Kleiner Fehler - großer Schaden

Estrich auf Trennlage: Risse wie aus dem Lehrbuch

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen fehlerhaften Estrich auf Trennlage.

In einem Gewerbebetrieb im Westen Deutschlands baute ein Verarbeiter in einem Produktionsraum mit einer Fläche von 32 m Länge und 7m Breite einen Estrich auf Trennlage auf eine Betonsohle ein. Der Estrichleger bot einen Zementestrich auf Trennlage mit einer mittleren Dicke von 8 cm in der Festigkeitsklasse ZE 20 an. Aufgrund der unebenen Betonsohle wurden Dicken von 5 bis 13 cm angegeben.

Durch zwei Kellenschnitte als Scheinfugen war die Fläche richtigerweise in etwa gleichmäßige Felder unterteilt worden. Das ehemals ungünstige Längen- zu Seitenverhältnis von ca. 1:4,5 war so auf ein sehr günstiges Verhältnis von etwa 1:1,4 verringert worden.

Bereits 14 Tage nach Herstellung des Zementestrichs waren erste Risse erkennbar, die in den folgenden Wochen sowohl an Umfang und Rissbreite deutlich zunahmen. Estrichleger und Auftraggeber vereinbarten 7 Wochen nach der Estrich-Herstellung, die Risse mit einem Epoxidharzmaterial zu schließen. In den folgenden Wochen öffneten sich die geschlossenen Risse allerdings wieder.


Das Schadensbild

Großflächige Trennrisse

In der Oberfläche des Estrichs auf Trennlage lagen Risse in erheblichem Umfang vor - teilweise sogar rasterartig. Das gespachtelte Epoxidharz war lediglich 1 bis 2 mm tief in die Risse eingedrungen. Mit Ausnahme der oberen 2 mm lag der Trennriss im Zementestrich weiter vor. An zwei entnommenen Probeplatten zeigte sich, dass die Trennlage mit bitumengetränktem Papier hergestellt worden war und unsachgemäße Folienfaltungen aufwies. Unterhalb der Folie waren punktuelle und kleinflächige Mörtelbatzen auf dem Betonuntergrund erkennbar. Mörtelbatzen sind zu entfernende Mörtelreste am Untergrund.

An zwei Scheinfugen war zu erkennen, dass sich diese nicht bzw. einmal geringfügig aufgeweitet hatten - so wie es ihre Aufgabe als Sollbruchstelle ist. Bei einer Scheinfuge war der Zementestrich mit einer Dicke von 13 cm eingebaut und der Kellenschnitt nur 2,5 cm tief eingeschnitten worden. Demzufolge war kein Riss ab Unterkante Kellenschnitt in den Zementestrich hinein festzustellen. An der zweiten Scheinfuge bei einer Estrichdicke von 8 cm lag der Kellenschnitt ebenfalls 2,5 cm tief vor. Hier war der geplante Riss nachweisbar.

Während die Randfugen im Bereich der Wände ordnungsgemäß mit einem Randdämmstreifen in einer Dicke von 10 mm abgestellt waren, erfolgte in den Türübergangsbereichen eine harte Anarbeitung des Zementestrichs ohne Randdämmstreifen an die Türwangen. Damit lag dort keine funktionsfähige Randfuge vor. Im Bereich der Verladerampe war der Zementestrich im Aufbau erkennbar - jedoch ohne Trennlage zwischen Betonoberfläche und Estrich. Er war also als Verbundzementestrich und nicht wie geplant als Estrich auf Trennlage ausgeführt worden.

Im Bereich der Prüfstellen zeigte der Zementestrich nahezu über die gesamte Dicke, jedoch insbesondere im Bereich der Estrichdicken von 7 bis 13 cm eine hohe Haufwerksporigkeit, etwa ab dem mittleren bis unteren Drittel. Hohe Haufwerksporigkeit bedeutet, dass der Estrich nicht gut verdichtet wurde. Dadurch entstehen viele Hohlräume zwischen den Gesteinskörnern.


Die Ursache

Diverse handwerkliche Fehlleistungen

Neben dem bekannten und materialbedingten Schwinden des Zementestrichs bei der Trocknung ist bei der Ursache auf mehrere handwerkliche Fehlleistungen abzustellen. Beim Einbau des Zementestrichs wurden folgende Kardinalfehler begangen:

1. Ungenügende Prüfung des Untergrundes

Entgegen den allgemein anerkannten Regeln des Fachs und insbesondere der Estrichnormen DIN 18560 "Estriche im Bauwesen", insbesondere Teil 1 und Teil 4 (aktueller Stand zm Zeitpunkt der Estrichverlegung Mai 1992), sowie DIN 18353 wurde der Untergrund, also die Betonoberfläche nicht ausreichend für die Verlegung des Zementestrichs auf Trennlage geprüft und vorbereitet. Da Mörtelbatzen nicht entfernt wurden, lagen punktuelle und kleinflächige Unebenheiten im Untergrund vor. Außerdem wies die Betonoberfläche selbst erheblich differierende Dicken zwischen 5 bis 13 cm, also in der Differenz bis 8 cm auf. Damit hat der Estrichleger in Kauf genommen, dass in seinem Zementestrich erheblich differierende Schwindspannungen auftreten. Spätestens hier hätte der Estrichleger gegenüber dem Bauherrn Bedenken geltend machen müssen, denn in der DIN 18560 Teil 1 unter Punkt "4.2 Estrich 4.2.1 Allgemeines" heißt es:
"Ein Estrich muss in jeder Schicht in Dicke, Rohdichte und mechanischen Eigenschaften möglichst gleichmäßig sein und eine Oberfläche mit Ebenheitstoleranzen nach DIN 18202 aufweisen, die eine für den Verwendungszweck ausreichende Oberflächenfestigkeit besitzen muss."

