Keschan - Fachinformationen
Teppich für jeden Anspruch
Die Provenienz Keschan ist eine der bekanntesten und renommiertesten aus der riesigen Palette der Perserteppiche. Sie gilt Fachwelt und Laien als ansprechend und qualitativ grundsolide. Hochwertige Keschan, insbesondere ältere Stücke, haben nach wie vor ihren Preis. Altknüpfungen gewinnen in letzter Zeit wieder an Wert und sind oft die Highlights wohlüberlegt zusammengestellter Orientteppich-Einrichtungen.
Die Provenienz Keschan ist eine der bekanntesten und renommiertesten aus der riesigen Palette der Perserteppiche. Sie gilt Fachwelt und Laien als ansprechend und qualitativ grundsolide. Hochwertige Keschan, insbesondere ältere Stücke, haben nach wie vor ihren Preis. Altknüpfungen gewinnen in letzter Zeit wieder an Wert und sind oft die Highlights wohlüberlegt zusammengestellter Orientteppich-Einrichtungen. Die Geschichte dieser Provenienz ist weit zurückzuverfolgen und offenbart sich bereits in dem berühmten Holy-Carpet, der im "Victoria und Albert Museum", in London ausgestellt ist. Als wahrhaftiger Klassiker bürgt der Keschan für gleichbleibende Nachfrage und darf in keinem Orientteppich-Sortiment fehlen. Der ständige Bedarf hat allerdings auch bewirkt, dass er mit zu den am häufigsten in anderen Knüpfländern aber auch in provenienzfernen Gegenden im Lande selbst kopierten Orientteppichen gehört.
Da es keine offizielle Transskription der persisch-arabischen zur deutsch-lateinischen Schrift gibt, findet man unterschiedliche Schreibweisen wie: Keschan, Keshan, Kaschan und Kashan. Entsprechend der Lautmalerei vor Ort, ist die Aussprache Keschan vorzuziehen. Das zweisilbige Wort wird auf der ersten Silbe betont.
Wie bei vielen anderen Perserprovenienzen auch, ist der Ort Keschan Stapelplatz und von daher Namenspate für alle im Umland geknüpften Teppiche. Die Sammelbezeichnung erstreckt sich auf etwa achtzig Dörfer und Flecken, deren wichtigste Abusaidabad, Aliabad, Armak, Aroun (heute fast ein Vorort von Keschan), Chonsar, Fin, Kamsahr, Hataris, Nasirabad, Nischkahn, Nuschabad, Rahak, Ravand, Tahirabad und Vasvan sind. Ferner wäre noch das weit südöstlich gelegene Natanz zu nennen. Kopien mit Keschan-Dessins kommen aus Ardekan, Ardestan und eine minderwertige Qualität aus Yasd und Umgebung.
Abgesehen von den Importen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, blicken wir im Nachkriegsdeutschland bei Orientteppichen inzwischen auf eine Nutzungszeit von etwa fünfzig Jahren täglichen Gebrauchs. Als einer der beliebtesten Orientteppiche hat der Keschan diese Strapazen mit am unbeschadetsten überstanden. Immer wieder hört man Besitzer, die außerordentlich zufrieden und auch mit einem gewissen Stolz verkünden, daß von all den Teppichen in ihren Zimmern gerade ihre Keschans noch nach Jahrzehnten aussehen wie am Tag des Erwerbs. Bei bedächtiger Pflege und mäßigem Staubsaugereinsatz werden diese Widerstandsfähigen sicher noch eine weitere Generation überdauern und bei der sich momentan abzeichnenden Preisentwicklung im Iran künftig wohl doch noch zur soliden Wertanlage anwachsen.
Unter den zahlreichen persischen Teppichprovenienzen gilt der Keschan als einer der unverzichtbaren Klassiker und darf in keinem Sortiment fehlen. Um seine Spitzenstellung und seinen Qualitätsanspruch auch gegenüber dem Laien zu verdeutlichen, wird er im Handel bisweilen scherzhaft als der Mercedes unter den Handgeknüpften bezeichnet, was ihm - gewiss etwas profan aber sehr signifikant ausgedrückt - zur Ehre gereicht. Als Original-Keschan ist er einer der widerstandsfähigsten Orientteppiche, der zugleich aufwendig und sehr traditionsverhaftet gemustert ist. Die Hauptgrundfarben sind Rot, gefolgt von Dunkelblau, Beige-Elfenbein und einem fahlen Schilfgrün.
