Betten Huntenburg

Center statt Grüne Wiese, das kann funktionieren

Ein Bettenfachgeschäft in einem gut funktionierenden Einkaufszentrum: Kann das für einen Einzelhändler angesichts der damit verbundenen eminent hohen Mietkosten zusammen passen? Betten Huntenburg im Hamburger Alstertal Einkaufszentrum (AEZ) ist ein Beispiel dafür, dass solch ein Sortiment unter bestimmten Voraussetzungen dort durchaus seine Existenzberechtigung haben kann.

Huntenburg gibt es seit knapp 100 Jahren, das Bettenfachgeschäft genießt nicht nur in Hamburgs Osten einen guten Ruf. Seit 27 Jahren ist es in dem Flaggschiff der ECE, dem AEZ mit einer Filiale präsent. Das ist an sich schon Beweis genug für dessen Existenzberechtigung. Die ECE achtet schließlich in ihren Centern sehr genau auf einen gesunden und erfolgreichen Mietermix und schleppt keine erfolglosen Einzelhandelskonzepte mit durch - schon gar nicht direkt gegenüber der ECE-Firmenzentrale.

Lars Ginap, Inhaber von Huntenburg, stellt unumwunden fest: "Das AEZ ist für Mieter extrem teuer, aber es fordert die typische Miete für ein erfolgreiches Center." Er räumt jedoch ein, dass innerhalb des Centers die Quadratmeterpreise je nach Branche und Leistungsfähigkeit der Mieter differenziert werden. Ginap zahlt für sein 200 qm großes Geschäft im Untergeschoss monatlich 12.500 Euro Miete. Bei einem Jahresumsatz 2004 von rund 750.000 Euro beträgt also der Mietkostenanteil etwa 20 Prozent. Er kommt damit nach eigenem Bekunden zurecht, ist jedoch ein gutes Stück von den 7,5 Prozent entfernt, welche die ECE als Mindest-Umsatzmiete von ihren besten Mietern fordert. "Und es gibt hier einige Mieter, die das zahlen", betont Ginap.

Seit 1998 ist Ginap Inhaber von Huntenburg, seinem ehemaligen Lehrbetrieb. Er erwarb mit Rahlstedt und dem AEZ seinerzeit zwei der ehemals vier Geschäfte des Unternehmens. Die beiden anderen Geschäfte im City Center Bergedorf und im Quarree Wandsbek waren zu klein bzw. rechneten sich nicht. Zum Oktober 2000, also gut zwei Jahre nach der Übernahme, lief dann der bestehende Mietvertrag für das Geschäft im AEZ aus. Das Centermanagement bot Ginap daraufhin die Fläche im Untergeschoss an. "Heute bin ich sehr glücklich über den Umzug, denn im Vergleich zum Obergeschoss haben wir hier unten den besseren Lauf", erklärt der junge Inhaber. Im Erdgeschoss würden rund 50 Prozent der Frequenz registriert, im Untergeschoss etwa 30 Prozent und im Obergeschoss nur 20 Prozent, rechnet Ginap vor. Des Rätsels Lösung für diese ungewöhnliche Verteilung: Im UG befinden sich auch Eingänge von den Parkplätzen.

Dennoch bedeutete der Umzug kurz nach dem Sprung in die Selbständigkeit eine weitere finanzielle Belastung: Schließlich musste die neue Fläche komplett neu hergerichtet werden. Dabei zeigte sich eine Spezialität der ECE-Zentren sehr deutlich: Kein Plan ist ohne den Genehmigungsstempel der ECE geblieben. Bis ins letzte Detail wollte das Centermanagement über das neue Ladenlokal informiert werden. Über die Lichtplanung, die verwendeten Farben, die Hölzer der Regale; selbst eine Probe des verlegten Teppichs wurde archiviert. "Aber wahrscheinlich macht diese Detailarbeit auch den Erfolg der ECE-Center aus", vermutet Ginap.

Gleichzeitig mit dem Umzug hatte sich Ginap entschlossen, das Geschäft neu auszurichten, Interieur und Sortiment aufzuwerten, modisch und preislich. "Für mich hieß es hopp oder top." Er reagierte damit auf die wirklich zahlungskräftige Klientel des AEZ, die aus einem großen Einzugsgebiet kommt. Es reicht im Norden bis in den Kreis Stormarn mit Bargteheide und Ahrensburg, auch aus Segeberg, Norderstedt und selbst Pinneberg registriert Huntenburg im AEZ Kunden. Zum näheren Einzugsgebiet gehören das Alstertal und die Walddörfer, von der Kaufkraft durchaus vergleichbar mit den Elbvororten. Südlich des Einkaufszentrums bricht es allerdings relativ schnell ab. Da zieht dann die Hamburger City.

