Einfluss der Sinterschicht auf das Trocknungsverhalten von Calciumsulfat-Fließestrich (CAF)

Verarbeiter muss Lüften und Anschleifen

Calciumsulfat-Fließestriche (CAF) werden auf der Basis von Calciumsulfat-Bindemitteln aus synthetischem Anhydrit, Naturanhydrit oder Alpha-Halbhydraten hergestellt. Beim Anmischen mit Wasser nehmen diese Bindemittel während der Erhärtung einen Teil des Anmachwassers auf. Um die Verarbeitung auf der Baustelle als Fließestrich zu ermöglichen, ist jedoch mehr als die zur Erhärtung notwendige Wassermenge erforderlich. Die Überschussmenge ist im Estrich als Feuchte messbar und muss in der Trocknungsphase an die Umgebungsluft abgegeben werden. Bei der Verlegung von Bodenbelägen kann eine zu hohe Restfeuchte zu Schäden an Estrich und Belag führen. Michael Witte und Karl-Heinz Wiegrink haben den Einfluss der Sinterschicht auf das Trocknungsverhalten untersucht.

Ein großer Teil der auf dem Markt befindlichen Calciumsulfatbinder besteht aus synthetischem Anhydrit. Dieser Anhydrit entsteht als Nebenprodukt bei der Herstellung von Flusssäure. Das mineralische Ausgangsprodukt Flussspat verleiht dabei dem synthetischen Anhydrit seine typische helle bis rötliche Farbe und weist nach der Herstellung Säurereste auf. Um diese Säurereste sicher abzureagieren, wird Kalk im Überschuss zugegeben. Nach der Neutralisation mit Kalk erfolgt die Zugabe eines so genannten Anregers und die Feinvermahlung zum synthetischen Anhydritbinder AB 20.

Zu geringe Festigkeit: Sinterschichten entfernen

Bei der Verarbeitung von synthetischem Anhydritbinder zu Calciumsulfat-Fließestrich (CAF) bildet sich nach der Estrichverlegung ein Wasserfilm auf der Estrichoberfläche. Der im Überschuss vorhandene und in Wasser gelöste Kalk wird so an die Estrichoberfläche transportiert und setzt sich dann im Verlauf der Estrichtrocknung auf der Oberfläche des Estrichs ab. Es bildet sich eine so genannte Sinterschicht, auch "Kalkhäutchen" genannt. Derartige Sinterschichten weisen nur eine geringe Festigkeit auf und müssen daher vor der Verlegung der Bodenbeläge entfernt werden. Sie lassen sich leicht durch das übliche Anschleifen entfernen.

Die Sinterschicht vermittelt den Eindruck einer sehr dichten Oberfläche, die das Austrocknen eines Calciumsulfat-Fließestrichs (CAF) eventuell erheblich verzögern kann. Dieses Verhalten war der Anlass für eine Untersuchung, den Einfluss der Sinterschicht auf das Trocknungsverhalten von CAF auf der Basis von Synthetischem Anhydritbinder aus der Flusssäureproduktion zu ermitteln.

Herstellung von CAF-Mörtelmischungen

Für die Herstellung der Versuchsflächen wurde ein CAF auf Basis von Bayer Anhydritbinder AB 20 eingesetzt. Sowohl der synthetische Anhydritbinder als auch das darauf abgestimmte Fließmittel wurde von Bayer Chemicals zur Verfügung gestellt. Als Zuschlag wurde Gesteinskörnung der Sieblinie AB8 verwendet.

Zur Herstellung aller Probekörper wurden die Mörtelmischungen im Trog eines Mischers nach DIN EN 196-1 /5/ 1 min bei langsamer und 30 Sekunden bei höherer Geschwindigkeit gemischt. Die Wasserzugabe wurde so eingestellt, dass das Fließmaß (ermittelt nach prEN 13454-2 /4 ) rund 22 cm betrug. Es wurden zwei Mörtelmischungen A1 und A2 der Festigkeitsklasse CA-C25-F4 hergestellt, die sich jeweils im Wasser-Bindemittelwert unterschieden.

Trocknungsverhalten: Der Versuchsaufbau

Das Trocknungsverhalten wurde an Probekörpern mit den Abmessungen 330 x 200 x 45 mm bzw. 330 x 200 x 80 mm untersucht, die zur Simulation eines praxisnahen Austrocknungsverhaltens von Estrichen an der Unterseite sowie an den vier Seitenflächen durch eine PVC-Schalung abgedichtet waren und somit nur zur Oberfläche hin austrocknen konnten.

Die Probekörper wurden 24 Stunden abgedeckt im Klima 20C/95 % r.F. und anschließend in einer Klimakammer bei 20C/65 % r.F. gelagert. Der Masseverlust durch Austrocknung wurde durch Wägung bestimmt. Als Bezugs-Trockenmasse wurde das am Ende der Trocknungsphase bei 45C im Trockenschrank ermittelte Gewicht verwendet.

