Lenffer in Hamburg
Von diesem Fachgeschäft können wir alle lernen
Hamburg - Sein Unternehmens-Credo lautet "Wer nicht genießt, ist ungenießbar": Seit fünf Jahren ist Laurenz Lenffer der Geschäftsführende Gesellschafter bei "Lenffer - The Premium Store" in Hamburg. Zum alt eingesessenen Lenffer-Stammhaus hat sich seit wenigen Monaten ein neuer "szenigerer" Living-Shop gesellt, mit dem neue Käufergruppen erschlossen werden. Lenffer ist ein GPK-Fachhändler. Trotzdem sollten Sie diese Geschichte aufmerksam lesen.
Wir wollen den Wunsch unserer Marken und unserer Kunden nach inspirierenden Räumen, nach Erlebniswelten auf höchster Ebene, so gut wie möglich umsetzen", meint Lenffer. Dieses besondere Gewicht auf die Gestaltung einer wertigen Erlebniswelt rund um die Tischkultur wird nicht nur im Stammhaus deutlich, sondern auch im jüngsten Expansionsschritt des Traditionsunternehmens.
Seit rund einem Jahr bildet "Alles für die hochwertige Tischkultur" einen Schwerpunkt im vierten Stock des neu gestalteten Edelkaufhauses Alsterhaus am Hamburger Jungfernstieg, zentral platziert auf der Flanier- und Einkaufsmeile direkt an der Binnenalster. Wer sich in Hamburg nicht auskennt: Es sind nur einige hundert Meter Fußweg vom Lenffer-Stammhaus in der Straße Großer Burstah bis zur neuen Lenffer-Verkaufsfläche im Alsterhaus.
Was auf den ersten Blick wohl für Verwunderung sorgt, erklärt eine genauere Analyse; denn die Gewichte - will sagen: vor allem die Wege der Kunden - haben sich in der Vergangenheit verschoben: Die Straße des Lenffer-Stammhauses war während und in den ersten Jahren nach der Firmengründung eine Haupt-Einkaufsmeile Hamburgs (damals gab es etwa auch noch nicht die Bedeutung der Mönckebergstraße) - diese Zeiten sind längst vorbei. "Der Große Burstah hat heute Frequenzprobleme", weiß Lenffer und schätzt den Standort selbstkritisch als "vielleicht noch 2a- oder 2b-Lage" ein. Das mag für die Stammklientel oder Kunden mit festen Kaufzielen kein Problem sein - nur mit der Gewinnung neuer, anderer und jüngerer Zielgruppen wird es so schwer.
Handwerker draußen und drinnen
"Wir müssen näher an potenzielle Kunden heran", hat Lenffer deshalb einerseits erkannt - und war sich außerdem sicher, andere "szenigere" Wege auf neue Zielgruppen zugehen zu müssen, denn "eigentlich verkaufe ich in ohnehin schon randvolle Schränke hinein". Lenffer hat also seine Zukunft fest im Blick - und nahm für diese Zukunftsaussichten mutig auch die Unannehmlichkeiten einer "doppelten Baustelle" in der Gegenwart in Kauf.
Denn nicht genug damit, dass die Stadt Hamburg dem Jungfernstieg im Frühjahr und Sommer 2005 ein neues und moderneres Gesicht verpasste: Auch das Alsterhaus wurde bis zur offiziellen großen Wiedereröffnung Anfang September mehrere Monate lang in allen Stockwerken komplett umgebaut. Bei laufendem Verkaufsbetrieb arbeiten zahlreiche Handwerker im Gebäude, weil auch Eigentümer Karstadt/Quelle hier investiert, um das Alsterhaus (wieder) zu einem Flaggschiff und "Schaufenster" der Gruppe zu machen. Das ein wenig in die Jahre gekommene Edelkaufhaus will dann kein klassisches Warenhaus mehr sein, sondern sich zu einem Themen- und Konzepthaus ausschließlich für die schönen Dinge im Leben weiter entwickelt haben. "Wir wollen uns der Herausforderung stellen, Tradition und Moderne in einer noch nie dagewesenen Form zu verbinden", skizziert Alsterhaus-Geschäftsführerin Claudia Leske das Ziel der Umbaumaßnahmen.
In diesem "neuen Alsterhaus" also hat Lenffer bereits seit vergangenem Herbst, zusätzlich zum Stammhaus, seinen Platz. In der obersten Etage, wo die Kunden etwa auch das Restaurant, ein Ticket-Center oder eine Feinkost-Abteilung finden. Vertraglich fixiert sind dabei die Größe und der Standort, die Ausgestaltung seines Living-Shops veranlasste Lenffer selbst. "Exklusiv, individuell und innovativ" - so lautet das Leitmotiv der rund 900 qm großen neuen Verkaufsfläche im "Shop in Shop"-System. Dazu wurde das Sortiment um trendige Lifestyle-Produkte für ein schöneres Zuhause erweitert. Viele Marken finden sich zwar sowohl im Stammhaus als auch auf der neuen Lenffer-Fläche im Alsterhaus; Sortimentszusammenstellung, Platzierung und Ambiente unterscheiden sich jedoch stark voneinander.
