Mit Qualität und Service liegt man nie verkehrt
10 Jahre mit Wasserbetten im Markt behauptet
GLADENBACH - "Ein Spinner. Dem geb' ich drei Monate." - Als Marco Heinemann im Juni 1993 die Außenwerbung "Wasserbetten" an sein neues Ladenlokal schraubte, winkten nicht wenige Bewohner der Kleinstadt Gladenbach ab. Ein Zugereister mit so einem Produkt in der mittelhessischen Provinz? Das sprengte jegliche Vorstellungskraft. Heute schlafen viele derer, die damals schmunzelten, auf Heinemanns Produkten. Und Di Lombardo hat Grund zum Feiern: 10-jähriges Bestehen.
Kann man davon leben?" Mehr als einmal stellte Friedrich Bohl die gleiche Frage bei Begegnungen am Wasserbettenstand auf Verbraucherausstellungen. Wohl nicht nur dem Ex-Kanzleramtsminister und heimischen Abgeordneten war zunächst rätselhaft, wie man mit "so einem Produkt" seine Brötchen verdient.
Der Weg, sich und die Betten bekannt zu machen, war steinig im Hinterland der Universitätsstadt Marburg. Kaum jemand, die Banker eingeschlossen, hatte jemals ein Wasserbett gesehen. Konventionelle Werbemittel wie Zeitungsanzeigen fraßen Löcher ins nicht vorhandene Budget. Heinemann, gelernter Verwaltungsbeamter und dann Existenzgründer, erinnert sich gut an den ersten Kunden: Er kam aus dem 25 km entfernten Herborn im benachbarten Lahn-Dill-Kreis. Ein junger Mann, der nach aus heutiger Sicht eher unsicherer Beratung sofort "zuschlug".
Die Routine stellte sich mit den Stückzahlen ein. Und damit auch Dinge, die geregelt werden wollten. Die Auslieferungen alle selbst zu machen, überstieg bald das Zeit- und Kräftevolumen. Zunächst fanden sich Aushilfs-Monteure über Kleinanzeigen. Später waren Vollzeitmitarbeiter unentbehrlich. Nicht jeder erwies sich allerdings als geeignet: Die hohen Anforderungen des Chefs waren nicht jedermanns Sache.
Möglichst viel selbst zu erledigen, ist nach wie vor das Prinzip Marco Heinemanns, der den Namen seines Geschäftes dem italienischen Vater widmete. Der Verkauf liegt auch nach zehn Jahren noch in Inhaberhand, die Buchhaltung erledigt die Ehefrau. Arbeit gibt es eigentlich immer: Das Telefon klingelt ständig, und wer schon ein Wasserbett hat, will mit diesem vielleicht umziehen. Klar, dass auch Dienstleistungen - vom Service bis zum Wohnungswechsel des Wasserbettes - auf der Liste stehen.
Oft 7-Tage-Woche, immer erreichbar, nachts auf Anrufbeantworter, in den Betriebsferien per Mobiltelefon, "...denn dafür sind wir ein Fachgeschäft". Der Lebenswandel des klassischen Beamten liegt hinter Marco Heinemann. Er ist sicher: "In dem Moment, wo der Partner auf einen Feierabend nach Arbeitnehmerart besteht, ist alles zum Scheitern verurteilt". Dass diese Gefahr nicht besteht, liegt auf der Hand: Ehefrau Angela leitet die
di Lombardo-Filiale im südwestfälischen Siegen nach den gleichen Prinzipien.
Rien ne vas plus - nichts geht mehr, wenn auch einige andere Dinge nicht stimmen. Einen griffbereiten Steuerberater, eine Hausbank, mit der man kommuniziert und einen pfiffigen Rechtsbeistand hält Marco Heinemann in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für unabdingbar. Gute Mitarbeiter, die auf den teilweise ungewöhnlichen Geschäftswellen mitreiten, sind "ein Sechser im Lotto": Als am 23. Dezember abends ein Kunde in den Laden kam, auf ein Bett deutete mit den Worten "das da möcht' ich haben, und zwar sofort", gab es für Monteur Frank Kurbatfinski keine Diskussion: Er schwang sich ins Lieferfahrzeug, schrubbte insgesamt fast 200 Kilometer und brachte dem Mann seine neue Schlafstatt. Der gelernte Schreiner kam nachts um halb zwei nach Hause. Sein Kommentar: "Der hat sich tierisch gefreut. Ist doch kein Thema".
Ein Patentrezept für Wirtschaftskrisen gibt es auch bei Einzelunternehmer Heinemann nicht. Immer hundert Prozent zu geben, nicht nachzulassen und eine "konstruktive Rastlosigkeit" hält der 49-Jährige zumindest für wichtig. Bei Branchenkollegen, welche die Segel streichen mussten, hat er "unrealistische Vorstellungen" als einen der Gründe beobachtet: Zu schnelle Expansion mit der Idee, die schnelle Mark zu machen. Ihn selbst stimmt der Gedanke, ernsthaft erkranken zu können, nachdenklich. "Allein schon wegen meiner beiden Töchter."
