"Alles fürs Bett": Erfolgreiches Nachfolgekonzept im Bettenfachhandel
Altes Logo, neue Aspekte
Frechen - Der Fachbericht "Nachfolgekonzepte Hand in Hand" in der "Haustex" 9/2003 setzte eine vage Berufsidee richtig in Schwung. Er ermutigte zwei junge Noch-nicht-Einzelhändlerinnen, sich kompetente Hilfe und Lösungskonzepte bei dem damals neu gegründeten Triple Retail Consult, Bochum, zu holen - und umzusetzen bis zur Geschäftseröffnung des eingeführten Bettenfachgeschäfts unter neuer Führung.
Iris Tjong-Ayong wuchs auf im Einzelhandelshaushalt. Ihre Eltern führten 22 Jahre lang erfolgreich das Heimtextilien-Fachgeschäft "Alles fürs Bett" in Frechen bei Köln. Sie selbst sah ihre berufliche Zukunft im geisteswissenschaftlichen Bereich, ebenso wie ihre Freundin Gudrun Nacke, die ab und zu im Laden mithalf. Im letzten Jahr stellte sich deutlich immer wieder durch die Eltern Tjong-Ayong - trotz des chinesischen Namens seit Generationen hier in der Gegend ansässig - die Frage Nachfolgelösung oder Geschäftsaufgabe.
Die beiden Mittdreißigerinnen fingen an, sich Gedanken zu machen über Einzelhandel und besonders über Heim- und Haustextilien, bis sie sich, wie oben geschildert, an die Hand nehmen ließen von Triple Retail Consult TRC. Damit standen berufserfahrene Berater sozusagen als lösungsorientierte Drehscheibe für die Unternehmensnachfolge im Betten- und Heimtextilienfachhandel zur Verfügung: der Fachhandelsunternehmer Karlheinz Bovet vor allem für die Sortimentsberatung, die Unternehmensberater Michael Toberg, Toberg Innotivity, und Herbert Will von der AAA Consulting, Bedburg, für Analysen und Entwicklung und deren Abwicklung.
Im Mai 2004 war es dann soweit: die Nachfolge des Bettenfachgeschäfts war gesichert unter der Firmierung "Alles fürs Bett Tjong-Ayong GbR", vorher eine GmbH. Vorgegangen wurde exakt nach dem Stufenplan von TRC, mit Situationsanalyse über Standort und Wettbewerb, mit Ermittlung des Umsatzpotentials für Sortiment und Service. Für die Zukunft wurde ein Unternehmenskonzept erarbeitet für Sortiment, Service, Marketing, Einkaufs- und Preispolitik. Im Investitionsplan spielen Ladenbau und stufenweise budgetierte Umsetzung eine Rolle. TRC unterstützte bei Finanzierungs- und Bankgesprächen und bei der Vertragsgestaltung.
Sortimentsanalysen, Ladenbau und Einkaufsverhandlungen waren eindeutig die praktischen Schwerpunkte, obwohl grundsätzlich gar nicht so viel zu ändern war. "Wir hätten uns wahrscheinlich ohne TRC bis heute mit Überlegungen rumgeschlagen." Nach einem exakten Plan vorzugehen finden die beiden neuen Einzelhändlerinnen als sehr hilfreich. Auch das monatliche Reporting und der Soll-Ist-Vergleich mit Analyse der Summen- und Saldenlisten musste erst gelernt und zur Pflicht werden. Im Rahmen der Investitionsplanung werden Maßnahmen wie die Neugestaltung der Außenwerbung und Ausbau der Serviceflächen mittelfristig angepackt. Der Beratungsaufwand wurde übrigens überwiegend öffentlich gefördert.
Was kann aktiviert werden?
Sich eigene Ziele setzen und dann nach Stufenplan vorzugehen - das getraute sich das neu gebackene Einzelhandels-Duo. Sie wussten das TRC-Team an ihrer Seite und motivierten sich gegenseitig. Das war auch höchst notwendig, denn bei allem Realismus konnte zwar der Kostenrahmen festgesteckt werden, nicht aber das Zeit-Budget. "Die Tage sind zu kurz. Der Wunsch, unsere Pläne umzusetzen, konnte nicht immer Schritt halten. Und damit müssen wir noch einige Zeit leben."
