Kommunikation ist alles bei Betten Ammerer in Oberösterreich
"Eigentlich betreibe ich jede Menge Persönlichkeitstraining"
Ried i. Innkreis/A - Christine Ammerer hat vor fast 25 Jahren ein Bettenhaus aus der Familie ihres Mannes übernommen. Inzwischen führt sie zehn Häuser in Oberösterreich und die Expansion hat noch kein Ende. Nebenbei zog sie vier Söhne groß und engagierte sich in mehreren wirtschaftspolitischen und sozialen Institutionen. Zu den wichtigsten - und schwierigsten - Aufgaben zählt für sie die Mitarbeiterführung.
Das Geschäft, in das Christine Ammerer in den 70er Jahren "einheiratete", wurde 1763 als Posementierbetrieb in Ried im Innkreis gegründet. In der siebten Generation hängt ihr Mann, Dr. Leopold Heinrich Ammerer, zwar an der Familientradition und bleibt Gesellschafter, ergreift aber den Beruf des Richters. Seine junge Frau, gelernte Sozialarbeiterin und Leiterin des Jugendamts, macht erst einmal die Konzessionsprüfung und führt acht Jahre lang ein ebenfalls der Familie gehörendes Speiserestaurant. In dieser Zeit bekommt sie fünf Kinder, ein Mädchen stirbt früh. 1980 übergeben die Ammerers außerdem ihr Bettenfachgeschäft in Ried an die Schwiegertochter und eröffnen ein neues Haus in Braunau. Die Geschäftsführerin von Betten Ammerer baut Filialen auf in Schärding, Grieskirchen, Kirchdorf, Gmunden, Mauthausen, Salzburg, zwei in Linz, im letzten Jahr kam Braunau hinzu, das zuletzt von den Schwägerinnen geführt wurde.
Ein Zeitsprung: Fast 25 Jahre sind seit dem Start vergangen, Christine Ammerer hat das Gefühl, "so viel zu arbeiten wie noch nie". Stammhaus und Filialen liegen meist in den Innenstädten, oft in alten Gebäuden, die durch ihre schönen, aber verwinkelten Räume die internen Abläufe nicht unbedingt erleichtern. Nur zwei Häuser, je 400 qm in Gmund und Mauthausen, sind in modernen Einkaufszentren angesiedelt. Im Durchschnitt sind die Filialen zwischen 500 und 600 qm groß, mit Ausreißern nach oben (Ried: 1.500 qm) und nach unten (Schärding: 110 qm). Die Marktlage ist schwierig, es bestehe ein enormer Wettbewerbsdruck in Österreich, "auch durch Discounter, die alles andere verkaufen als Lebensmittel. Wir sind im Mittelpreissegment angesiedelt, aber in manchen Städten ist es auch notwendig, im Billigpreis zu punkten".
Ihr Potential, so sieht es die "Powerfrau", liegt in der Optimierung der Abläufe, und der Schulung der Mitarbeiterinnen. Alles wird durch ein breites Netz von Meetings, internen und externen Schulungen gesteuert. Besonders bei Matratzen gelte: Die Kunden kommen gut informiert in das Geschäft, das heißt, die Mitarbeiterinnen müssen extrem gut geschult sein, sie müssen Selbstbewusstsein haben, um "auf Augenhöhe" mit dem Kunden sprechen zu können. Oder am Telefon: Es werde zum Beispiel auch trainiert, dass die Mitarbeiterin sich gegenüber dem Lieferanten durchsetzen kann, der nicht pünktlich liefert. "Eigentlich betreibe ich jede Menge Persönlichkeitstraining".
Betten-Ammerer wurde vor zwei Jahren als "familienfreundlichstes Unternehmen" in Oberösterreich ausgezeichnet, das sei "mühsam erarbeitet". Schwangerschaften, Arbeitszeiteinteilungen - "Es ist schwierig für mich, nein zu sagen, da machen wir manchmal Purzelbäume..." Und es sieht ein wenig nach Sisyphusarbeit aus, was Christine Ammerer vermutlich bei jedem Rundgang durch das Haus betreibt. Da etwas zurechtrücken, dort etwas wegräumen, leichte Verzweiflung macht sich breit: "Wieso sehe nur ich das?"
Für die zweite Führungsebene sucht die Managerin zur Zeit "meine linke Hand. Die rechte habe ich mit Frau Andorfer bereits". Sie tendiert zu einem Mann, (und vielleicht ist bei Drucklegung dieses Heftes die Entscheidung bereits gefallen). Gerade sei wieder eine Filialleiterin schwanger geworden. Situationen wie diese etwa, Karenzzeiten von Führungskräften, seien in einem Filialbetrieb kaum zu stemmen. Der oder die Neue soll sich um die Warenwirtschaft kümmern, das Controlling übernehmen und intern die Logistik perfektionieren.
