Untergrundvorbereitung der Anhydrit-Fließestriche für Parkett und Bodenbelag
"Wir als Parkettleger sind keine Estrichleger. Deswegen wollen und müssen wir uns soweit wie möglich aus der Arbeit der Estrichleger heraushalten", machte Norbert Strehle gleich zu Anfang seines Referates mit Dieter Altmann im Rahmen der Gemeinschaftstagung deutlich. Dennoch sei auf Grund der Bauordnung der Parkett- und Bodenleger als nachfolgendes Gewerk verpflichtet, die Arbeit des Estrichlegers zu prüfen. Entsprechend müssen auch die verlegenden Handwerker ein gewisses Grundverständnis vom Estrich haben. Dies stellt nach Ansicht von Strehle bei Zementestrichen und klassischen Calciumsulfatestrichen in der Regel keine Schwierigkeit dar, weil diese Systeme "ihre Probleme offen zeigen."
Eine andere Situation finde sich bei Anhydrit-Fließestrichen. Statt von dem einen Anhydrit-Fließestrich sprechen zu können, gibt es nach Ansicht der Sachverständigen hundert verschiedene. Je nach Stellmittel, Art des Anhydrits oder Gesteinskörnung zeigt der Estrich sehr unterschiedliche Eigenschaften, um die der Estrichleger, aber eben auch der Parkett- und Bodenleger wissen muss. Eine sehr flüssige Mörtelkonsistenz beispielsweise führt dazu, dass sich an der Oberfläche Anmachwasser absetzt. Dieses "Wasser" ist im Grunde eine gesättigte Gipslösung, die alle gut löslichen Bestandteile des Estrichs enthält, erklärte Dieter Altmann. Daneben kann auch ein überwässerter Estrichmörtel bzw. auch ein Estrich mit einer langen, offenen Zeit für viel Anmachwasser an der Oberfläche sorgen. Solche Effekte verlängern nicht nur die Trockenzeit des Estrichs. Es gilt vielmehr: Je größer die Wasserschicht, desto problembehafteter die Oberfläche.
Generell sollte jeder Anhydrit-Fließestrich nach dem heutigen Wissensstand abgeschliffen werden, ganz egal welche Empfehlungen der Hersteller gibt. Der anschließende Voranstrich, der auf jeden Fall in den Aufgabenbereich des Parkett- und Bodenlegers fällt, dient zur weiteren Vorbereitung des Bodens. Er stellt die wichtigste Verbindung mit dem Estrich dar.
Für Anhydrit-Fließestriche sollten bei den wasserhaltigen Sys-temen, die heutzutage Stand der Technik sind, relativ grobe Dispersionen gewählt werden. Das anschließende Spachteln wiederum geschieht nicht, betonte Strehle, um den Estrich ebener zu machen und so die vermeintlichen Fehler des Es-trichlegers auszubügeln. Ziel sei es vielmehr, für die weiteren Arbeiten einen definierten Untergrund zu erzielen.
Damit sich das verlegende Gewerk auf der "sicheren Seite" fühlen kann, appellierte Norbert Strehle an den Mut der Parkett- und Bodenleger: Es sei keine Schande, wenn man zugeben muss, dass einem bei bestimmten Aspekten die Kenntnisse fehlen. Falls sich der Boden-/Parkettleger unsicher ist, dann sollte er lieber "Bedenken anmelden hinsichtlich unbekannter Eigenschaften". Insbesondere bei größeren Objekten raten die beiden Experten, eine Probeverklebung durchführen, gerade wenn zu befürchten ist, dass es sich um einen vermeintlich problembehafteten Estrich handeln könnte.
Auf Grund der Bauordnung ist der Parkett- und Bodenleger verpflichtet, Oberflächengüte, Feuchte, Ebenheit und auch die Saugfähigkeit des Estrichs zu prüfen. Letzteres ist nach Ansicht von Norbert Strehle für viele Parkett- und Bodenleger schwierig, da die Prüftechniken vergleichsweise komplex sind. Stimmt die Saugfähigkeit nicht, liegt der Fehler nicht immer beim Handwerker. Häufig genug sind die Fehler auch in der Einstellung des Produktes durch den Hersteller zu finden, wie Dieter Altmann an mehreren Beispielen aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Sachverständiger darlegte.
Eine besonders harte Schadensfall-Nuss brachten die beiden Sachverständigen zusätzlich zur Sprache. Bei einem vor Gericht bis dato noch nicht entschiedenen Schadensfall hatten insgesamt vier Sachverständige "ermittelt", ohne dass die genaue Schadensursache bestimmt werden konnte. In einem großen Objekt hatte zunächst der Estrichleger den Boden geschliffen. Anschließend bereitete der Bodenleger den Untergrund durch erneutes Schleifen und Spachteln vor, um PVC verlegen zu können. An den Feuerschutztüren wiederum oblag es dem Estrichleger, den Estrich anzuspachteln. Kurze Zeit nach der Verklebung der 4.500 qm PVC wurde durch einen Zufall festgestellt, dass der Belag über-all beinahe lose auf dem Boden lag. Oberflächig war nichts zu sehen. Erst im Mikroskop zeigte sich, dass möglicherweise die Estrichrandzone für die Schwierigkeiten verantwortlich war. In dieser nur 100 m dicken Schicht wurden im Labor sehr hohe Werte an Calcit und Syngetite gefunden. Woher diese Ansammlung kommt und wer letzten Endes für den Schaden verantwortlich ist, dass ist bisher noch nicht geklärt worden. Aber eines werde hieran deutlich: Die Qualität des Estrichs ist entscheidend für alle weiteren Arbeiten.
aus
FussbodenTechnik 03/05
(Bodenbeläge)