Der Ort Keschan kann auf eine sehr alte Textiltradition verweisen, die bereits in Reiseberichten des 16. und 17. Jahrhundert erwähnt wird. Die Handwerker dieser Stadt am Westrand der Großen Salzwüste, Dascht-e-Kavir, waren einst berühmt für ihre hervorragenden Webstoffe aus Baumwolle und aus Seide. Im 16. Jahrhundert etablierten die kunstsinnigen Safawidenkönige, Abbas I. (1587-1529) und Abbas II. (1642-1667) hier anfangs Seidenwebereien, bald darauf dann auch Teppichknüpfmanufakturen, die zu höchster Blüte gelangten. Schah Abbas I., genannt der Große - er gilt als einer der bedeutendsten Förderer der persischen Kunst, insbesondere der Teppichknüpfkunst -, ist in einem prächtigen Mausoleum in Keschan bestattet.
Einen bedeutenden Hinweis auf die kunsthistorische Teppichbedeutung Keschans enthält der "Holy Carpet" aus der Moschee von Ardebil. Er ist im Victoria- und Albertmuseum, London ausgestellt. Die Schriftkartusche dieses riesigen, über sechzig Quadratmeter großen Prachtteppichs, gibt Namen und Herkunft des Knüpfers wieder: Maqsud Keschani. Die persische Endung "i" kommt der im Deutschen gebräuchlichen Präposition "von/aus" gleich und bedeutet demnach "Maqsud aus Keschan".
Wenn auch allein mit der Namensendung kein endgültiger Beweis anzutreten ist, dass dieser Palastteppich wirklich in Keschan geknüpft wurde, so ist damit doch hinreichend belegt, dass dieser begnadete Teppichknüpfer, höchstwahrscheinlich der Atelierchef, zumindest in Keschan wirkte. Ein weiterer Zeitzeuge ist der berühmte Wiener Jagdteppich aus dem 16. Jahrhundert, der wahrscheinlich ebenfalls eine Knüpfung aus Keschan ist.
Überliefert ist ferner, dass der schwedisch-polnische König Sigismund III. (1566-1632), über den Kaufmann Muratowitz Teppiche in Keschan bestellte - in der Literatur bekannt als "Polenteppiche" - und deren Herstellung vor Ort in Keschan von seinem Orientreisenden überwachen ließ. Die Knüpftradition scheint später aber einen Bruch bekommen zu haben, denn aus den Jahrhunderten danach lassen sich Keschans nicht mehr eindeutig nachweisen. Das änderte sich schlagartig in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als neue Manufakturen in Keschan eröffnet wurden, die dann vornehmlich den Export bedienten.
Der eigentliche Aufschwung begann Ende des 19 Jahrhunderts, als man gezwungen war, nach neuen Erwerbsquellen zu suchen. Auslöser war der unvermittelte Zusammenbruch der ortsansässigen Handwebindustrie. Die Importe weitaus preiswerterer Stoffe, vornehmlich aus England, machte die Handwerker und Unternehmer brotlos und zwang sie, nach neuer Beschäftigung zu suchen. Man sattelte um auf Knüpfteppiche. A. Cecil Edwards, einer der bemerkenswertesten Kenner der Materie, schildert in seinem erstmalig 1953 erschienenen Buch "The Persian Carpet", dass eine gewisser Hadji Mollah Hassan in Keschan zu dieser Zeit der Wiederbelebung der Knüpfkunst die ersten Teppiche mit importierter australischer Merinowolle knüpfen ließ.
Eigentlich war die Wolle vorgesehen zum Weben von Tuchen, für die aber plötzlich keine Absatzmöglichkeit mehr bestand. Seine Frau, eine geschickte Knüpferin aus Arak-Sultanabad, verknüpfte die überzähligen Garne in einem Teppich.
Der velvetartige Flor, die handwerklich hervorragende Ausführung des Dessins und die gelungene Farbkomposition fanden allgemeines Lob der ansässigen Fachleute. Diese erste Initiative scheint derart anregend gewesen zu sein, dass bald alle arbeitslosen Weber Teppiche knüpften.
Kurz darauf gründeten sich so renommierte Manufakturen wie Ateschoghli, Burudjirdi (vorrangig mehr ein Handelshaus), Tabatabai, Mohtascham, Dabir-Sanayeh, Gastelli & Sadaghiani, Ghaffari, Ghotbi, Golhaneh, Taftchandjian und Kasan, übrigens ein Verwandter des kürzlich verstorbenen Hollywoodregisseurs Elia Kasan. Etliche dieser Manufakturen haben zwar inzwischen die Pforten wieder geschlossen, ihre Knüpfungen jedoch lassen die berühmten Namen weiter leben und Kenner immer wieder aufhorchen.
