Nichtzahlende Kunden
Problem für Handel und Industrie
Marburg - Das beste Produkt und gefüllte Auftragsbücher nützen nichts, wenn Kunden nicht zahlen: Industrie und Handel bestätigen gleichermaßen, dass das Eintreiben von Forderungen immer schwieriger wird - selbst mit unstreitigem Anspruch und Titel in der Tasche. Es möglichst gar nicht so weit kommen zu lassen, lautet die Devise. Hundertprozentige Sicherheit, um zahlungsunfähigen Kunden aus dem Weg zu gehen, gibt es nicht, jedoch verschiedene Tipps.
Schlechte Wirtschaftlage, Verbraucherinsolvenzen und fehlende Kaufkraft, gepaart mit nötiger Ignoranz ("es trifft keinen Armen") setzen oft schon beim Endkunden eine fatale Kettenreaktion in Gang: Rechnungen für erworbene Ware bleiben unbeglichen oder werden verschleppt. Die ohnehin gebeutelte Liquidität des Handels wird zusätzlich ausgehungert. Die Folge: Der Lieferant muss warten.
Doch der wird seinerseits ungeduldig, weil auch er seinen Kostenapparat zu decken hat. Druck auf den Handelspartner verschärft das Geschäftsklima, der Turnus für Mahnungen wird kürzer, auf "Teufel komm raus" werden neue Vertriebswege gesucht. Um sich über Wasser zu halten, werden nicht selten ungewöhnliche Lieferstrukturen installiert. Kurzfristiger Umsatz, ungeachtet der geographischen Lage und des Image des Geschäftspartners, müssen aus der Not heraus herhalten, um zunächst wieder "flüssig" zu werden. - Kein wirklich befriedigender Dauerzustand.
"Unternehmer-Risiko" heißt es oft lapidar von Beraterseite, gleich, ob sie rechtliche, steuerliche oder betriebliche Hilfe leisten sollen. Das freilich hilft wenig weiter, wenn die offenen Rechnungen sich in der Wiedervorlage schon regelrecht zuhause fühlen.
Was ist zu tun, um möglichst nur an solche Geschäftspartner zu geraten, die ihren Verpflichtungen auch wirklich nachkommen? "Haustex" hat für Handel und Industrie einige Tipps zusammengestellt, wann man im Hinblick auf seine Finanzen äußerst wachsam sein sollte.
Kontrolle der Endverbraucherbonität als Handelsbetrieb - in folgenden Situationen sollten Sie aufmerken:
- Die Ankündigung, direkt bei Warenerhalt zahlen zu sollen, erzeugt plötzliche Distanz beim Verkaufsgespräch.
- Der Hinweis auf eine geforderte Anzahlung wird mit "Erstaunen" quittiert (die Anzahlung darf allerdings nicht überhöht sein).
- Ein angekündigter Preisnachlass im Falle kurzfristiger Zahlung erzeugt kein Interesse.
- Preisverhandlungen können auch nicht mit dem Argument aufgefangen werden, eine Finanzierung oder Teilfinanzierung zu machen (der Kunde hat aufgrund Schufa-Einträgen bei Banken möglicherweise keine Bonität mehr).
Kontrolle der Händlerbonität als Lieferant - hier ist möglicherweise Vorsicht geboten:
- Die Bankverbindung des Geschäftspartners hat sich plötzlich geändert.
- Der Kunde stellt die Kommunikation ein, lässt sich am Telefon verleugnen, weist nicht auf Urlaub hin.
- Beim Kunden wechseln häufig die Ansprechpartner und/oder es gibt keine klaren Zuständigkeiten.
- Wer früher ein pünktlicher Zahler war, nimmt keine Skonti mehr in Anspruch und möchte über Zahlungsmodalitäten diskutieren.
Sowohl für Handel als auch für Industrie ist es wichtig, sich über die Bonität von Kunden und Geschäftspartnern zunächst ein Bild zu verschaffen, sofern dies möglich ist. Im Zweifel ist es das bessere Geschäft, wenn gar kein Geschäft zustande kommt, berichten jedenfalls die, die als Gläubiger schon einmal das Nachsehen hatten.
Neben den bekannten Wegen wie Auskunfteien oder die Bankauskunft kann sich im Einzelfall der Gang zum Amtsgericht lohnen. Dort kann Einblick in das Schuldnerverzeichnis genommen werden, wo nicht nur alle Unternehmen aufgelistet sind, die Insolvenz angemeldet haben, sondern auch sämtliche Privatpersonen, die bereits eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben.
In jedem Falle ist es ratsam, sämtliche Zahlungseingänge genau im Blick zu behalten, um rechtzeitig reagieren zu können. Was viele noch immer nicht wissen: 30 Tage nach Fälligkeit ist der Kunde von rechts wegen bereits in Verzug. Einer Zahlungserinnerung oder Mahnung bedarf es nicht, wenngleich sich diese Praxis so eingebürgert hat und sicher Sinn macht, um dem Kunden vor Ergreifen rechtlicher Schritte noch eine Chance zu geben.
Obwohl diese Regelungen prinzipiell auch für Endverbraucher gelten, muss in jeder Rechnung an ihn allerdings deutlich auf die gesetzlichen Verzugsfristen hingewiesen werden. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden häufig als notwendiges Übel angesehen und nicht wirklich ernst genommen, wenngleich ein professioneller Umgang damit sich nicht selten bezahlt macht - im wahrsten Sinne des Wortes.
Da niemand auf sein Geld verzichten möchte, sollte er im Rahmen seines Forderungsmanagements auch die Verjährungsfristen im Auge behalten. Die Verjährungsfrist beginnt zum 31. Dezember eines jeden Jahres. Sie beträgt bei Privatkunden zwei, bei gewerblichen Kunden vier Jahre.
aus
Haustex 01/05
(Handel)