Servicepolitik

Der "richtige Draht" zum Kunden


Herford -Mit allgemein gültigen Verkaufsgesprächen "von der Stange" beißt der Fachhandel heute bei seiner Kundschaft auf Granit. Ausschlag gebend dafür ist der kontinuierlich aggressiver werdende Wettbewerb mit immer fordernder auftretenden Kunden sowie die stark abnehmenden Differenzierungsmöglichkeiten bei den Produkten. Gefragt sind da schon eher individuelles Eingehen auf seine Klientel und konsequente Einbeziehung zwischenmenschlicher Elemente, wenn es darum geht, Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Verkaufsgespräche sind Personen bezogene und Personen gebundene Situationsgespräche, bei denen die Stimmung (in der Kunde und Verkäufer aufeinander treffen), das Ambiente (wo die Begegnung stattfindet) und die finanzielle Potenz des Kunden eine bedeutende Rolle im Hinblick auf Erfolg oder Misserfolg spielen; vor allem, wenn es um erklärungsbedürftige höherwertige Angebotssegmente mit einem entsprechenden Preis geht. Mehr und mehr bestimmt die Qualität der Kommunikation in Verbindung mit dem Einfühlungsvermögen des Verkäufers oder der Verkäuferin, ob das Verkaufsgespräch negativ oder positiv endet. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang jedoch ist, dass es dem Verkäufer gelingt, schnell und zuverlässig den "richtigen Draht" zum Kunden zu finden.

Vieles deutet darauf hin, dass die Verbraucher heute erheblich kritischer und rationeller einkaufen, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. In der Mehrzahl aller Gespräche muss also aufgrund dieser Tatsache kein "Konsumäffchen" übertölpelt, sondern ein kritischer Kunde überzeugt und intelligent erobert werden. Verkaufsroboter, die weder den Menschen in sich selbst noch im Kunden sehen, sondern ausschließlich ihre Solls vor Augen haben, sind ebenso "mega-out" wie mit allen möglichen Tipps und Tricks voll gestopfte "Macher". Persönlichkeiten hingegen, die in der Lage sind, auf der Basis eines soliden Produktwissens die Probleme ihrer Kunden tatsächlich zu erfassen und entsprechende Lösungen anzubieten, haben den Trumpf in der Hand, der immer wieder sticht.

Für das Fachgeschäft wird es im Hinblick auf Umsatzsicherung immer notwendiger, neue bindende Werte zu schaffen und damit nachhaltig auf sich aufmerksam zu machen. Im Klartext: Das Fachgeschäft muss sich immer wieder von Neuem bemühen, eine Werte-Aura aufzubauen, mit deren Hilfe der Anziehungswert mit zusätzlichen Anreizen aufgeladen wird. Vor allem die Servicepolitik, für die es einen erheblichen, oft völlig brach liegenden Aktionsspielraum gibt, sollte im Hinblick auf die Zukunftssicherung konsequent ausgebaut werden.

Der Verkauf von heute und mit Sicherheit auch von morgen hat mit dem reinen "Ware an den Mann bzw. an die Frau bringen" immer weniger zu tun, sondern wird mehr und mehr zu einem Vorgang des Interessenausgleichs. Wenn sich der Verkäufer bemüht, die Probleme des Kunden nach bestem Wissen und Gewissen zu lösen, dürfte es ihm nicht schwer fallen, seine Umsatzerwartungen auch zu erfüllen. Aber nur dann, wenn er jeden Verkauf so anlegt und abwickelt, dass er im Vorteil seines Kunden auch seinen eigenen sieht, beackert er einen Boden, auf dem Stammkunden wachsen. Und auf die kommt es schlussendlich an. Nicht nur, weil sie von alleine wiederkommen, sondern weil sie andere dazu animieren, ebenfalls dorthin zu gehen, wo sie gut bedient werden und sich wohl fühlen. Und diese Mundpropaganda war noch nie so wertvoll wie heute. Nur durch sie wird in die anfängliche Verhaltensunsicherheit zwischen Kunde und Verkaufspersonal ein Vertrauensvorschuss eingebracht, der vieles oder fast alles entscheiden kann.

Dietram Neuper, Chefredakteur Haustex
aus Haustex 12/04 (Handel)