Besonders die Arbeiten der Spitzenmanufakturen Mohtascham und Dabir-Sanayeh sind gesucht und zählen heute mit zum Begehrtesten, was der Orientteppich-Antiquitätenmarkt zu bieten hat. Eine andere Manufaktur mit Namen Schadssar produziert eher solide Konsumware und signiert ihre Keschans sowohl oben als auch unten mittig in jeweils einer, in den Bordüren angeordneten Schriftkartuschen.
Im zweiten und dritten Viertel des 20. Jahrhunderts kamen die Billigqualitäten überwiegend aus Aroun, quasi ein Vorort von Keschan und eigentlich eine eigenständige Provenienz. Die Arouns unterscheiden sich durch eine körnigere Knüpfung, oftmals gelbe Linienführungen und bisweilen ein gelbstichiges Rot. Sie sind heutzutage eher selten anzutreffen.
Die beim Verbraucher beliebten Keschan-Teppiche kommen in allen Größen vor: Vom kleinsten Poschti (ca. 040 m x 0,60 m) über die bekannten Brückenformate Sartscharak (ca. 0,80 m x 1,30 m), Saronim (ca. 1,00 m x 1,50 m), Dosar (ca. 1,30 m x 2,10 m) und Pardeh (ca. 2,40 m x 1,40 m), sowie in allen gängigen Teppichformaten bis hin zu gewaltigen Übergrößen. Quadratische Abmessungen älterer Keschans sind äusserst selten. Sie finden sich jedoch in guter Sortierung unter der neuen Produktion.
Keschan-Läufer sind hingegen relativ rar und in den gehobeneren Qualitäten entsprechend hoch dotiert. Neudings werden hier aber auch Billgiqualitäten angeboten.
Recht eigentümlich ist, dass nur wenige Keschan-Saronims geknüpft werden. Hochwertigere Dozar-Brücken werden oft paarweise geknüpft, also als Zwillinge, die Persisch "Djufti" (nicht zu verwechseln mit dem Djufti-Knoten) genannt werden und zusammenhängend als Paar im Iran höher bewertet werden als aufgeteilt in Einzelstücke.
Geknüpft wird am vertikalen Knüpfstuhl in Manufakturen, Kleinateliers und sehr stark im Hausfleiß. Es knüpfen ausschließlich Frauen, die den Persischen Knoten verwenden, der auch Senneh-Knoten, Farsibaff oder Asymmetrischer Knoten genannt wird.
Die Grundgewebe (Kette und Schuss) sind aus Baumwoll- oder Seidengarnen. Nach jeder Knotenreihe trägt man jeweils zwei Baumwollschüsse ein, von denen einer meist blau eingefärbt ist. Man spricht hier von Doppelschussware. Einer der Schüsse ist je nach Knotendichte auf der Rückseite mehr oder weniger deutlich zwischen den Knotenreihen sichtbar und hilft bei der Zuordnung. Meist wird oben und unten ein mehrschüssiger Kelimansatz in Leinenbindung vorgewebt.
Die Knüpfung ist fest, fast brettig, der Flor stark geneigt, wodurch ein deutlich zu fühlender, bürstiger Strich entsteht. Bei Billigqualitäten steht der Flor steiler. Er kann sowohl aus Schafwolle, als auch aus Reiner Seide sein. Neuerdings ist der Flor feinerer Knüpfungen hin und wieder mit Seidenapplikationen, die Musterränder mit Seidenkonturen verziert. Ein Keschan gehobener Qualität sollte gut über 300.000 Knoten/qm liegen. Nach oben sind zwar keine Grenzen gesetzt. Feinheiten über 500.000 Knoten/qm sind jedoch äusserst selten. Selbst Seidenbrücken übersteigen kaum einmal die 650.000 Knoten/qm.
Zwar behauptet die Legende, daß Keschan - gelegen am Westrand der Großen Salzwüste Dascht-e-Kavir - einst von Sobeida, der Lieblingsfrau Harun-al-Raschids (786-809) gegründet wurde. Der Ort ist jedoch weitaus älter. Bereits in achämenidischer Zeit, also ab etwa 600 v. Chr., befand sich hier eines der bedeutendsten Zentren der altpersischen Religionsgemeinschaft Zarathustras.