Heinemann hat beobachtet, dass sich in Krisenzeiten viele Fachgeschäfte unter Wert verkaufen. Im Abdriften auf "billig", um des Umsatzes willen, liegt nach seiner Einschätzung eine große Gefahr. Qualität wurde im Hause di Lombardo stets groß geschrieben: "Ich möchte meinen Kunden auch nach Jahren noch in die Augen sehen können". Ein guter Partner in diesem Sinne ist für Heinemanns Geschäfte der Hersteller Akva Waterbeds aus Dänemark. Als Lieferant der ersten Stunde hält der Lkw mit Akva-Ware auch heute noch regelmäßig in der Gladenbacher Sudetenstraße. Das Lob des Händlers gibt Akva-Chef Lars Brunso gern zurück: "Wir suchen genau solche Händler, die eine gute Beratung abliefern und fair und kompetent arbeiten." Das Produkt des dänischen Herstellers mit der eigenwillligen Philosophie passt optimal in diesen Rahmen: Von der Textilie bis zum Heizelement im Hause Akva selbst gearbeitet, dominieren nach Heinemanns Erfahrungen solide Verarbeitung und der Einsatz für das Optimum unter gesundheitlich-ökologischem Aspekt, dokumentiert durch das Iso-Zertifikat 14002. Vorteilhaft ebenfalls: Eine Kommunikation der kurzen Wege. Letztlich profitiert der Verbraucher. Er erhält Sonderanfertigungen aus just-in-time-Produktion und schläft auf einem Gesundheitsprodukt, dessen Vinyl die Firma Bayer unter die Lupe nahm.
Mehr als das Doppelte der di Lombardo-Geschäftstätigkeit hat Akva Waterbeds schon hinter sich. Seit 22 Jahren versorgt das Unternehmen Wasserbettschläfer in mittlerweile fast ganz Europa mit seinem Produkt. Um seine Neuheiten zu präsentieren, sind Messen für Akva die beste Plattform. Unter Anwesenheit der deutschen Außendienstler wird die "Comfortex" in Leipzig der nächste Schauplatz sein.
Mit der Edelmarke "Bodytone" setzt Heinemann seit 1994 Maßstäbe in der mittelhessischen Wasserbetten-Landschaft. "Spätestens seit "Bodytone" ist auch dem größten Skeptiker klar, dass ein Wasserbett kein Wassersack ist," weiß er. Nach seiner Erfahrung finden Probe liegende Kunden das Markenprodukt mit dem speziellen patentierten Innenleben unter einem Dutzend Wassermatratzen selbst heraus: "Man er-liegt förmlich den Unterschied".
Der Lieferant, The Sleeping Society aus dem belgischen Edegem vor den Toren Antwerpens, war der erste auf dem europäischen Wasserbettenmarkt, der sein Top-Produkt einer freiwilligen TÜV-Produktkontrolle unterzog: Ein Siegel gab's beim Test auf Ergonomie, Dauerhaltbarkeit, Schadstoffbelastung und kundennahen Service. Wissenschaftliche Erkenntnisse der ASRI (American Sleeping Research Institute) sowie die Zusammenarbeit mit namhaften Orthopäden und Rückenschulen in Deutschland haben "Bodytone"-Wasserbetten perfektioniert und für jeden Anspruch und Geschmack lieferbar gemacht. Nach eigenen Angaben ist The Sleeping Society der einzige Komplettanbieter mit einem Vollsortiment vom Baby- bis zum Hundebett, vom Kranken- bis zum Pflegebett, von Leicht- bis vollvolumiger Matratze, von Rund- bis Achteck-Bett, von ergonomischen Kopfkissen bis zur viskoelastischen Matratze mit Öko-Tex 100 Standard (Zertifizierung Klasse 1), von Bettrahmen in Holz bis zu hochwertigsten Alcantara-Polstermöbeln, der mit eigenen Fahrzeugen in ganz Europa frei Haus liefert.
Zunächst profitierte Frank De Bock, Vorstandsvorsitzender von The Sleeping Society, von 35-jähriger US-Erfahrung in der Wasserbetten-Herstellung: Die Geschäftspartner für seinen Wassermatratzen-Import waren Mitentwickler des Softsiders und des ersten Achteck-Wasserbettes. Heute lässt der Ingenieur selbst produzieren: Das eigene Werk in Luxemburg kann noch zeitnaher und flexibler auf individuelle Kundenwünsche reagieren und den Export in viele europäische Länder bedienen.
Marco Heinemann und seine Frau informieren sich regelmäßig auf Fachmessen und in persönlichen Gesprächen über Neuigkeiten in ihrem Metier. Sie streben nach keinem "Gemischtwarenladen", verschließen sich Neuem aber nicht. Die Orientierung zu behalten ist - trotz der mittlerweile rund 60 Anbieter auf dem deutschen Wasserbettenmarkt - nicht allzu schwierig, sagen sie: "Man merkt recht schnell, mit welchem Produkt man arbeiten kann," wissen die überzeugten Wasserbettschläfer.
Würden sie es nochmal machen, das Geschäft mit Wasserbetten? "Mit kleinen Korrekturen", bejaht Heinemann. Nichts zu korrigieren haben beide an der Tatsache, dass eine weitere Ausdehnung der Filialen unterblieben ist. Das Angebot, ein florierendes Wasserbetten-Geschäft in der City von Frankfurt am Main zu übernehmen, ließen sie vor einigen Jahren vorüberziehen. "Verlockend war es schon," erinnert sich Angela Heinemann. Doch aus Vernunftsgründen ist alles geblieben wie es ist: Keine persönliche Kontrolle über dann drei Geschäfte, noch mehr Fahrerei - keine klare Perspektive, die sich da bot. Das Paar überzeugt: "Wir haben es gelassen. Und das war gut so."
aus
Haustex 07/03
(Handel)