"Tägliche Meldungen an die Frau Ammerer"
Eine straff organisierte Struktur regelt den internen Austausch von Informationen, Schulungen und Seminaren. "Ich liebe Besprechungen." Jeden Montagmorgen um 8 Uhr Marketing-Meeting mit den Dekorateurinnen, 8.30 Uhr Kreativrunde zu Fünft, zu Trends, Werbemaßnahmen, "was können wir den Kunden anbieten, wer hat was gesehen am Wochenende". Am Donnerstag um 11 werden die Lagerlisten besprochen und am Freitag zur gleichen Zeit ist das Wochenmeeting dran: "Mein Ärgertag meistens", weil da alles besprochen wird, was nicht geklappt hat. Jeden Tag gegen Mittag senden die Filialleiterinnen ihre "täglichen Meldungen an die Frau Ammerer": Mit den Kassendaten werden Informationen erwartet zum Umsatz, Personalstand, zur täglichen Schulung, über Reklamationen und Kundenanfragen, die "wir nicht befriedigen konnten". Und einmal im Monat tauschen sich alle Filialleiterinnen aus.
Am Schulungsprogramm für die Verkäuferinnen wird weiter gefeilt. Neben der täglichen, zehn Minuten dauernden Produktschulung durch die jeweilige Filialleiterin referieren Anna Andorfer und zwei Filialleiterinnen einmal im Monat eine Stunde lang über jeweils ein Produkt. Auch externe Schulungsangebote werden gern genutzt, der Lieferanten etwa oder die öffentlicher Institutionen. EU-gefördert sei sogar ein Projekt, welches das Land anbiete, "Qualifizierungsförderung für Beschäftigte im Handel", bei dem es eine Unterstützung mit zwei Dritteln der Lohnkosten gebe. Faktisch könne man sich alles wünschen, Verkauf, EDV, Personalentwicklung, Controlling und mehr. "Das werden wir sehr nutzen", ihre Mitarbeiterin sei angewiesen, "alles anzumelden, was zu uns passt". Was eine Frau wie Christine Ammerer nicht versteht, dass von den 1.600 Handelsbetrieben, die informiert wurden, nur acht zum Infoabend kamen, "darüber bin ich entsetzt".
Womit wir einen Bogen schlagen müssen zu ihren Nebenaktivitäten: 1996 wurde sie gefragt, ob sie das Referat "Frauen in der Wirtschaft" innerhalb der Wirtschaftskammer aufbauen könne. Eine interessenspolitische Arbeit, mit konkreten Forderungen an die Politik, die sie allerdings auch viel Zeit kostete. Nach sechs Jahren legte sie das Amt nieder. Nun ist sie "nur noch in kleinen Ämterchen" in der Sparte Handel der Wirtschaftskammer tätig, als stellv. Spartenobfrau, Vorsitzende des Sozialfonds, der Bankenaufsicht.
"Die gute Nachricht am Morgen"
Kommunikation heißt bei Betten-Ammerer auch Motivation. Jeden Morgen, wenn die Filialleiterinnen die Kasse öffnen, finden sie auf ihrem Bildschirm "Die gute Nachricht am Morgen". Das muss nicht an die Firma gebunden sein, da kann auch stehen, dass das Benzin billiger geworden sei, ein andermal das Rezept für einen leckeren Erdbeerkuchen. Dinge, die Menschen positiver stimmen können. Auch Feste sollen das Wir-Gefühl fördern. Es gibt gemeinsame Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern, ein Sommerfest, Ideen aus der Belegschaft zu einem Wettkegeln ... Zu motivieren, Optimismus zu verbreiten, ist für Christine Ammerer wichtig, wenn auch anstrengend: "Es ist die größte Herausforderung für mich, meine Mitarbeiterinnen dazu zu bringen, gern zu arbeiten."
Der Schulungswille macht nicht vor der Chefin halt. Sie lernte Excel und nahm an Seminaren für Führungskräfte teil. Von Mai bis Februar ist sie in das Unternehmens-Entwicklungsprogramm (UEP) des Magister Jopp eingebunden: Zwei Tage Seminar in etwa Sechs-Wochen-Abständen, dazu ein begleitender Trainer, der ins Haus kommt. "Nach 25 Jahren hat man das Gefühl, dass man schon alles kann. Alles falsch!" Das praxisnahe Arbeiten gefällt ihr: eine Standortanalyse für das Geschäft in Braunau ist jetzt gerade fertig. "So in die Tiefe habe ich noch nie gearbeitet, Tag und Nacht denke ich über eine Optimierung der Abläufe nach." Abends sitze sie, registrieren wir erleichtert ob der notwendigen Entspannung, bei einem Glas Wein und fülle mit ihrem Mann gemeinsam Arbeitsblätter zu einem Personal-Entwicklungskonzept aus.