Verlauf der Restfeuchte über die Trocknungszeit

Der Verlauf der Restfeuchte über die Trocknungszeit ist in der Grafik 1 für drei Probekörper der Rezeptur A1 mit einer Dicke von 45 mm dargestellt. Bei allen drei Probekörpern weist das Austrocknen zwei unterschiedliche Bereiche auf. Innerhalb der ersten 8 Tage nimmt die Feuchte schnell und annähernd linear mit der Zeit auf rd. 2 M.-% ab. Nach rund 8 Tagen ändert sich das Austrocknungsverhalten plötzlich. Die Austrocknung verlangsamt sich und verringert sich im weiteren Verlauf deutlich. Dies Austrocknungsverhalten ist typisch für CAF und unabhängig vom verwendeten Bindemittel. Es lässt sich durch den ausgeprägten Kapillartransport bei Restfeuchten über 2 M.-% und anschließende Dampfdiffusion erklären.

Bei den Probeestrichen A1-45-6 bzw. A1-45-14 wurde die Oberfläche nach 6 bzw. 14 Tagen, beim Probeestrich A1-45-0 gar nicht angeschliffen. Bei dem Probekörper A1-45-7 nimmt die Restfeuchte unmittelbar nach dem Anschleifen nur kurzfristig stärker ab. Beim Probekörper A1-45-14 ist kein Einfluss messbar. Das Austrocknungsverhalten wird durch das Anschleifen kaum beeinflusst. Alle Probekörper erreichen nach rund 16 Tagen eine Restfeuchte von 1,0 M.-%.

Der Verlauf der Restfeuchte über die Trocknungszeit ist in Grafik 2 für die Probekörper der Rezeptur A2 mit einer Dicke von 45 mm dargestellt. Aufgrund des geringeren W/B-Wertes weisen die Probekörper der Rezeptur A2 eine geringere Anfangsfeuchte auf. W/B-Wert steht für Wasserbindemittelwert, d.h. das Verhältnis der beim Mischen verwendeten Mengen an Wasser und Bindemittel (in kg Masse).

Der Austrocknungsverlauf weist auch hier die zwei unterschiedlichen Bereiche auf. Innerhalb der ersten 6 Tage nimmt die Feuchte schnell und annähernd linear mit der Zeit auf rund 2 M.-% ab, danach verlangsamt sich die Austrocknung. Das Austrocknungsverhalten wird beim Probekörper A2-45-7 durch das Anschleifen kaum beeinflusst. Bereits vor dem Anschleifen weist der Probekörper A2-45-7 eine etwas geringere Restfeuchte auf.

Der Verlauf der Restfeuchte über die Trocknungszeit ist in Grafik 3 für die Rezeptur A2 bei einer Dicke von 80 mm dargestellt. Beim Probekörper A2-80-7 nimmt die Restfeuchte unmittelbar nach dem Anschleifen für einige Tage stärker ab. Im weiteren Verlauf gleichen sich die Verläufe der Restfeuchte wieder an, so dass das Austrocknungsverhalten bis zum Erreichen der Belegreife durch das Anschleifen nur wenig beeinflusst wird.

Zum Vergleich ist der Verlauf der Restfeuchte für den Probekörper A1-45-7 ebenfalls dargestellt. Es wird deutlich, dass die Estrichdicke einer der maßgebenden Parameter auf die Austrocknung von CAF ist. Der 45 mm dicke CAF erreicht bereits nach 16 Tagen eine Restfeuchte von 1 M.-%. Zu diesem Zeitpunkt weisen die 80 mm dicken CAF noch eine rund doppelt so hohe Restfeuchte auf.

Fazit: Einfluss der Sinterschicht ist zu vernachlässigen

Calciumsulfat-Fließestriche auf Basis von synthetischem Anhydritbinder AB 20 sind hochwertige und leicht zu verarbeitende Fließestriche. Das Austrocknungsverhalten von CAF unterscheidet sich wesentlich von dem anderer mineralischer Estriche. Bis zu einer Restfeuchte von rund. 2 M.-% nimmt die Feuchte durch einen ausgeprägten Kapillartransport schnell und nahezu linear ab. Anschließend verlangsamt sich die Austrocknung.

Bei richtiger Verarbeitung und fachgerechtem Lüften gibt es bei der Austrocknung von CAF keine Probleme. Bei CAF ist ein leichtes Anschleifen der Oberfläche erforderlich, um eine gute Verklebung später aufzubringender Bodenbeläge zu gewährleisten. Der Einfluss der Sinterschicht auf das Austrocknungsverhalten von Calciumsulfat-Fließestrich ist jedoch unter baupraktischen Bedingungen vernachlässigbar klein.
aus FussbodenTechnik 04/04 (Bodenbeläge)