Kleiner Fehler - großer Schaden

Phantomfugen zerreißen Heizestrich

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um nicht ordnungsgemäß ausgeführte Bewegungsfugen, die zum Zerreißen eines Heizestrichs geführt haben.

Im Wellness-Bereich eines Fitness-Zentrums sollte in einem etwa 750 qm großen Raum ein Zementestrich der Festigkeitsklasse ZE 20 einschließlich Glasfaserarmierung auf Fußbodenheizung verlegt werden - Bauart A1 nach DIN 18560, bei dem die Heizrohre also auf der Dämmschicht liegen. Die Estrichnenndicke betrug 65 mm - bei mindestens 45 mm Überdeckung der Heizrohre.

Planerseits war vorgegeben, dass der Heizungsbauer an den Stellen, wo Heizrohre den vorgesehenen Fugenverlauf kreuzen, flexible Schutzrohre und spezielle Fugenprofile einbauen sollte. Demnach waren in diesen Bereichen, je nach Anzahl der kreuzenden Heizrohre zwischen 20 cm und 1 m lange, rund 100 mm hohe und 10 mm dicke Fugenprofile auf der Dämmschicht zu befestigen - die also bis etwa Oberkante Heizrohr reichten.

Daran oben angrenzend sollte dann der Estrichleger auf Grundlage des Fugenplans weiterlaufend 8 bis 10 mm dicke Polystyrol-Dämmstreifen anordnen - als gradlinige "Bewegungsfugen mit Styroporstreifen bündig mit dem bauseits eingebauten Spezialfugenprofil der Fußbodenheizung". Durch diese "Fugenkonstruktion" wurde die Estrichfläche in jeweils etwa 6 x 6 m große Felder unterteilt.

Bis zum Aufheizen war alles in Ordnung

Nach dem Estricheinbau erfolgte das "Funktionsheizen" der Heizestrichkonstruktion - auf Basis eines ordnungsgemäßen Auf- und Abheizprotokolls. Anschließend wurde die Fußbodenheizung erneut in Betrieb genommen - im Zuge eines stufenweisen Aufheizens mit Vorlauftemperaturen bis maximal 55 C - da der Fliesenleger im Rahmen seiner ersten Prüfmaßnahmen vor Ort darauf bestanden hatte, zusätzlich ein "Belegreifheizen" durchzuführen.

Der Fliesenleger fand bei dieser ersten Ortsbesichtigung auch die gemäß Fugenplan vorgesehenen "Bewegungsfugen" in der Estrichoberfläche vor. Zu diesem Zeitpunkt war mit dem Bauherrn außerdem bereits die Ausbildung der Bewegungsfugen innerhalb der Fliesenebene abgestimmt - ohne dass es hinsichtlich der Fugen bislang irgendwelche Probleme gegeben hatte. Das änderte sich dann allerdings mit dem "Belegreifheizen": Plötzlich traten einzelne Risse innerhalb der Estrichkonstruktion auf.

Diese Risse wurden zunächst vom Estrichleger kraftschlüssig geschlossen. Unmittelbar vor Beginn der Fliesenverlegung stieß der Fliesenleger dann allerdings auf eine Vielzahl weiterer Risse, die die Estrichfelder in der Regel jeweils in der Mitte kreuzweise teilten - einige verliefen auch über kurze Strecken von den Bewegungsfugen ausgehend. Dieser Umstand bildete schließlich den Anlass, einen Sachverständigen hinzu zu rufen.

Das Schadensbild: Deutliche Risse über die gesamte Estrichfläche

Beim Ortstermin fand der Sachverständige insgesamt neun, jeweils 6 x 6 m große Estrichfelder mit deutlich erkennbaren Bewegungsfugen vor, die mit 10 mm breiten Hartschaumstreifen ausgebildet waren. In allen Estrichfeldern lagen deutliche Risse vor, die sich überwiegend in der Mitte der Estrichfelder kreuzten - sowie einige "Y"-förmige Risse. Einzelne Risse waren bereits Kunstharzmaterial geschlossen worden.

Ausgehend von den Fugen zeigten sich stellenweise über kurze Strecken auch feine Haarrisse in der Estrichkonstruktion. Risse hatten sich außerdem an den Bodeneinläufen gebildet - wobei der Estrich nur eine minimale Gefällesituation aufwies, lediglich etwa 40 cm um die Bodeneinläufe herum. Im Bereich der gradlinigen, jeweils die gesamten Estrichfelder durchlaufenden Risse stellte der Gutachter durch Auflegen einer Latte deutliche Schüsselungen fest - ebenso im Verlauf der Bewegungsfugen. Erste Prüfungen hinsichtlich der Funktionalität der Bewegungsfugen ergaben, dass diese offenbar nicht durchgehend bis zur Dämmschichtebene verliefen: Sie ließen sich mit Ahle und Spachtel jeweils nur etwa 20 bis 25 mm tief einstechen. In unmittelbarer Nähe der geringfügig hochgeschüsselten Bewegungsfugen waren akustisch außerdem Hohlstellen bzw. Schichtentrennungen des Zementestrichs nachzuweisen.