Und für diese anspruchsvollen und nach wie vor konsumwilligen Kunden kappte Ginap die unteren Preislagen und setzte dafür oben etwas drauf. Bei Bettwäsche bildet im AEZ jetzt Irisette die Einstiegspreislage. Dazu kommen Elegante, Bassetti, Joop, Hämmerle, Brennet und Laura Ashley im mittleren Segment. Gant, Graser, Schlossberg und Fischbacher runden das Sortiment nach oben ab. Bei Spannbetttüchern sind Irisette, baretti und Graser die stärksten Marken, wobei hier wiederum das abk-Label baretti in der Bedeutung heraus ragt. Das Geschäft hält permanent zwischen 500 und in Hochzeiten 700 Garnituren Bettwäsche sowie 300 Spannbetttücher vor. Im Frottierbereich dominieren Cawö, Fischbacher und Joop.

Anders als im früheren Geschäft ist die Ware nach Marken gegliedert. Bei Huntenburg im AEZ wurde zum Beispiel der erste Marken-Shop von Irisette in Deutschland eröffnet. "Der Kunde ist Markenshops aus der Modebranche gewohnt", stellt Ginap fest. "Wenn er im AEZ ist, möchte er seine Langeweile vertreiben. Er plant keinen Zieleinkauf sondern möchte mehr Erlebnis haben."

Und darauf ist das Geschäft ausgerichtet. "Wir funktionieren auch im Grunde wie ein Modegeschäft, wo der Kunde spontan sagt, .Das will ich haben'", so Ginap. Darum setzt Huntenburg ständig neue Reize. Mindestens einmal pro Woche wird neu dekoriert. Und der erste Impuls geht von einem interessanten Schaufenster aus. Entsprechende Sorgfalt wird auf eine attraktive Optik in den Fenstern und im Eingangsbereich gelegt. Das funktioniere, so Ginap. Eine schöne Bettwäsche verkaufe sich aus dem Schaufenster viel leichter, als wenn sie weiter hinten im Laden präsentiert werde. "Da wird dann auch mal spontan ein Bettwäsche-Set für 250 Euro mitgenommen." Ein anderes Beispiel waren die Handtücher von Egeria zum Abitur, "Alles in trockenen Tüchern". Innerhalb kurzer Zeit wurden davon 190 Stück abgesetzt. Als die Restware weiter hinten im Laden gezeigt wurde, brach die Nachfrage signifikant ein.

Bettwäsche ist mit einem Umsatzanteil von etwa 40 Prozent der größte Umsatzbringer. Danach folgen die optisch weniger attraktiven Steppartikel. Sie taugen nicht als Sortiment auf der Antrittsfläche und sind im rückwärtigen Bereich des Ladens platziert. Aber auch dort die Steppbetten sind nicht lieblos aufeinander gestapelt, sondern sorgfältig in einem Regal aufbewahrt. So wirkt auch diese Produktgruppe wertiger und attraktiver. Im vergangenen Jahr belief sich der Umsatz mit Feder- und Steppartikeln auf rund 184.000 Euro, erzielt auf einer Fläche von etwa 20 qm.

Für ein Geschäft von 200 qm Verkaufsfläche leistet sich Huntenburg aber auch den "Luxus" einer Fläche für Bettsysteme. Aus Platzgründen konzentriert sich das Geschäft auf die drei Schienen von Swissflex. Hier ist die Flächenproduktivität zwangsläufig niedriger. Dennoch wurden mit Matratzen 50.000 Euro umgesetzt und mit Lattenrosten 40.000 Euro, entnimmt Ginap seinem Laptop. Der Durchschnittspreis für eine Matratze lag bei 669 Euro, Tendenz steigend, beim Lattenrost exakt bei 1.000 Euro.

Beim Frottiersortiment spielte Huntenburg die Pleite von Bad&Baden in die Karten. Als das Ende abzusehen war, orderte Ginap schnell Bademäntel, sie gehörten bis dato nicht zum Sortiment. Diese Entscheidung erwies sich als Volltreffer, denn nach der Eröffnung eines sehr noblen Meridian Spa direkt am AEZ sind Bademäntel der gehobenen Kategorie sehr gefragt. Renner ist der Kurzbademantel von Fischbacher gewesen, jetzt ebbt die Nachfrage allmählich wieder ab. Im letzten Jahr verkaufte Huntenburg im AEZ 270 Bademäntel zum Durchschnittspreis von 109 Euro. Weitere wichtige Lieferanten sind bei den Mänteln Bugatti, Joop und on Top die dänische Edelmarke Marks Pelle für 250 Euro das Stück.

