"Die fachliche Beratung stimmt, aber an gestalterischen Anregungen mangelt es"

Das Schlafzimmer braucht Zusatzfunktionen und soll schöner werden

Als Redakteurin der Zeitschrift "Schöner Wohnen" und als freie Autorin für Wohnen und Einrichten hatte Ilex Neß viele Jahre Gelegenheit, einen Blick in die Schlafzimmer ihrer Leser zu werfen. Denn viele schildern ihr Anliegen und bitten in Fragen der Einrichtung um Rat. Sie berichtete von einem Trend: "Homing - Wellness - Wohnbehagen: das Schlafzimmer wird entdeckt". Für Hersteller und Handel hat sie konkrete Anregungen. Wir fassen zusammen.

Interessant an einer repräsentativen Umfrage, die jüngst eine durchschnittliche Verweildauer von 8 Stunden und 38 Minuten der Deutschen im Schlafzimmer pro Tag ermittelte, ist jedoch ein Nebenergebnis. 1,5 Stunden nämlich wird das Schlafzimmer als zusätzlicher Aufenthaltsraum benutzt. Was bedeutet das für die Ausstattung des Schlafzimmers? Und: Wie können Sie als Hersteller oder Händler aus der Mehrfachnutzung des Raums Kapital schlagen?

In vielen Wohnungen wird der Raum als zweiter Fernsehraum genutzt. Er schaut Fußball, Sie "Bella Block". Also sollten Sie ihren Kunden anbieten, einen kleinen Sitzplatz zu integrieren. Es gibt genug leichte und dennoch bequeme Polstersessel. Auch vom Bett lässt sich das Fernsehgeschehen verfolgen. In einer Kooperation mit dem örtlichen Audio/Video-Händler kann man das sicher in einer Bettkoje im Ausstellungsraum demonstrieren. Der Händler muss dafür sorgen, dass der "Bett-Fan" eine "Software" fürs Betthaupt bekommt. Aus Erfahrung weiß ich: Für Vorschläge, wie man Bett-Situationen komfortabler macht, sind die Verbraucher unglaublich dankbar!

Die zweite, immer häufiger vorkommende Zusatzfunktion ist es, dem Schreibplatz eine Heimstatt zu geben. Eine Chance für Sie im Handel, denn um dies ansehnlich im Raum unterzubringen, braucht der Laie fachliche Beratung. Und Sie als Hersteller sollten vielleicht erwägen, ein paar mehr Schlafzimmer-Schrankmöbel anzubieten, in die ein Arbeitsplatz integriert ist. Das gilt auch fürs Kinderzimmer, da die lieben Kleinen heute schon fast mit einem Computer auf die Welt kommen.

Was die Finanzen der Verbraucher betrifft, so belastet Sie die Kaufzurückhaltung der Bundesbürger natürlich erheblich. Doch die Trendforscher sind sich weitgehend einig: Das private Leben wird als Ausgleich zu den schwierigen Rahmenbedingungen weiter an Bedeutung gewinnen. Wie die Untersuchung "Wohnen und Leben 6" des Verlags Gruner + Jahr zeigt, wird die Zahl derjenigen, die Anschaffungspläne für den Schlafbereich haben, nur noch von den Kauflustigen in Sachen Unterhaltungselektronik und Computer übertroffen. Bei den Betten ist der Wunsch nach Qualität besonders hoch. Bei den Wohnmöbeln, die sich sonst noch in Schlafräumen befinden, kommt der Wunsch nach formschönem Design dazu. Immerhin sagen 58 Prozent der Befragten, dass sie für ihre Wohnungseinrichtung gern Geld ausgeben. Und 71 Prozent meinen, dass sich der Kauf hochwertiger Markenartikel letztlich immer bezahlt mache.

Zurück zum Schlafraum: Ein ganz wichtiger Faktor im Leben und Wohnen der Deutschen ist Wellness. Für manche bedeutet dies, sich ein Mini-Fitness-Studio gleich neben dem Schlafzimmer einzurichten. Andere erkennen, dass Entspannung viel wichtiger ist. Die Schlafzimmer-Einrichtung sollte dem entsprechen, stoffbetont sein, sanft in den Farben und ruhig in der Form der Möbel. Ein Mini-Tipp: Offerieren Sie Ihren Kunden kleine Kissen aus Gaze, mit Schlaf fördernden Kräutern gefüllt, die man zum Kopfkissen in den Bezug steckt. Und da es so viele Feng Shui-Anhänger gibt, schadet es - denke ich - nicht, wenn ein moderner Einrichter heutzutage mindestens ein Grundwissen hat.

Wenn Schlafzimmer und Bad offen ineinander übergehen, für Wellness-Perfektionisten eine Steigerung, wäre eine größere Palette von Coordinates aus Bettwäsche und Frottierwaren in abgepassten Mustern und Farben wünschenswert - Textilien für Bett und Bad im Gleichklang.

Im Alter wird das Schlafzimmer wichtiger. Die Senioren brauchen mehr Komfort, höhere Liegefläche, flexible Kopfpolster, gutes Leselicht und so weiter. Gerade auf dem Senioren-Sektor hat dieser Raum eine neue Karriere vor sich.

Das Schlafzimmer verstärkt ins Bewusstsein; "mehr Stimmung" in diesem persönlichsten aller Räume wird gewünscht. Das beginnt bei der Farbe, ob durch Anstrich oder Tapete. Stoffe setzt man als Fensterdekoration ein und auch der Himmel über dem Bett feiert ein Comeback. Nicht zu vergessen die Bettwäsche ... Aber warum wird sie, kommt man ins Geschäft, nur ganz selten dekorativ und üppig dargeboten, sondern liegt, schön fest verpackt, sehr zurückhaltend in Regalen hinter dem Verkaufstresen? Warum ist sie fast immer nach Herstellerfirmen geordnet und nicht nach Stilrichtungen oder nach Farben? Warum steht nicht im Schaufenster ein schönes Bett oder ein Stuhl, auf dem immer wieder Kissen mit neuen Bezügen den Verbraucher ins Haus locken? Fragen von mir als einem schlichten Verbraucher ...

Bei Visiten in Einrichtungshäusern, in Schlafzimmer-Abteilungen oder in Wäschegeschäften fand ich, dass die fachliche Beratung meist zufrieden stellend war. Dass es jedoch -Ausnahmen ausgenommen - an gestalterischen Anregungen, an inspirierender Atmosphäre in den Ausstellungen mangelt, dass ich kaum je zum Kauf verführt wurde ...

Jetzt werden Sie mir sagen: Sie haben gut reden: Wir können solche Raum-Szenarien in unseren Geschäften gar nicht aufbauen. Für größere Aufbauten fehlt es in den meisten Geschäften an Platz, Zeit und Geld. Meine Empfehlung: Legen Sie Mappen mit Klarsicht-Folientaschen aus, in die Sie Veröffentlichungen mit Schlafzimmer-, Bettwäsche- oder Badtextilien-Fotos stecken, die Sie besonders anregend finden. Damit machen Sie den Leuten Appetit und haben auch gleich eine Gesprächsbasis, auf der Sie Ihre Beratung aufbauen können. Und - Sie schaffen ein kleines Gegengewicht zu den oft sehr stimmungsvollen Raumfotos des Versandhandels ...

Die Fotos in den Mappen können Sie außerdem ergänzen durch Katalogabbildungen von Produkten, die Sie selbst in Ihrem Sortiment führen. Ein ganz persönlicher Service, den Ihr Kunde nur von Ihnen und niemandem sonst erhält.
aus Haustex 07/04 (Handel)