Für Lenffer ist der neue Living-Shop, der in Hamburg ein völlig neues Einkaufserlebnis schaffen soll, "ein weiterer Schritt in die Zukunft unseres Unternehmens". Während im Stammhaus überwiegend Porzellan, Bestecke und Glaswaren verkauft werden (also ein klassischer "GPK"-Fachhändler), liegt auf der neuen Fläche im Alsterhaus der zusätzliche Schwerpunkt auch bei der Präsentation von Tischwäsche und Accessoires. Geführt werden außerdem Themenkonzepte, Blumenarrangements sowie ein - je nach Jahreszeit - wechselndes Sortiment von Saisonartikeln. Sessel, Kissen, Möbel, Teppiche, Stühle oder Stoffe werden nicht im Stammhaus, sondern nur im Alsterhaus verkauft. "Bei unserem neuen Verkaufskonzept kann der Kunde probieren, riechen, schmecken und fühlen - ganz wie daheim", sagt er.
Vor allem ein jüngeres Publikum, mehr Touristen und Spontan-Shopper als im eher "traditionellen" Stammhaus will der Lenffer-Chef am neuen Standort verstärkt ansprechen. Dafür hat er sich erstens eine der besten Einzelhandelslagen Deutschlands - und zweitens mit der Schweizerin Andrea Limberger eine renommierte europäische Stylistin gesucht, die mit saisonal wechselnden Sortimenten für Aufmerksamkeit sorgen will.
Und die Erfahrungen nach einem knappen Dreivierteljahr im Alsterhaus? "Wir haben viele Dinge gelernt und neu erfahren" bilanziert Lenffer. Das Arbeiten mit einer professionellen Warenwirtschaft oder die Etablierung eines effektiven Organigramms (anstelle der klassisch-familiär gewachsenen Strukturen des Stammhauses) gehören für ihn beispielsweise dazu.
Konzentration auf das Wesentliche
Auch im Stammhaus wurden in der Vergangenheit neue Wege beschritten - wenn auch nicht ganz so "radikal" wie auf der Fläche im Alsterhaus: "Für unser Handelshaus ist die richtige Auswahl und das Gespür für gute Marken entscheidend", weiß Laurenz Lenffer. Deshalb wurde das Sortiment vor einigen Jahren auf wenige, qualitativ hochwertige Marken beschränkt. Zeitgemäße Straffung also bei gleichzeitiger Vertiefung - wenn ein Hersteller bei Lenffer vertreten ist, dann komplett: Das früher schon bis zu 60 Hersteller umfassende Warenangebot wurde auf das Angebot von etwa 25 international bedeutenden Marken reduziert. Diese gewollte Konzentration soll Kompetenz und Vertrauen beim Kunden schaffen - denn wer mit dem Produkt einer bestimmten Marke zufrieden ist, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wieder auf Erzeugnisse genau dieser Marke zurückgreifen. Nicht unwichtiger Nebeneffekt: Diese Strategie erleichtert es außerdem den Mitarbeitern bei Lenffer, sich etwa auf bestimmte Produktmerkmale zu spezialisieren und somit dem Kunden eine umfangreiche und fundierte Beratung zu geben: "Wenige Markennamen mit einem tiefen Sortiment, statt breiter Markenvielfalt - das sorgt auch für Kundenzufriedenheit", fasst Lenffer zusammen.
Stichwort "Kundenzufriedenheit". Was in diesem Bereich heute inzwischen vielerorts üblich ist, wurde im Hause Lenffer oft schon seit einem längeren Zeitraum vorexerziert. Damals bestaunt oder gar belächelt: Schon 1978 wurde die Bewirtung von Kunden mit Wein, Prosecco, Fruchtsäften oder Mineralwasser eingeführt - und inzwischen zusätzlich um ein Espresso-System ergänzt. Und bereits seit 1989 werden die Geschenkwünsche von Brautpaaren auf dekorierten und großzügig verteilten Hochzeitstischen präsentiert (bis dahin war es in der Branche durchaus noch üblich, die gewählten Präsente in Platz sparenden Regalen oder Listen zu offerieren). Manchmal bis zu 130 Hochzeitstische innerhalb eines "gefragten" Heiratsmonats zum Beispiel im Frühjahr sprechen da Bände.
