Bedeutung des neuen Kaufvertragsrechts (nicht nur) im Wasserbettenhandel
Gewährleistung ist garantiert keine Garantie
BREE/MÜNSTER (AH) - Wo "grundsätzlich" noch lange nicht "immer" meint, wo "widerrechtlich" und "rechtswidrig" zweierlei sind, da macht sich der Jurist mit seiner Sprache unbeliebt. Im Händler- und Verkäuferalltag kann es jedoch mehr als nur sinnvoll sein, eine leise Ahnung vom neuen Kaufvertragsrecht zu haben. Licht ins Dunkel brachte speziell für Wasserbettenfachleute Prof. Dr. jur. Hans-Peter Schauwecker von der FH Münster als Gastredner des belgischen Wasserbettenherstellers TTI. Schauwecker ließ keinen nach Hause, der noch "Garantie" mit "Gewährleistung" verwechselt. Seine Ausführungen hat "Haustex" in nachfolgender Übersicht zusammengefasst.
Es ist zu unterscheiden zwischen Gewährleistung und Garantie. Die Gewährleistung ist die gesetzliche kaufrechtliche Mängelhaftung. Sie beträgt zwei Jahre. Alles, was darüber hinaus vom Hersteller eingeräumt wird, ist die Garantie, eine Haftung auf Grund besonderer vertraglicher Vereinbarungen. Im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man meist nur den Begriff "Garantie".
Tritt an einem Wasserbett während der Zeit der Gewährleistung ein Defekt auf, so hat der Kunde rein gesetzlich ein Wahlrecht, ob er das Bett repariert oder umgetauscht haben möchte. Dieses Wahlrecht kann beim Kunden vorrangig den Wunsch nach Umtausch erzeugen. Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verhindern, dass diese Möglichkeit zu Lasten des Händlers ausgereizt wird. So kann der Händler den Umtausch verweigern, wenn die Ware mit geringem Aufwand zu reparieren wäre und dem Kunden keine Nachteile dadurch entstehen. Dem Händler darf kein "unverhältnismäßiger Aufwand" entstehen.
Beispiel: Ein Wasserbett hat an der Oberseite einen Defekt. Ein Wasseraustritt in die Sicherheitswanne hat nicht stattgefunden. Der Austausch der Matratze wäre mit ungleich mehr Aufwand verbunden als das Flicken. Für den Händler empfiehlt es sich, die vertragliche Begrenzung auf Nachbesserung in die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen, dass im Schadensfalle innerhalb des Gewährleistungszeitraumes vorrangig repariert anstatt ausgetauscht wird. Im Hinblick auf die oben angeführten BGB-Vorschriften wird er in den meisten Fällen damit erfolgreich sein.
Zu beachten ist bei der Gewährleistung die Beweispflicht. Tritt der Schaden in den ersten sechs Monaten nach Auslieferung der Ware auf, so hat der Händler die Beweispflicht, dass die Ware bei Übergabe "fehlerfrei" war. Bei Schadensauftritt in den verbleibenden 18 Monaten liegt die Beweispflicht beim Kunden. Er muss beweisen, dass der Fehler bei Übergabe der Ware schon vorhanden war.
Anmerkungen: Die Gewährleistung unterscheidet beim Wasserbett nicht zwischen Schweißnaht- und Flächendefekt. Montagefehler gelten als Sachmängel, ebenso fehlerhafte Montageanleitungen. Eine Schenkung mindert nicht die Ansprüche aus der Gewährleistung. Bekommt jemand ein Wasserbett geschenkt, hat er sämtliche Rechte aus der Gewährleistung.
Die Garantie ist alles über das gesetzliche Maß hinausgehende. Mit der Gewährleistungshaftung des Händlers hat die Herstellergarantie rein juristisch nichts zu tun. Im Schadensfall ist der Händler Erfüllungsgehilfe des Herstellers. Er vollzieht die Reparatur bzw. den Austausch. Voraussetzung für die Garantie ist in aller Regel, dass sie schriftlich vorliegt. Es gibt jedoch Ausnahmen.
Beispiel: Ein Kunde kaufte ein Wasserbett bei Händler X, der Pleite machte und unauffindbar ist. Der Hersteller verweist den Kunden beim Schadensfall zur Abwicklung an Händler Y. Eine schriftliche Garantie hat der Kunde nicht vorliegen, er beteuert aber, der Verkäufer bei Händler X habe ihm damals "30 Jahre Garantie" mündlich zugesichert. Um seine Aussage zu unterstreichen, zitiert der Kunde seine Ehefrau als Zeugin herbei. Diese bestätigt die mündlich erteilte Garantie von 30 Jahren. Es kommt zum Gerichtsverfahren, die Ehefrau beschwört ihre Aussage - und der Kunde gewinnt den Rechtsstreit.