Auch im Teil 4 der DIN 18560 unter "4.1 Tragender Untergrund" heißt es diesbezüglich nochmals:
" Die Oberfläche darf keine punktförmigen Erhebungen, lose Bestandteile oder Mörtelreste aufweisen. "

Die DIN 18353 (Stand Dez. 2002) sagt diesbezüglich klar und unmissverständlich unter Punkt "3 Ausführung ... 3.1 Allgemeines":

" 3.1.1 Der Auftragnehmer hat bei seiner Prüfung Bedenken (§ 4 Nr. 3 VOB/B) insbesondere geltend zu machen bei
- ungeeigneter Beschaffenheit des Untergrundes, z.B. grobe Verunreinigungen, Ausblühungen, zu wenig feste, zu glatte oder zu raue, ...
- größeren Unebenheiten als nach Abschnitt 3.1.3 zulässig,"

Abschnitt 3.1.3 verweist auf die DIN-Normen 18201 bzw. 18202 und den hier festgelegten Toleranzen der Ebenheit, Winkeltoleranzen bzw. Bauteilabmessungen.

Warum hat der Estrichleger nicht seine Bedenken angemeldet und gleichzeitig dem Bauherren angeboten, sowohl den Untergrund zu reinigen und vorzubereiten und z.B. mit einer zementären Ausgleichschicht im festen Verbund zur Betonoberfläche zu versehen?

2. Konstruktive Fehler beim Estrich-Einbau

Die DIN 18560 Teil 4 nennt unter Punkt "6.1 Trennschicht":

"Die Trennschicht ist in der Regel zweilagig, bei Gussasphaltestrich einlagig auszuführen. Die Lage der Trennschicht soll möglichst glatt und ohne Aufwerfungen verlegt sein. Bei Anhydrit-, Magnesia- und Zementestrich ist die Trennschicht zur Ausbildung der Randfuge an angrenzenden Bauteilen hochzuziehen."

Stattdessen war die Trennlage aus bitumengetränktem Papier jedoch lediglich einlagig verlegt worden, ohne sie vor dem Randstreifen bis zur Oberkante des Zementestrichs hochzuziehen. Außerdem fehlte die Trennlage im Bereich der Verladerampe. Durch die harte Anarbeitung des Zementestrichs im Bereich der Türwangen wurde keine funktionsfähige Randfuge ausgeführt. Der Estrich lag somit teilweise eingespannt und nicht frei beweglich vor. Entgegen den allgemein anerkannten Regeln des Fachs wurde außerdem eine Scheinfuge nicht tief genug ausgeführt. Die Einschnitttiefe war zu gering. So wurde der Estrich im Querschnitt nicht so entscheidend geschwächt, dass sich Schwindspannungen durch eine gewollte Rissbildung an der Scheinfuge hätten abbauen können.

Der Zementestrich wurde beim Einbau auch nicht verdichtet, was bei einer Dicke bis 13 cm bei der vorliegenden Konsistenz auch nahezu unmöglich war. So entstand die hohe Haufwerksporigkeit des Estrichs. Die Folge: Am Zementestrich wurden bei der Bestätigungsprüfung lediglich Einzelwerte der Biegezugfestigkeit zwischen 1,9 bis 2,4N/mm2 mit Mittelwerten von 2,0 bzw. 2,3 N/mm2 ermittelt.

Da nach der DIN 18560 Teil 4 bei der Bestätigungsprüfung an einem Zementestrich auf Trennlage die Biegezugfestigkeit im Mittel mindestens 70 % und der kleinste Einzelwert mindestens 60 % des bei der Güteprüfung geforderten Wertes (Teil 1 DIN 18560 mit "ZE 20" ≥ 4 N/mm2) erreichen muss, war somit der eingebaute Zementestrich mit einer Festigkeitsklasse unterhalb ZE 20, also ZE 12 zu bewerten.

3. Materialtechnologische Fehler

Bei einer mittleren Estrichdicke von 8 cm und einer Mindestdicke von 5cm war die gewählte Gesteinskörnung mit einem Größtkorn von 4mm insgesamt zu fein. Durch diese zu feine Sieblinie erhöht sich somit der erforderliche Zementanteil im Mörtel, um eine ausreichende Umhüllung der Gesteinskörner mit Bindemittel/Zementleim zu gewährleisten. Hier wäre eine Sieblinie der Gesteinskörnung min. 0/8 nach DIN 1045 zwischen den Sieblinien 3 und 4, also im gröberen Bereich erforderlich gewesen.


Die Verantwortung

Estrichleger bleibt auf Kosten sitzen

Aufgrund der festgestellten Sachverhalte konnte lediglich empfohlen werden, den Zementestrich auf Trennlage vollständig auszubauen und neu herzustellen. Der Estrichleger musste bei einem deutlich unter dem tatsächlichen Wert eingekauften Auftrag nun auch noch die Kosten für Rückbau, Entsorgung des alten und Einbau eines neuen Zementestrichs übernehmen.
aus FussbodenTechnik 04/05 (Handwerk)