Vorerst ging es um die Umgestaltung des 100 qm großen Ladenraums mit einer offenen Fensterfront zur Frechener Haupteinkaufsstraße und einer kleineren Glasfront um die Ecke. Dahinter schließt sich ein etwa 120 qm großer Raum an, in den ehrgeizigen Plänen der beiden Ladenmieterinnen als "Serviceraum" mit für sie sehr wichtiger Zukunft bezeichnet. Es wurde nicht "geklotzt" mit Ladeneinrichtung. Der Verkaufsraum musste nur transparenter, offener, eben moderner werden mit viel Bewegungsfreiheit und Stellmöglichkeiten für Betten und Möbel. Die Kassentheke in Rot mit Hockern davor bildet eine richtige kleine Kommunikationsinsel und lässt den Überblick zu. In der Mitte des Raumes fällt der Warenturm auf, von allen Seiten zugängig und bestückt mit Bettwaren, Bettwäsche in Hängevorrichtung, und dem Eingang zugewandt die farblich und saisonal aktuell dekorierte Schaufront mit Decken, Frottiertüchern und liebevoll zusammengestelltem Porzellan-Frühstücksgeschirr, dessen Dessins sich der aufgezogenen Bettwäsche auf den unterschiedlichen Betten anpasst, emotional anrührt und neugierig macht. Vom Eröffnungszeitpunkt im Mai gingen die vielen Rosenmotive dezent romantisierend in heitere Herzchen über, mutig in warmen, kräftigen Farbtönen.
"Wir müssen ein bisschen experimentieren und vielleicht auch überraschen. Wir führen schließlich ein gut eingeführtes Fachgeschäft weiter und wollen unser Stammpublikum nicht verlieren." Es muss aber der Kick des Neuen rein, das zwar gewohnt Gediegenes nicht völlig verdrängt, aber junge und jüngere Käufer in den Laden lockt. Die Braunkohlen- und Keramikstadt Frechen mit 50.000 Einwohnern ist keine 50 km von Köln entfernt und von Köln-Zentrum aus in kurzer Fahrzeit per Straßenbahn zu erreichen.
Die fährt durch das Industriegebiet mit den großen SB-Möbel- und Heimwerkermärkten und schlängelt sich - einfach imponierend und manchmal erschreckend gefährlich erscheinend - im Schritttempo durch die lange Frechener Einkaufs- und Fußgängerzone, ganz knapp vorbei an den Gästetischen der Straßencafés. Am Ende dieses Schienenwegs liegt dann "Alles fürs Bett", im Moment noch mit altem Logo, dessen modernisierter Schriftzug aber bereits in Planung ist.
Ästhetik und Komfort
Frechen liegt eingebettet in ländliche Umgebung mit kleinen, teils bereits eingemeindeten Dörfern. In der Stadt selbst stehen große Ladenflächen leer oder sind vorübergehend mit Billig-Discountern gefüllt. Der traditionelle Fachhandel, der eigentlich im Stadtbild bestimmend war, ist im Rückzug. Das beeinträchtigt die beiden Bettenfachgeschäfts-Nachfolgerinnen aber nicht. Sie wurden von TRC, Hans Bovet, bei der Wahl ihrer Lieferanten beraten und können sich in ihrer Sortimentsgestaltung auf bisherige Markenlieferanten verlassen, vor allem für Bettwäsche (Elegante, Estella, Janine, Luxorette) und Bettwaren.
Qualität steht im Vordergrund, allerdings meist mit einem Zusatznutzen. Bettwaren und Decken werden den saisonal klimatischen Bedingungen angepasst. Wildseide waschbar, einfache Baumwolldecken, Cool Wool zum Reinigen - "Alles fürs Bett" stellt zeitgemäße Materialien vor und nutzt Werbe- und Präsentationsaktionen erfahrener Hersteller. Leichte, zur Bettwäsche passende Seersucker-Plaids, Traveller-Sets oder die Bettwäsche Honeymoon 2Combinate (Elegante), in fünf Dessins und vier Farben nach eigenem Wunsch kombinierbar und im kleinen Shop-in-Shop-Tower vorgestellt, richten sich an die Zielgruppe, die an Komfort und Wellness gewöhnt ist und auch bewusst im modernen Fachgeschäft danach sucht. Die beiden Frauen lassen ihren Kunden Zeit zum Rundgang im Laden, zum Befühlen und Probieren, bevor sie sich ins Gespräch einlassen.