Einige Religionswissenschaftler vermuten sogar, daß einst die Heiligen Drei Könige, Kaspar, Melchior und Balthasar - auch bekannt als persische Magier -, von hier aus ins Heilige Land aufbrachen und dem Stern von Bethlehem folgten, um dem Jesuskind zu huldigen. Ihre Gebeine ruhen seit 1164 als größte Reliquie der Christenheit in einem Schrein im Kölner Dom. Dieser wenig bekannte, wohl auch verblüffend Zusammenhang, mag dort ansässige Anbieter veranlassen, die Kölner zu motivieren, ihre Wohnungen doch mit einem Teppich aus Keschan zu schmücken.
1224 machten die Mongolen Djingis Chans (1156-1227) die prosperierende Stadt dem Erdboden gleich. Sämtliche Einwohner Keschans wurden gemeuchelt. Der Ort brauchte lange, um sich von diesem furchtbaren Aderlass zu erholen.
Der Musterduktus der Keschans ist überwiegend floral und meist vierersymmetrisch konzipiert, sehr selten asymmetrisch, es sei denn, es handelt sich um Bilder. Ein Musterkomplex, für den Keschan berühmt ist. Es kommen aber auch geometrische Dessins und solche mit nur einer Längssymmetrieachse vor, insbesondere bei Brücken. Das häufigste Keschan-Dessin, das klassisch anmutende, weitverbreitete Latschak-Torandj, wiederholt - traditionell gestaltet - in den Innenecken zu je einem Viertel die Farbabfolge der Passen des Mittelmedaillons (Bildhinweis/Ausschnitt). Gesamtkonzeption und Details der Muster mit ihren Ranken und den Schah-Abbas-Blüten (Lupe) folgen auch heute noch treu der safawidischen Kunstepoche des 16. bis 17. Jahrhunderts.
Ein seltener auftretendes, geometrisch konzipiertes und für Keschan eher fremdartig erscheinendes, abstrahiertes Pflanzenmuster, das meist auf hellem Grund mit vielen Gelbanteilen geknüpft ist, wird "Schach-e-Schekase" genannt, zu Deutsch etwa zu übersetzen mit "gebrochener Zweig / Horn".
Das so genannte "Hadj-Chanum-Dessin" zeigt geometrisierte, längssymmetrisch angeordnete Blütenbouquets in einer zentral plazierten Vase. Es scheint in Verehrung zu einer nach Mekka gepilgerten, hochgestellten Dame entwickelt worden zu sein. Im Deutschen wird dieses Dessin häufig auch Vasen-Muster oder Vasen-Keschan genannt.
Ein weiteres, vierersymmetrisches Dessin mit deutlich dominierenden, dass Innenfeld berankenden Weinblättern wird Persisch "Barghe-Moohi" genannt, zu Deutsch: Weinlaub. Auch die Bezeichnung Keschan-Muhi ist üblich. Dieses herausstechende Dessin mit dem kreisrunden Medaillon gibt in recht naturalistischer Form sich um das Rundmedaillon rankende Weinblätter wieder.
Da es in dieser Form nur in Keschans gestaltet wird, ist anzunehmen, dass es auch in dortigen Zeichenateliers entstand. Weinblätter symbolisieren im Abendland Weingenuss. Der aber ist den Muslims untersagt. Die Weinblätter stehen deshalb für die Süsse der Rosinen, die der Iran in großen Mengen exportiert. Überwiegend ist das Moohi-Dessin zwar rotgrundig, man trifft bisweilen vereinzelt auch auf beigegrundige Stücke.
Alle diese Muster, die so gar keine Verwandtschaft mit den traditionellen Keschan-Dessins zeigen, sind jedoch an Hand ihrer typischen Knüpfung der Provenienz Keschan zuzuordnen.
Allover gemusterte Keschan-Dessins, oft wird das Darbari-Dessin, zu deutsch Palast-Dessin, gestaltet, werden als "Afschan" - auch Awshan geschrieben - bezeichnet.
Solche mit ungemustertem, unifarbenem Innenfeld, dem sogenantem Spiegel, heißen (Keschan)-"Kafsadeh". Diese Musterbezeichnung geht wahrscheinlich auf einen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkenden Teppichdessinateur aus dieser Region zurück.
Seit gut dreißig Jahren bietet der Markt auch hellgrundige Keschans, die entweder florale Dessins mit zentralem Medaillon zeigen , jedoch auch allover mit Botehs gemustert sind. Bei uns findet man für diesen Keschantyp manchmal die Bezeichnung Natanz. Das ist nur bedingt richtig, denn in Natanz werden sämtliche Keschan-Dessins geknüpft, allerdings in einer gröberen Knüpfeinstellung, die um 180.000 bis maximal 250.000 Kn./qm liegt. Demzufolge stammen viele Keschans dieses Typs aus dem etwa achtzig Kilometer südöstlich an der Strecke nach Yasd gelegenen Ort. Aufgrund ihrer zurückhaltenden, lichten Farben und der Hellgrundigkeit sind diese Keschans derzeit beim Verbraucher recht beliebt.