Schlafsystem exklusiv von Betten Ammerer
Das Sortiment wird großteils über den Zentraleinkauf im Bettenring und Südbund reguliert. "Wenn es um modische Artikel geht, dürfen die Filialleiterinnen einkaufen." Fast fertig ist ein eigens für Betten Ammerer entwickeltes Schlafsystem. Lattenrahmen und passende Matratzen mit einem Bezug, der elektrische Strömungen ableitet, sind ausgesucht, jetzt muss das System erst einmal den Mitarbeitern "verkauft" werden. "Ein neuer Matratzen-Folder ist fällig, da muss die Neuheit hinein, außerdem wollen wir es zur Welser Messe im Herbst präsentieren".
Im Matratzenstudio ist Sensoflex mit Computer-Liegediagnose-Station aufgebaut, außerdem Matratzen und Lattenroste von Sembella und Optimo. Der nicht weit von Ried entfernt produzierende Hersteller Optimo, Anbieter von austro/flex, ist zwar gelistet, mache sich aber wegen seiner Zweitwahl-Direktverkäufe bei den Bettenhäusern im Umkreis "nicht gerade beliebt". Daunenbetten kommen von den österreichischen Spezialisten Kauffmann und Seibersdorfer, waschbare Betten von Centa-Star, Frankenstolz oder, "ein wichtiger Lieferant", Garanta. Dekostoffe werden über den Südbund geordert, von Sonnhaus gibt es relativ viel, Stangen und Beschattungssysteme sind von Leha. Bettwäsche stammt von Fussenegger, Fleuresse, Matheis, Estella, in Salzburg auch von Elegante und Hämmerle. "Fürs Image ist es schon wichtig, eine gute Marke zu haben, aber ansonsten kann die Verkäuferin steuern."
"Frau Ammerer berichtet vom Markt"
In der Werbung, rund drei Prozent des Umsatzes, arbeitet Betten-Ammerer weniger als früher mit Prospekten, "zu hoher Streuverlust" und geht zunehmend in Richtung Events, Marketingaktionen. Spezielle Produktangebote werden über Flächen deckende Inserate beworben. In der regionalen Presse ist Ammerer mit regelmäßigen Kolumnen präsent, die Frau Ammerer oder eine Fachberaterin der jeweiligen Filiale berichten lässt: "Haben Sie gewusst, dass ..." und es folgt ein Einspalter mit etwa 20 Zeilen zum Thema Kapok, Hochzeitslisten oder eine neue Planungssoftware.
Seit zwölf Jahren werden Dekostoff-Trendschauen veranstaltet, im Barockschloss Anholzmünster, dann in Filialen, Messefoyers, Gasthäusern. Während der Messe "Haus + Bau" im November wird die Sonderausstellung "Galerie des Wohnens" gezeigt, wieder eine lose Gemeinschaft mehrerer Anbieter - Maler, Kachelofenbauer, Glasbauer, Dachdecker, Holzeinzelhandel, Bad- und Küchenanbieter und einer Bank zur Beratung von Wohnkrediten.
Wird Betten Ammerer weiter expandieren? "Ein paar Bezirksstädte fehlen noch in Oberösterreich", meint die Geschäftsführerin, "es gibt viele Angebote von Anbietern. Aber zuerst muss intern alles Mögliche reibungslos laufen." Vielleicht ist das die Aufgabe der nächsten Generation. Christine Ammerer möchte "in zehn Jahren einen guten Betrieb übergeben". Vielleicht wird das einer der Söhne sein, noch könne man das nicht wissen. Sie wird wohl ihre Interessen ausleben, sich mit Nordic Walking fit halten, reisen und endlich "fotografieren lernen, richtig fotografieren".
Betten Ammerer
Betten Ammerer
Stammhaus
A-4910 Ried im Innkreis
Tel. 0043-7752-82 401
Fax: 0043-7752-80 407
e-mail: ammerer@ammerer.com
Filialen in Schärding, Grieskirchen, Kirchdorf, Gmunden, Linz (2x), Mauthausen, Salzburg (nach der Übernahme noch unter dem Namen Kastner) und Braunau - alle Oberösterreich
Geschäftsführerin: Christine Ammerer.
Mitarbeiter: ca. 80 Frauen und ein Mann.
Sortiment: Bettwaren und Bettwäsche, Matratzen und Lattenroste, Gardinenstoffe, Tischwäsche, Frottierwaren, teilweise regional ergänzt um weitere Artikel, Babymode, Wäsche.
Service: Biologische Bettenreinigung; Zustell- und Entsorgungsservice für Matratzen; Heimservice für Raumausstattung: Beratung, Planung, Nähen und Dekorieren; Planungscomputer; Möbelpolsterei.
aus
Haustex 09/04
(Handel)