Material, Form und Funktion bestimmen das deutlich vergrößerte Angebot an Betten. "Wir möchten am liebsten das Maß geschneiderte Bett liefern, nichts von der Stange!" Bettgestell, Rahmen, Matratze - alles soll möglichst individuell auf den Kunden zugeschnitten sein - wertbeständig, ökologisch überlegt und leicht und komfortabel zu bedienen, wenn es um praktische Funktionselemente geht.
Auf verhältnismäßig kleiner Verkaufsfläche lädt eine interessante Auswahl an Bettgestellen, komplett aufgebaut und eingedeckt, zum Probieren ein: Betten von Reichert in verschiedenen Hölzern und in Komforthöhe, oder moderne Metallbetten vom finnischen Hersteller Messin, der auch flexible und formschöne Metallmöbel wie Sitzbänke, Spiegel und Paravents liefert, die zusammen mit den Textilien den wohnlichen Charakter betonen. Lattoflex-Bettsysteme und Matratzenspezialitäten von Metzeler - zum Beispiel Gästebetten - bieten vertraute Qualitätsbegriffe. Pflegebetten, die den Wohncharakter nicht stören, und seniorengerechte Liegestätten gehören zum modernen Bettenangebot.
Iris Tjong-Ayong und Gudrun Nacke zahlen täglich Lehrgeld, sagen sie. Die eine mehr im technisch-praktischen und die andere im kommunikativen Bereich. "Wir haben uns auf etwas eingelassen, das uns Spaß macht, aber viel Kraft und Einsatz fordert." Ihr wichtigstes Kapital neben dem mit TRC erarbeiteten Finanzierungs-Skelett, bezogen auf die Zukunft, ist ihr Elan und ihre Kreativität, die sie entschlossen nutzen und ausbauen werden. Das heißt, Serviceleistung für den Kunden steht für sie an erster Stelle. Sie sind ja nur zu zweit. Wenn es um Betten und Bettsysteme geht, sind Hausbesuche angesagt. Beraten wird an Ort und Stelle - und das in der einstündigen Mittagspause, in welcher der Laden geschlossen wird, oder am Abend in der Freizeit, die einfach momentan nicht stattfindet. Vielleicht auch länger nicht, denn die beiden haben Pläne, die sie rasch und energisch verwirklichen wollen. Gudrun Nacke kriegt leuchtende Augen, wenn sie vom Serviceraum spricht, der noch nicht vorzeigbar ist.
Die nächste größere Anschaffung nach Plan ist die Daunen-Reinigungsmaschine. Außerdem werden sie dann selbst kreativ werden, sozusagen als kleine Manufaktur, und eigene Deckenfüllungen kreieren, aus der Praxis erarbeitet, zeitgemäß und flexibel und nach Kundenvorstellungen, in Zusammenarbeit mit ihren bewährten Lieferanten.
Beide Frauen wissen, dass sie langen Atem haben müssen und ein gut abgesichertes Konzept, um Erfolg zu haben und überhaupt bestehen zu können. Sie wollen aber nicht nur den gängigen Weg mit Werbung und Verkaufsaktionen mit Preiswettbewerb gehen, auch wenn sie durch kluge Marktbeobachtung auf Messen unkonventionelle Mitnahmeartikel mit Pfiff als Eyecatcher an den Ladeneingang stellen. Mit ihrer geisteswissenschaftlichen Bildung sind sie Quereinsteiger als Nachfolger eines Bettenfachgeschäfts klassischen Stils. Dessen Räumlichkeit nutzen sie für Vorträge und Aktionen unter kulturellen und zeitaktuellen Aspekten. "Richtig liegen" anhand der medizinischen Empfehlungen der Aktion Gesunder Rücken e.V. nimmt Bezug zum Angebot im Laden, aber auch literarische Vorträge für Groß und Klein, Jung und Alt sind angedacht.
aus
Haustex 10/04
(Handel)