Kommentar

Auf eine gute "Hoch"-Zeit


Nun sind wir also wieder mitten drin - im vom Betten- und Haustextilien-Fachhandel sehnsüchtig erwarteten Verkaufszeitraum Oktober bis Dezember. Laut Statistik bewegten sich die Umsatzanteile der jeweils vierten Quartale in den letzten Jahren meist in einer Größenordnung von deutlich über 30 Prozent. Aber werden diese drei vor uns liegenden Monate im Endeffekt dann auch jenen Aufschwung bringen, den sich die Branche angesichts des bereits absolvierten und von Härte und Schärfe geprägten Dreivierteljahres so heiß herbei wünscht? Eigentlich schwer vorstellbar, wenn man sich die Problematik der hinter ihr liegenden Geschäfte vor Augen führt. Preiskämpfe und Konkurrenzdruck, ein Wettbewerb auf "Teufel komm' raus" sowie im Geldausgeben sich vornehmend zurückhaltende Verbraucher sind nicht gerade die besten Voraussetzungen, um am Ende des Jahres eine gute Ernte einfahren zu können.

Die weit klaffende Schere zwischen Kosten und Spannen, die fast täglich spürbaren strukturellen Veränderungen sowie eine immer noch unbefriedigende Arbeitsmarktlage tragen ebenfalls dazu bei, manch mittelständisches Fachgeschäft in den Bereich einer ernsthaften Existenzbedrohung zu manövrieren. Selbst die Unkosten enthalten Kostenteile, in denen trotz aller Anstrengungen zur Senkung unvermeidliche Steigerungen entstehen, welche die Rendite vielfach soweit schmälern, dass bei einer länger anhaltenden Situation, wie sie sich momentan darstellt, "rote Zahlen" in greifbare Nähe rücken. Es gehört schon Mut und Entschlossenheit dazu, immer wieder mit Optimismus die Aufgaben der täglichen Klein- und Routinearbeit aufzugreifen und effektive Überlegungen für die Zukunft anzustellen. Selbst wenn sich die momentane Lage zum Besseren wenden würde, blieben noch genug "Nüsse" übrig, an denen man sich die Zähne ausbeißen könnte.

Die Zeiten, in denen der Fachhändler die Hände in den Schoß legen und sich auf seinen Lorbeeren ausruhen konnte, gehören schon lange der Vergangenheit an. Der Käufer von heute ist besser orientiert und informiert, seine Bedürfnisse sind individueller und vielfältiger. Das Anwachsen problemloser Massenartikel führt zu einer Förderung der Großvertriebsformen, während der individuelle Bedarf - und dies kann durchaus als Chance angesehen werden - stärker in den spezialisierten Fachhandel abwandert. Obwohl es richtig ist, dass die absolute Zahl der Betriebe abnimmt (bei durchschnittlicher Vergrößerung der Verkaufsfläche), wird es dennoch kein Massensterben des Einzelhandels geben. Verschwinden werden nur jene, welche die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt haben und in alt hergebrachter "Tante Emma"-Manier ihren Umsätzen hinterherlaufen.

Bestehen werden jedoch solche Unternehmen, die sich durch Qualität und Preis des Angebotes der zum "Gesunden Schlaf" bzw. "Das bessere Bett" gehörenden Artikel von der Warengruppe anderer Verkaufsorganisationen abzuheben verstehen. Erfolgreich wird daher nur jener Fachhändler sein können, der die Ketten der Tradition und Konvention in der Betriebsführung abstreift und sich ein neuzeitliches wirtschaftliches Denken aneignet, Nur wenn er die Betriebsvorkommnisse im Griff behält, in den Organisationen enger zusammenrückt und verstärkt auch die Gespräche mit seinen Vorlieferanten sucht, wird er dem erheblich erweiterten und verschärften Wettbewerb gewachsen sein.

Es gilt mehr denn je, im Einkauf, in der Sortimentspolitik und Lagerhaltung sowie vor allem im Verkauf neue Akzente zu setzen. Der Kunde spürt sehr wohl, ob der Inhaber und sein gesamtes Personal - vom Lehrling bis zur besten Kraft - ihm "dienen" wollen. Gute Verkaufsgespräche finden immer noch die Anerkennung des Kunden durch dessen Einkaufsentschluss. Mehr als bisher werden künftig Marktforschung und sorgfältige Beobachtung der Verbrauchergewohnheiten eine feste Grundlage des kaufmännischen Erfolges sein. Die Dynamik des größeren Marktes zwingt zu einer elastischen Anpassung an die wechselnden Gewohnheiten der Konsumenten.

Auch der Service-Gedanke sollte zunehmend an Bedeutung gewinnen - er wird allerdings die herkömmlichen Wege verlassen müssen, um sich in einer echten Leistung zu realisieren. Das Vertrauen der Bevölkerung zum Fachhandel ist die unbedingte Voraussetzung für die ihm obliegende volkswirtschaftliche Bedeutung. Wer so seine Aufgaben sieht, dem werden die Sorgen zwar nicht genommen, aber der hat die Gewissheit des weiteren Bestandes seines Unternehmens und damit seiner eigenen existenziellen Berechtigung. Auf eine gute "Hoch"-Zeit im letzten Quartal!

Dietram Neuper
aus Haustex 10/04 (Handel)