierwöchiger Nutzung des Belages nicht mehr vorhanden. Damit lag die Linoleumoberfläche ohne erforderliche Pflegemittelschicht vor. Die Ursache der ungenügenden Arretierung ist eindeutig in einer zu frühen Versiegelung/Beschichtung des Belages nach der Grundreinigung zu sehen.
Eine zwei- bis dreistündige Trocknungszeit reicht in der Regel nicht, um eine Beschichtung auf Linoleum nach einer Grundreinigung zu arrettieren. In beheizten Gebäuden sollte mindestens eine Trocknungszeit über Nacht, besser jedoch eine 24-stündige Trocknungszeit eingehalten werden.
3. Durch die Bauschlussreinigung mit einem Alkoholreiniger ist es zu einem großflächigen Ablösen der Versiegelung/Beschichtung gekommen. Außerdem wurde das schmutzige Wischwasser nicht vollständig aufgenommen, sondern verblieb pfützenartig in den geringen Vertiefungen der Fußbodenfläche. In diesen Bereichen kam es zu Ablagerungen von Schmutz und Kalk. Reste der Reinigungsmittel führten zu den Wasserrändern/Wasserkränzen.
4. Durch die Unterhaltsreinigung mit klarem, kalkhaltigen Wasser ist dann der großflächige Grauschleier entstanden.
Der Schadensfall geht eindeutig auf eine falsche Unterhaltsreinigung und Pflege des Linoleumbelages nach der Verlegung zurück:
Die verschiedenen Unternehmer hatten keine ausreichenden Fachkenntnisse im Hinblick auf eine sach- und fachgerechte Reinigung und Pflege eines Linoleumbelages. Die einschlägigen Reinigungs- und Pflegeanleitungen sowohl der Belags- als auch des Pflegemittelherstellers sind nicht beachtet worden.
Auch die hauseigenen Reinigungskräfte hätten erkennen müssen, dass der Belag ohne Pflegemittelschicht vorlag, so dass bereits ab diesem Zeitpunkt eine nochmalige Neubeschichtung des Belages hätte durchgeführt werden müssen.
Trotz allem hat das überzeugende "Linoleumrettungssystem" eine Abschwächung der Farbstellungen verhindert und sogar die Farbe "angefeuert". Die vom Bauherrn geforderte komplette Erneuerung des Belages wurde durch den Sachverständigen als nicht gerechtfertigt abgelehnt.
aus
FussbodenTechnik 04/04
(Handwerk)