Mit Logik und Kreativität gegen Konsumverweigerung

Achtung: Zurzeit keine Krötenwanderung

Kein Drumherumgerede, was zurzeit ist: Die Kröten der Verbraucher wandern in zu geringem Maße in die Kassen des Handels und von da zu den Lieferanten. Die Gründe sind bekannt. Zu viele Konsumenten fallen wegen existierender oder befürchteter Arbeitslosigkeit oder auch unklarer Berufsaussichten als vollwertige Teilnehmer am Gesamtkonsum aus.

Diejenigen, die normal leben und verdienen, realisieren ihre Konsummöglichkeiten nicht, sondern horten Angstkohle auf dem Geldmarktkonto. Und an die, denen es vergleichsweise sehr gut geht, zum Beispiel auch wohl ausgestatteten "Bestagern" über 55 Jahre, fahren lieber mit dem neuen Mittelklasse-Diesel zum fünften Kurzurlaub des Jahres als ein neues Sommerbett zu kaufen. Sinkende Umsätze bei sinkenden Durchschnittspreisen: Mit Deflation kann hierzulande keiner umgehen. Da die welt- und parteipolitische arbeitgeber-gewerkschaftliche und wirtschaftliche Umwelt nur mit kollektiver Revolution oder totaler Verweigerungshaltung zu ändern wäre - was nicht die Art der Mitteleuropäer ist - muss "in diesen Zeiten" der logische, aber auch kreative Kaufmannsverstand verstärkt wieder an Wert gewinnen. Wobei es die leichter haben, die schon länger oder immer nach einem - flexiblen - Konzept arbeiten und nicht täglich neu an der Klagemauer beten. Blicken wir erst einmal hinter die Ladentüre des Handels.

These 1: Kümmere
dich um den Verbraucher
Komisch, jeder Verkäufer, jeder Ladenchef, jeder Vertriebsmanager ist ja auch Verbraucher mit ganz speziellen Einstellungen und Verhaltensweisen, privat jedenfalls. Im Job sieht er plötzlich den Verbraucher aus anderem Blickwinkel. So, wie er ihn gerne hätte, nicht wie er ist. So gibt es keine neue Krötenwanderung. Wer nichts weiß, kennt nur den Preis. Kein Verbraucher will einen Preis. Er will eine bestimmte Qualität zu einem ihm angemessen erscheinenden Preis. Und er hat Schwellenpreise in Kopf, Herz- und Brieftasche, die nicht unbedingt denen des Handels entsprechen. Wer für ein Herrenhemd fast nie mehr als 59 Euro ausgibt, wird für das 79 Euro-Hemd nur über viel Zusatznutzen (Materialfeinheit, Trageeigenschaften, Haltbarkeit, Mode, Imagewert) zu begeistern sein. Wenn nicht, dann kauft er sogar das Verzweiflungs-Schnäppchen des Händlers für 39 Euro. Für Betten gibt es das ähnlich. Kundinnen mit Schwellenpreis 49 Euro für Bettwäsche als nötiges Gut zwischen Zudecke und Körper kaufen Schönes und Teueres nur dann, wenn das Schöne gefällt und passt und man gerade in der Laune ist, sich etwas zu gönnen. Und wer seinem Kunden zum neuen Lattenrost und zur neuen Matratze nicht auch das neue Nackenstützkissen verkauft oder mit Kunden ab einer bestimmten Körpergröße nicht über Komfortgrößen bei Bett, Bettwaren und Bettwäsche spricht, dem ist nicht zu helfen. Der beschäftigt sich nicht mit seinen Kunden.