Nicht mehr wegzudenken aus dem Sortiment sind Klein- und Randartikel, seien es "Schnickschnack" für Küche und Wohnung oder Saisonartikel zu Ostern oder Weihnachten. Speziell Ehefrau Ira Ginap zeigt sich im Einkauf recht experimentierfreudig. Ehemann Lars staunte nicht schlecht, als seine Frau zu Weihnachten erstmals Singer-Engel präsentierte, aber der Erfolg gab ihr Recht: Die Kunden waren ganz begeistert und es musste noch Ware nachgeordert werden. Dieses Sortiment trägt zwar insgesamt nur einen kleinen Anteil zum Umsatz bei, aber es macht den Laden für die Kunden noch interessanter und steigert die Frequenz im Geschäft. Ginap: "Die Frequenz ist für mich die größte Sorge, wir müssen die Leute in den Laden reinlocken."

Wichtig für eine funktionierende Einkaufszentrums-Filiale ist außerdem der richtige Warenbestand. Bei Huntenburg werden die Stammartikel im Laden per PC gepflegt. "Er erzählt uns, was nachbestellt werden muss. Und wir sagen ihm dann, ob er das auch darf", schmunzelt Ginap. Der Vorteil gegenüber der manuellen Erfassung von Minder- und Fehlbeständen ist durchschlagend. Der Lagerbestand in der Rahlstedter Zentrale konnte auf diese Weise um 20 Prozent reduziert werden. Zweimal pro Woche wird die AEZ-Filiale aus dem Rahlstedter Lager versorgt. Eine vernünftige Lagerhaltung wäre im AEZ bei gerade mal 25 qm für Lager und Sozialräume nicht möglich. Durch die permanente Belieferung aus Rahlstedt erreicht die Filiale eine LUG von 4 bei Lattenrosten und 5 bei Matratzen. Über alles liegt die LUG bei 3,1. Rahlstedt ermöglicht der Poppenbütteler Filiale somit eine geringere Kapitalbindung und die Möglichkeit, schneller auf Nachfragetrends zu reagieren. "Ein Geschäft in einem Einkaufszentrum ist niemals als Alleingang möglich", stellt Ginap fest, im Hintergrund müsse eine leistungsfähige Logistik stehen.

Allein auf die Laufkundschaft im AEZ mag sich Ginap nicht verlassen. Durch Werbung versucht er, den Kontakt zu den Kunden auszubauen und zu stützen. Ein nicht zu unterschätzendes Werbemedium ist das Alstertal-Magazin, ein hochwertiges Anzeigen-Magazin in Hochglanz. Seine Aufmachung ist zielgenau auf die anspruchsvollen Bewohner des Alstertals ausgerichtet und erreicht damit auch die Huntenburg-Kunden. In den Lokalteilen vom Hamburger Abendblatt und der Welt bewirbt Huntenburg gemeinsam mit Betten Remstedt und Betten Heise sein Swissflex-System.

Die Verteilung von Beilagen hat Ginap weitgehend herunter gefahren, er bezweifelt die Wirksamkeit dieses Mediums zumindest für sein Geschäft. Dafür setzt er mehr auf Direct-mailing. Zwei- bis dreimal im Jahr spricht er je nach Anlass zielgerichtet spezielle Kunden an und macht sie auf besondere Angebote aufmerksam. In der elektronischen Kundendatei pflegt Ginap dafür sehr genaue Informationen, welcher Kunde wann welche Artikel gekauft hat. Streuverluste können so minimiert werden.

Auch in diesem Jahr rechnet Ginap mit einem Umsatz von rund 750.000 Euro im AEZ. Angesichts der Zahlen in der Branche wertet er dieses Pari durchaus als Erfolg. Vor allem, wenn er die aktuellen Zahlen mit denen des früheren Geschäfts im Obergeschoss vergleicht. "Demgegenüber haben wir unseren Quadratmeter-Umsatz fast verdoppelt." Für den Firmeninhaber hat sich damit das Wagnis einer Neuausrichtung des Geschäfts gelohnt. Huntenburg ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil im Mietermix des AEZ.
aus Haustex 11/05 (Handel)