Reformen und Aktivitäten für den Fachhandel / Teil 3
Die optimale Flächenpolitik für den Fachhändler
HERFORD - Anknüpfend an das Thema "Sortimentsreform" (siehe Ausgabe "Haustex" Januar, S. 164) zeichnet unser Autor Heinz Kamps (Referat Bett) in der heutigen Folge die notwendigen Schritte auf, die nach Durchführung einer Sortimentsreform hinsichtlich Flächengröße, Nutzung und Gestaltung berücksichtigt werden sollten.
Das Wichtigste bei der Durchführung einer Flächenneugestaltung, die zwangsläufig nach einer vollzogenen Sortimentsreform ansteht, ist wiederum eine konsequente Vorgehensweise, frei von faulen Kompromissen und jeglicher Flickschusterei. Die Verbraucheransprüche und die höheren Erwartungen, die der emanzipierte Kunde heute an eine Fachhandelslandschaft hat, dürfen dabei nicht auf der Strecke bleiben. Das Ergebnis einer solchen Reform sollte eine gehobene Kompetenz und ein klares, reines Fachhandelsprofil sein. Das richtige Umfeld ist überaus wichtig, damit sich der Berater fachhandelsgerecht bewegen und profilieren kann. Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, gilt es einiges zu hinterfragen und zu berücksichtigen.
Flächenbedarfsermittlung
Hierbei sollte man grundsätzlich alle Produkte außen vor lassen, die nichts mit dem regenerierenden Schlaf zu tun haben, z.B. Frottiertücher, Bademäntel, Tischwäsche, Gardinen usw.. Außerdem empfiehlt es sich, Produkte auszuklammern, die viel Platz beanspruchen und anderswo untergebracht werden könnten, z.B. Wasserbetten sowie Reinigungs- und Abfüllabteilung. So vorgehend kommt man auf einen Nettoflächenbedarf von ca. 300 qm. Dabei sollte man sich neben den Federn und Daunenbetten aus eigener Produktion auf ca. zwölf Lieferanten konzentrieren, z.B. drei für Bettstellen, drei für Schlafsysteme, einen für Steppdecken, drei für Bettwäsche und zwei für Nachtwäsche.
Diese Größenordnung, die bei einer Konzentration auf noch weniger Lieferanten auch bis auf ca. 150 qm abgespeckt werden kann, ist ideal. Außerdem gibt eine bewusst großzügige und sparsame Warenpräsentation, die auf diesen Flächen möglich ist, dem Verbraucher klar zu erkennen, dass es hier einzig und allein um den regenerativen Schlaf geht. Voraussetzung dabei ist, dass die Flächen im Verbund miteinander stehen und modern, übersichtlich, attraktiv, hell, freundlich und einladend sind.
Jeder Quadratmeter, der wesentlich über dem ermittelten Flächenbedarf von 300 qm hinausgeht, kostet nicht nur unnötig Geld, sondern geht auch zu Lasten des Fachhandelscharakters und der Konzentration auf das Wesentliche. Einmal ganz davon abgesehen, dass erfahrungsgemäß auf wesentlich größeren Flächen eher weniger statt mehr Umsatz gemacht wird. Schrumpfen Sie sich deswegen gesund, indem Sie z.B. überschüssige Flächen nicht bestücken und gegebenenfalls an artverwandte Fachgeschäftsbetreiber bzw. an Sparten der Themenrichtung Bewegung, Fitness und Wellness untervermieten. Bei Flächen, die unter 150 qm liegen, und die selbst bei einem Verzicht auf Nebensortimente nicht aufstockbar sind, sollte ein Standortwechsel in Erwägung gezogen werden.
Konzeptkonforme Flächennutzung
Die Flächennutzung sollte unter dem Gesichtspunkt erfolgen, dass eine konzeptkonforme Beratung gewährleistet ist. Um das zu realisieren, ist ein Beratungsstudio für den ganzheitlichen Verkauf mit einer Flächen-Inanspruchnahme von 60 bis 70 qm netto erforderlich.