These 2: Konzentriere deine Werbung
Antizyklisch soll man werben. Gerade wenn es mau zugeht, muss man mehr tun, so wird es gelehrt. Und so machen es die Großen, die Lauten, die Filialisten. Das Geld dafür holen sie sich von ihren Lieferanten (die holen es sich wieder von ihren Lieferanten, die holen es sich ), aus gnadenlosen Rationalisierungs-Maßnahmen zum Beispiel in Warenwirtschaft und Logistik und, man glaube es wohl, von ihren Kunden. Werbung "in diesen Zeiten" ist meistens Preis-Werbung. Das Argument "preiswert" statt preis-aggressiv ist wahrscheinlich das einzige, was den Verbraucher wirklich noch erreicht. Aber dann muss Ware auch mit ihrem Nutzen erklärt werden und nicht mit ihren technischen Eigenschaften. Was fängt der Verbraucher, der alle 15 Jahre eine Matratze kauft, mit "sieben Zonen, Raumgewicht 45 und Polsterträger" an? Liegen will er, schlafen will er, keine Schmerzen will er haben, nicht schwitzen will er; und dafür will er nicht mehr als nötig bezahlen. Und wer "in diesen Zeiten" neben Preiswerbung vor allem auf klassische Werbung, das heißt Anzeigen und Beilagen setzt, ist auch arm dran. Dialog-Marketing, direkte Zwiegespräche per Mailing und Kundenbindung per Kundenkarte heißen die Alternativen. Nicht gestreut und mal probiert, sondern zielgerichtet auf der Basis einer Stammdaten-Datei oder zugekauften Zielgruppen-Adressen.

These 3: Lasse deinen Laden erzählen
Noch einmal: Jeder der verkauft, ist auch Käufer. Welche Läden gefallen uns denn selbst? Wo gehen wir gerne hinein? Wo gibt es keine Schwellenangst? Viele enttäuschte Verbraucher sind schon längst zum Versandhandel bekehrt, oder warum gibt es in den Katalogen der großen Versender an die 100 Seiten rund ums Bett? Die beste aller Freundinnen behauptet, dass man es ihr in den meisten Läden schwer mache, ihr Geld auszugeben. "In diesen Zeiten" werde das Personal immer schlechter, sei entweder aufdringlich - Umsatzdruck? - oder habe keine Ahnung. Man fände in der Dekoration keine Anregungen, es gäbe zu wenig Zusammenfassungen zu Themen. Und die Ladeneinrichtung inklusive Beleuchtung sei oft genug von Gestern. Sie meint Mode genauso wie Haushaltswaren oder Betten, Warenhäuser, Textilkaufhäuser und Fachhandel ganz genauso. Die beste aller Freundinnen ist nicht erfunden und sie kennt mehr, die genauso denken und fühlen.

These 4: Schaffe ein Warenerlebnis
Wer behauptet, dass die Produkte rund ums Bett - Bettwäsche und dekoratives Stoff-Ambiente ausgenommen - vor Attraktivität strotzen, muss die Branche wirklich sehr lieben. Und so sehen dann auch zu neunzig Prozent die Geschäfte oder Fachabteilungen aus: Warenansammlungen von gleich aussehenden Produkten - eine Zudecke ist eine Zudecke, schön weiß und mit vier Ecken -, mit ihren Füllungen oder Stoffen oder ihrer Technik und Größe erklärt, wenn überhaupt. Wenn diese Produkte eben eigentlich langweilig sind, dann müssen sie aufgepeppt werden. Durch Erläuterungen in Schrift und Wort des Verkäufers, so dass sie der Kunde versteht und ihren ganz persönlichen Nutzen erkennt. Durch eine Präsentation, die dem nahe kommt, wie er es zu Hause hat oder gerne hätte. Und dann dürften alle, die mit Betten handeln, auch ab und zu ihren Nachbarn über den Zaun schauen und sich ein bisschen Mut leihen für ungewöhnliche Produkte, für modische, für anders aussehende. Was übrigens auch den Herstellern mehr Mut machen würde, Neues zu wagen. Aber das ist ein neues Thema. Der Thesen gibt es noch ein paar mehr. Die betreffen dann überwiegend die Hersteller. Und dann gibt es noch welche, die beide zusammen angehen. Darüber wäre noch einmal besonders zu berichten.

Die Schluss-These: Dein Informationsvorsprung zählt
Wer sich "in diesen Zeiten" vergräbt, aus Kosten- oder anderen Gründen, der sollte in den Spiegel schauen und sich fragen, ob nicht Information zum Beispiel über das, was andere erfolgreich machen, auch etwas für ihn wäre. Per Fach-Lektüre, per Austausch mit Kollegen und mit einem Besuch von "bed & more - Das europäische Bettenforum", es findet schon zum zweiten Male, diesmal am 03./04. Juli 2003 in Frankfurt, statt. Schnelle Information unter: www.heimtextilmessefrankfurt.com. Damit das Schild bald wieder aufgestellt werden kann: Vorsicht Krötenwanderung!
aus Haustex 05/03 (Handel)