Weitere Expansionsschritte
Durch die neue Fläche im Alsterhaus gewann Lenffer also jede Menge Know-how - was sich in den nächsten Jahren noch auszahlen soll: Im Herbst kommenden Jahres wird im Hamburger "Alstertal-Einkaufszentrum" (AEZ) eine 400 qm große Fläche neben dem Haupteingang im Erdgeschoss eröffnet. Und wenn im Frühjahr des übernächsten Jahres die schon lange geplante neue "Shopping Mall" am Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel endlich der Eröffnung entgegensieht, will der umtriebige Unternehmer auch dort mit einer Verkaufsfläche von etwa 150 qm mit dabei sein. Mittelfristig plant der Firmenchef damit wieder das, was es schon einmal gegeben hat (siehe Kasten "Historie"): Eine kleine Lenffer-Filialkette - wenn auch mit ganz anderen Vorzeichen als in der Vergangenheit.
Lenffer - Daten und Fakten
Umsatz 2004: 7,1 Mill. Euro
Aktuelle Umsatzverteilung: 55 Prozent Stammhaus, 25 Prozent "B to B", 20 Prozent "Alsterhaus" (stark wachsend)
Mitarbeiter: 45
Fläche Stammhaus: 1.000 qm Lager, 1.400 qm Verkauf, 500 qm Verwaltung
Alsterhaus-Investitionen: 1,4 Mill. Euro (Ladenbau, Produkte)
Lenffer - Die Historie
Lenffer in Hamburg besteht seit mehr als 40 Jahren. Lothar Lenffer, der Vater von Laurenz Lenffer, gründete die Firma 1963 im Alter von 24 Jahren: Damals verkaufte er für den Start als Unternehmer seinen VW Käfer - und startete sein Geschäft mit nur wenigen Waren als Porzellan-Restpostenverkauf auf einem Tapeziertisch am Sonntag während des Hamburger Fischmarkts.
Die ersten festen Ladenstandorte hatten nicht lange Bestand; der junge Unternehmer fand mit der Straße "Großer Burstah" erst 1967 seinen endgültigen Platz in Hamburg. Aus dem bescheidenen Start des heutigen Unternehmens "Porzellanhaus Lenffer & Sohn KG" in einem kleinen Laden gegenüber dem 1978 bezogenen heutigen Stammhaus (mit einer Verkaufsfläche von nur 120 qm). sind bis heute deren fast 3.000 (verteilt auf zwei gemietete Stockwerke der Hausnummer 31) geworden.
Im Jahr 1972 gründete Lothar Lenffer zusammen mit Kollegenbetrieben die heute noch bestehende "Einkaufsgruppe Nord". Sein Sohn Laurenz Lenffer stieg im Jahr 1989 in das elterliche Unternehmen ein. Sieben Jahre danach übergab Lenffer senior das Geschäft an seinen Sohn; zuerst hielt dieser einen Anteil von 49 Prozent. Am 65. Geburtstag des Unternehmensgründers vor zwei Jahren "drehten" sich dann die Mehrheitsverhältnisse um. Aber auch heute noch arbeiten sowohl Lenffer senior als auch Lenffer junior beide im Unternehmen: "Wir profitieren davon, dass zwei Familien, zwei Generationen im Geschäft sind", sagt der Sohn dazu.
Beide Etappen der Geschäftsübergabe von Lothar an Laurenz Lenffer liefen ab, ohne dass dieser dafür einen Kaufpreis zahlen musste. Laurenz Lenffer hatte also die Möglichkeit, zu investieren - und er nutzte sie. Der Umbau des Stammhauses oder die Konzentration auf den Bereich Tischkultur sind nur einige der Meilensteine jener Jahre. Die Innovationen der Vergangenheit - wie Kundenbewirtung oder Hochzeitstische - waren dabei außerdem auch Verpflichtung für die Zukunft: Der "virtuelle Hochzeitstisch" steht mittlerweile auch im Internet; und auch der Kauf per Versand wurde durch Anzeigen in Food-Zeitschriften möglich gemacht.
In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es neben dem Standort im Großen Burstah zeitweise bis zu sieben Filialen, verteilt in ganz Hamburg. Diese wurden jedoch nach und nach geschlossen und das Geschäft zunächst überwiegend auf das Haupthaus konzentriert. Ergänzend gibt es aber seit einigen Jahren im Unternehmen das Konzept "Lenffer on Tour". Hinter dieser "Expansion auf begrenzte Zeit" steht die Idee, auf vorübergehend leerstehenden Gebäudeflächen in Hamburg und Umgebung für eine Übergangszeit (ohne größere Risiken durch langfristige Mietverträge) neue Themenkonzepte vorzustellen und auszuprobieren. Die dabei gemachten Erfahrungen sind überwiegend positiv: "Auf diese Weise haben wir unseren Bekanntheitsgrad erhöht, sprechen neue Kundenschichten an und testen neue Standorte" urteilt Lenffer.
aus
Haustex 12/05
(Handel)