Dieses Studio (mit zwei Sitzgruppen) kann und sollte so bestückt werden, dass alles Erforderliche für eine dreistufig angelegte, ganzheitliche Beratung vorhanden ist. Dazu gehört z.B. ein Messbett zur Ermittlung von individuellen Daten, die vom Bettpfosten bis hin zur Zudecke relevant sind, sowie ein Querschnitt von motorisch betriebenen Anpassungsbetten (Probeliegebetten) der geführten Schlafsystem-Varianten. Damit aber über eine Schlafsystemanpassung und ein Probeliegen hinaus auch ein Probezudecken möglich wird, sollten die Top-Zudecken Ihres Herstellers nebst denen aus eigener Produktion ebenfalls in diesem Studio platziert sein. Außerdem ist es zur Ermöglichung einer ganzheitlichen Beratung und Präsentation wichtig, in der Nähe der Zudecken einen Ständer zur Hand zu haben, der mit Griffmustern von hochwertiger Bett- und Nachtwäsche bestückt ist.
So ausgestattet, bildet dieses Studio auf der ausgeloteten Gesamtfläche das Kommunikationszentrum für eine ganzheitliche Beratung und für den Verkauf von kompletten Bettausstattungen. Dadurch bedingt, dass es an Aktions- und Schulungstagen mit geringem Aufwand schnell zu einem Aktionsforum mit 18 bis 20 Sitzplätzen umgestaltet werden kann, bekommt das Studio eine Doppelfunktion. Allerdings beansprucht es dann eine Bruttofläche von gut 80 qm, was bei der Platzierung berücksichtigt werden sollte. Somit steht Ihnen eine Kompetenzbühne zur Verfügung, die Ihr Haus zum Beratungs-, Aktions- und Informationshaus erster Klasse macht.
Anmerkungen zur Flächengestaltung
Um es gleich vorab zu sagen, eine optimale Flächengestaltung beginnt bereits damit, dass man sie vor den Schaufenstern stehend erkennen kann. Diese sollten idealerweise niedrig, Jahreszeiten konform, emotional bzw. aktionsankündigend dekoriert sein. Vor den Schaufenstern und vor dem Eingang darf - bis auf einen Stopper, der über eine Aufklärungsaktion informiert, und eine mit Sand gefüllte Aschenschale - nichts stehen. Postenware vor dem Haus und durchgestrichene Preise sollten ganzjährig tabu sein.
Eine Preisauszeichnung von dekorierter Ware sollte tunlichst vermieden werden, da die Preise in der Regel vom Verbraucher erst dann richtig eingeordnet und akzeptiert werden, wenn vorher eine analysetechnische Beratung stattgefunden hat und die Funktionalität und der Komfort der Ware durch eine Anpassung bzw. Demonstration unter Beweis gestellt wurden. Mit anderen Worten: Holen Sie den Verbraucher rein, erwecken Sie über die Dekoration in den Schaufenstern und durch den Blick auf Ihre dekorierte Flächenlandschaft Neugierde und Begehrlichkeit. Locken Sie den Interessenten über einen "roten Teppich", vorbei an stimulierenden Dekorationen, zur Ihrer Kompetenzbühne und nehmen Sie ihn dort freundlichst in Empfang.
Sollte der Interessent einmal nicht dem "roten Teppich" folgen, weil er sich vielleicht magisch von den Ideen auslösenden und Kompetenz signalisierenden Produktpräsentationen angezogen fühlt, ist das auch in Ordnung. Dann gesellen Sie sich einfach dazu und laden ihn zur näheren Erkundung seiner Wünsche auf einen Kaffee in Ihr Beratungsstudio ein.
In der Regel funktioniert das, vorausgesetzt Sie gestalten Ihre Flächen so, dass Emotion, Begehrlichkeit und Wohlgefühl nicht auf der Strecke bleibt. Das lässt sich häufig recht kostenfreundlich realisieren, indem man z.B. mit zwischendekorierten oder übergangslos ineinander fließenden Shop-in-Shop-Varianten operiert, die seitens der Lieferanten in Mini- und Maxi-Ausführungen angeboten werden. Das würde bedeuten, dass z.B. fünf Shops (drei für Schlafsysteme, einer für Zudecken und Webdecken und einer für Bett- und Nachtwäsche) platziert werden müssten, wenn insgesamt 300 qm Nettofläche zur Verfügung stehen.
Setzt man den Platzbedarf pro Shop mit 25 qm an, könnte man die Ware großzügig platzieren. Daraus ergibt sich ein Nettoplatzbedarf von ca. 125 qm.