Eine eigenständige, sehr hochwertige Qualitätsgruppe bilden die so genannten Kork-Keschans, die mit besonders feinfädiger Florwolle, hauptsächlich im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts speziell für den Export nach Amerika geknüpft wurden. Dies hängt sicher mit dem bereits weiter oben erwähnten Posten feinfädiger Merinowolle zusammen. Zu dieser Gruppe gehören auch die so genannten "Amerikanischen"-Keschans, deren Muster und Farbkonzeption in Rot-Blau und ohne betonte Mittelmotive eigens für den Export nach Amerika entworfen wurden. Ein besonders schönes Exemplar ist der hier abgebildete Übermaß-Keschan aus der Manufaktur von Kazan mit der entsprechenden Schriftkartusche. Leider ist die Qualitätsbezeichnung "Kork" normativ nicht gesichert und deshalb inzwischen sehr verwässert. So ist längst nicht alles Korkwolle, was dafür ausgegeben wird.
Besonders mit seinem weitverbreiteten Latschak-Torandj-Dessin gilt der Keschan als einer der begehrtesten Teppiche. Das hat dazu geführt, daß dieses Traditionsmuster seit Jahren auch in Ardekan, jedoch in einer gröberen Knüpfeinstellungen um 200.000-250.000 Knoten/qm nachgeknüpft wird. Dieser Ort liegt etwa hundertdreißig Kilometer südöstlich von Keschan an der Strecke nach Yasd. Ausser an der gröberen Knüpfung sind die Ardekan-Keschans nur an der meist etwas lichteren Farbgebung zu erkennen, die bisweilen ein wenig gelbstichig wirkt. Noch eine Qualitätsstufe darunter werden die selben Latschak-Torandj-Dessins in der Provinzhaupstadt Yasd geknüpft. Diese Teppiche sind einerseits an der bürstig-strohigen Florwolle erfühlbar, zusätzlich aber auch an dem auf der Rückseite deutlich sichtbaren Schuß zu erkennen, der durch die grobe Knüpfung entsteht. Die Knüpfdichten dieser Yasd-Keschans liegen nur um 150.000 Knoten/qm. Genaugenommen dürften sie als weitab der Originalregion hergestellte Stücke gar nicht die Herkunftsbezeichnung Keschan tragen. Zudem drückt solches Hochloben von Unterqualitäten auf das Image der wegen ihrer geachteten Qualität sonst hochangesehenen Keschans. Zu besseren Differenzierung sollte der Handel diese Unterqualität mit der Zusatzbezeichnung Yasd-Keschan anbieten.
Im Spitzenbereich wurden Keschan-Dessins in den dreißiger bis vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in der westlich von Teheran gelegenen Stadt Ghazwin in hervorragender Qualität nachgeknüpft. Im Vergleich zum Keschan sind die oft zum Verwechseln ähnlich aussehenden Ghazwins jedoch voluminöser, höher und steiler im Flor. Sie kosten heutzutage erheblich mehr als die Original-Keschans. Außerdem sind sie oft an ihren abweichend vom Keschan gestalteten Mitläuferbordüren zu erkennen.
Seit gut dreißig Jahren werden Keschan-Dessins in Indien in der Regionen Badohi-Mirzapour, sowie in den Städten Agra und Jaipur - dort auch zu Zeiten des Amerikaknüpfbooms - und neuerdings auch in China nachgeknüpft. Letztere haben aber noch keine Marktbedeutung. Zwar nähern sich ihre handwerklich-technische Gegebenheiten der Originalknüpfung an. Mit ihrer meist sanfteren Farbgebung, den bisweilen stark veränderten Dessins, dem unterschiedlichen Flormaterial - es werden ausschließlich indische und Importwollsorten verknüpft - weichen sie jedoch recht deutlich vom Original ab. Ausserdem werden auch solche Indo-Knüpfungen als Keschan-Dessins vermarktet, die häufig gar keine Dessinverwandtschaft mehr mit dem Original aufweisen. Sie stellen somit gewissermaßen eine Ergänzung zur Originalprovenienz dar. Damit auch der Laie die Nachknüpfungen vom Original zu unterscheiden vermag, muss nach EU-Recht grundsätzlich die Zusatzbezeichnung "Indo" und die Angabe der Ursprungslandes etikettiert werden.
aus
Heimtex Orient 04/04
(Teppiche)