Estrichfelder wurden nicht durchgehend getrennt

Beim Öffnen der Konstruktion bestätigte sich, dass der lediglich etwa 25 mm hohe Polystyrol-Hartschaumstreifen die im Mittel 65 bis 70 mm dicke Estrichkonstruktion lediglich im oberen Bereich durchschnitt. Das heißt: Im unteren Bereich lag auf einer Dicke von etwa 40 und 45 mm weiterhin ein durchgehender Estrich vor - und damit insgesamt keine funktionierende Bewegungsfuge. Die Hohllieger und Schichtentrennungen deuteten zudem darauf hin, dass die Estrichkonstruktion in den Fugenbereichen zweischichtig hergestellt worden war.

Das Fugenprofil, das der Heizungsbauer auf der Dämmschicht eingebaut hatte, war hingegen durchgehend bis zur Dämmschicht als funktionstüchtige Bewegungsfuge ausgebildet - es ließ sich optisch anhand des grauen Polyethylen-Schaumstreifens deutlich unterscheiden. Die flexiblen Rohrummantelungen der Heizrohre, die die Fugen in diesem Bereich kreuzen sollten, fanden sich ebenfalls in ordnungsgemäßem Zustand.

Die Ursache: Keine funktionstüchtigen Bewegungsfugen ausgeführt

Als Ursache für die beim Belegreifheizen entstandenen Risse kommen damit nur die vom Estrichleger nicht sach- und fachgerecht ausgeführten Bewegungsfugen in Frage. Da sie nur bis in eine Tiefe von rund 25 mm reichten, lag die etwa 25 x 30 m große Estrichfläche praktisch weiterhin fugenlos vor - mit Ausnahme einiger kleinerer Streckenbereiche, wo der Heizungsbauer die Bewegungsfugenprofile aufgestellt hatte.

Aufgrund der unvermeidbaren thermischen Längenänderungen eines zementären Heizestrichs, die etwa 0,012 mm/m K betragen, ist es zu Spannungsanhäufungen gekommen, die angesichts der funktionsunstüchtigen Bewegungsfugen schließlich zu Rissen geführt haben. Zur Verdeutlichung: Der genannte Wärmeausdehnungskoeffizient führt bei der in DIN 18560 Teil 2 empfohlenen Feldgröße von 6 m und einer Erwärmung von 10 C auf 50 C (40 K) zu einer Estrichsausdehnung um 2,88 mm. Solche Spannungen kann ein Estrich ohne ausreichende "Bewegungsfreiheit" nicht schadensfrei überstehen - insbesondere nicht bei größeren Feldern.

Die Verantwortung: Estrichleger hat kein normgerechtes Bauteil abgeliefert

Die Ausführung der Estricharbeiten entsprach damit nicht den Vorgaben der DIN 18560 Teil 2 "Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)", wo unter Punkt 6.3.3 "Estrichfugen" eindeutig verlangt wird: "Bei der Festlegung von Fugenabständen und Estrichfeldern sind die Art des Bindemittels, der vorgesehene Belag und die Beanspruchung, z.B. durch Temperatur, zu berücksichtigen." Bei beheizten Zementestrichen, die zur Aufnahme von Stein- oder keramischen Belägen vorgesehen sind, sollen demnach ab etwa 40 qm Flächengröße durch Bewegungsfugen getrennte Estrichfelder angelegt werden.

Dies hat der Estrichleger im vorliegenden Fall jedoch nur "scheinbar" getan: Er legte zwar Fugenprofile ein, diese unterteilten die Fläche jedoch nicht wirklich in "getrennte" Felder. Der Estrichleger ist damit für die Schäden allein verantwortlich und kann noch "froh sein", dass die Risse schon vor der Verlegung des Fliesenbelags und der Nutzungsaufnahme erfolgten - ansonsten wäre zumindest der finanzielle Schaden sicher wesentlich größer ausgefallen.

Der Schadensfall zeigt, dass sich bei Heizestrichen vor der Bodenbelagsverlegung grundsätzlich immer eine Überprüfung der Bewegungsfugen empfiehlt - zumindest stichprobenartig durch Einstechen mit einer Ahle, einem Spachtel oder einem sonstigen spitzen Gegenstand. So lassen sich solche Schäden unter Umständen von vornherein vermeiden.
aus FussbodenTechnik 02/03 (Handwerk)