Zusammen mit dem Beratungs-/Aktionsforum von 65 qm wären damit rund 190 qm von der ermittelten Nettofläche verplant. Die Restfläche von 110 qm, die sich bei stattfindenden Aktionen und Schulungen noch um 15 qm auf 95 qm reduzieren würde, bräuchte dann nur noch eine Sitzgruppe für Abschlussgespräche und eine Kaffeebar, die vorzugsweise mit dem Kassenblock und einer Einpackfläche für Geschenke kombiniert werden sollte, aufnehmen. Die dann noch verbleibenden Restflächen sollten stimulierend dekoriert sein, z.B. mit Jahreszeitenthemen.
Nebensortimente weiterführen, aufgeben oder auslagern?
Die von mir bei der Flächenbedarfsermittlung ausgeklammerten Produktgruppen (Frottierwaren, Bademäntel, Tischwäsche, Gardinen und Dekostoffe) sowie die noch nicht erwähnten Sitzmöbel sollten, so weit sie bislang geführt wurden und sich rechnen, deutlich abgerückt von der vorstehend beschriebenen Bettenvermarktungs-Landschaft ihre eigene Präsentationsfläche haben. Auch hier sollten alle Register in Richtung Ideengebung gezogen werden. Falls das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, sollten man sich von den Sortimenten trennen, bei denen die Voraussetzungen, so zu verfahren, nicht gegeben sind. Die verbleibenden Nebensortimente sollten zukünftig als eigenständige Profitcenter gesehen werden und weder finanziell noch personell die Bettwarenvermarktung belasten.
Aus personeller Sicht bilden dabei die ergonomischen Sitzmöbel eine Ausnahme, da sie in den Zuständigkeitsbereich des Bettausstattungs-Beraters fallen. Deswegen kann und sollte die Ausstellungsfläche hierfür direkt an die Betten-Vermarktungsfläche angekoppelt werden, aber nicht mittig im Geschehen der Bettwarenberatung liegen. Der Grund dafür ist, dass der Verbraucher - wie auch der Berater - sich so besser auf das ursprünglich zur Debatte stehende Produkt konzentrieren kann. Dadurch bedingt kommen erfahrungsgemäß deutlich mehr Direktabschlüsse zustande, sei es für das eine oder andere Produkt.
Wer Wasserbetten und/oder viskoelastische Matratzen verkauft und diese auch weiterhin verkaufen möchte, sollte hinsichtlich der Platzierung folgendes beachten:
Wasserbetten-Interessenten gehören nicht zur Klientel der fachgeschäftsorientierten Verbraucher und bewegen sich am liebsten in einem möglichst großen Wasserbettenstudio, wo sie dann letztendlich auch kaufen. Sie haben genaue Vorstellungen und kaufen nach völlig anderen Gesichtspunkten, wobei der Spaß- und In-Sein-Faktor im Vordergrund steht. Demzufolge ist es (und das ist Fakt!) kontraproduktiv, Wasserbetten in die Bettenlandschaft zu integrieren, zumal im Rahmen einer ganzheitlichen und objektiven Beratung die Auslobung eines Wasserbettes zu Lasten der Glaubwürdigkeit des dort tätigen Beraters steht und das Gesamtkonzept verwässert. Ganz davon abgesehen minimiert der Verkauf von Wasserbetten auch den Motorrahmenverkauf.
Ein paralleles Problem stellt sich beratungstechnisch auch bei einer Platzierung von viskoelastischen Matratzen, die mit einem immensen Werbeaufwand zu Lasten aller progressiven Matratzen und Schlafsysteme ausgelobt werden. Auch diese sollten keinesfalls in der Bettenlandschaft integriert sein. Mein Tipp: Beides auslagern, am besten ganz, oder einen separaten Eingang schaffen und von einer separaten Person verkaufen lassen.
Hinsichtlich der Bettfedernreinigungs- und Eigenproduktionsabteilung, die eingangs flächenmäßig ebenfalls ausgeklammert wurde, möchte ich lediglich anmerken, dass man diese auslagern könnte, falls nicht genügend Fläche zur Verwirklichung des Konzeptes zur Verfügung steht. Dabei müsste aber beachtet werden, dass die Reinigungsannahme und Beratung im Hause verbleiben.
Der schnellste und vielleicht auch einfachste Weg, das alles zu verwirklichen, wäre ein Räumungsverkauf wegen Umbau. Das würde auch Kapital für die Neuorientierung freistellen. Die fehlenden Mittel, die Sie dann noch zur Verwirklichung benötigen, stellt Ihnen sicherlich Ihre Hausbank zur Verfügung, zumal dieses Konzept mit den Kreditvergaberichtlinien der Banken korrespondiert.
aus
Haustex 03/04
(Handel)