Anmerkung: Der in Händler-AGB häufig gewählte Passus "mündliche Nebenabreden bedürfen der Schriftform" hat nur bedingt Gültigkeit. In einem Fall wie diesem ist im Zweifel die Zeugenaussage gültig!
Für den Hersteller ist es ratsam, den Umfang (Dauer) der Garantie und die im Garantiefall gewährten Leistungen eindeutig zu bestimmen. Probleme hinsichtlich des unlauteren Wettbewerbs kann die Formulierung aufwerfen, mit der die eigene Garantie beworben wird.
Beispiel: Ein Wasserbetten-Hersteller wirbt mit zehn Jahren Garantie, tatsächlich aber ist dem Kleingedruckten zu entnehmen, dass im achten oder neunten Jahr nur noch 10 Prozent bei Kauf einer neuen Matratze vergütet werden. Hier liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Der Hersteller kann sich nicht auf das Kleingedruckte berufen, das ja auf der Garantiekarte unter den Garantiebedingungen stehe. Wirbt er, z.B. auf Prospekten, mit zehn Jahren Garantie, so ist dies "irreführende Werbung" im Sinne des UWG. Maßgeblich ist nämlich, wie "der durchschnittlich empfindende Verbraucher" die Werbeaussagen versteht, d.h. wie die blickfangartige Aussage auf den Verbraucher wirkt.
Verstöße gegen das UWG sind abmahnfähig. Abmahnen kann jeder von dem Wettbewerbsverstoß Betroffene, d.h. Wasserbetten-Hersteller und -Händler.
Beispiel: Hersteller A möchte gegen die Werbung des Herstellers B vorgehen, da B verbreitet, er gebe 15 Jahre Garantie. Tatsächlich ist es aber nachweislich so, dass schon nach Ablauf von fünf Jahren nur ein Flickset als so genannte Garantieleistung von B erbracht wird. Hersteller A kann abmahnen. Er kann die Abmahnung durch einen Rechtsanwalt vornehmen lassen oder über einen Abmahnverein, der Unternehmer kann aber auch selbst in eigenem Namen abmahnen. Bei den Abmahnungen wird dem Abzumahnenden eine sog. "strafbewährte Unterlassungserklärung" abverlangt. Er erhält ein Schreiben zur Unterschrift, mit dem er sich verpflichtet, die darin beschriebenen Wettbewerbsverstöße nicht mehr zu wiederholen und im Falle der Wiederholung einen Betrag XY zu zahlen. Für die Abgabe der Unterlassungserklärung wird eine Frist gesetzt. Für die Abmahnung selbst kann der Abmahnende einen "angemessenen Anteil für die Aufwendungen der Rechtsverfolgung" verlangen. Die Zahlungen sind an den jeweils Abmahnenden zu leisten. Reagiert der Abgemahnte nicht auf die Abmahnung, so kann per Einstweiliger Verfügung (durch einen Rechtsanwalt) der gegen das UWG Verstoßende zunächst gezwungen werden, den Wettbewerbsverstoß (hier: die Verbreitung der Werbung) einzustellen. Die Einstweilige Verfügung ist relativ schnell zu erwirken. In oben geschildertem Fall könnte auch Händler A den Händler B abmahnen - einen entsprechenden Wettbewerbsverstoß vorausgesetzt -, oder Händler A könnte Hersteller B abmahnen.
Der Eintritt eines Garantiefalles und die entsprechende Garantieleistung des Herstellers setzen keinen Lauf einer neuen Garantiefrist in Gang. Beispiel: Ein Kunde hat nach drei Jahren an seiner Wassermatratze einen Schweißnahtdefekt. Im Rahmen der fünfjährigen Garantie erhält der Kunde 100 Prozent Materialersatz, also eine neue Matratze. Auf diese Matratze sind jetzt noch zwei Jahre Garantie; mit Austausch der Matratze ist kein neuer Kaufvertrag zustande gekommen. Bei berechtigten Reklamationen ist der Hersteller dem Händler zum Ersatz seiner Aufwendungen verpflichtet. Der Händler hat einen Anspruch gegen den Hersteller auf Ersatz der Aufwendungen, die ihm durch den Austausch der Matratze bei dem Kunden entstanden sind. Der Rückgriff gegen den Hersteller entfällt, sobald es sich um eine Kulanzleistung des Händlers handelt. Aufgrund der bestehenden Vertragsfreiheit steht es dem Hersteller offen, abweichend von dieser gesetzlichen Regelung eine individuelle Vereinbarung mit dem Händler zu treffen. Anmerkung: War der Verkäufer nur kulant, kann er die ihm entstandenen Kosten nicht dem Hersteller weiterbelasten.
aus
Haustex 01/04
(Handel)