Frankfurt bleibt bedeutender Teppichumschlagplatz
Kein gemeinsamer Standort für alle Importunternehmen
Einst konnte Frankfurt stolz auf die internationale Bedeutung als Handelsplatz für handgefertigte Teppiche verweisen. Firmen wie Damoka oder die Deutsch-Asiatische Handelsgesellschaft waren Aushängeschilder und lockten Teppicheinkäufer aus aller Welt in die Hessenmetropole am Main. Im Westhafen stand eine Orientteppich-Importfirma neben der anderen. Doch das ist Ruhm vergangener Tage. Die Lagerhäuser im Westhafen gibt es nicht mehr. Viele Orientteppich-Importeure haben aufgegeben oder Frankfurt verlassen. Dennoch ist der Raum Frankfurt nach Hamburg noch immer der zweitwichtigste Umschlagplatz für handgefertigte Teppiche in Deutschland.
Es war eine hektische Zeit in den letzten Monaten des Jahres 2001 und dem Beginn des Jahres 2002. Zwar stand schon lange fest, dass die Lagergebäude im Westhafen Büro- und Wohnneubauten weichen müssen. Die ersten Häuser waren bereits abgerissen worden. Doch hatten noch längst nicht alle Orientteppich-Importeure neue Standorte gefunden. Die Stadt Frankfurt hatte immer wieder versprochen, sich um ein neues Orientteppich-Zentrum zu bemühen, aber es blieb bei den Versprechungen. Auch unter den Orientteppich-Importeuren selbst herrschte keine Einigkeit. Umzugspläne in Richtung Flughafen waren ebenso im Gespräch wie ein Zentrum im Osten der Stadt. Peter Mauch, Inhaber der Firma Orim, erinnert sich noch heute mit Schrecken daran, wie der Auszugstermin immer näher rückte, Mietverträge für in Aussicht gestellte neue Räume vom Vermieter aber noch nicht unterschrieben waren und Renovierungsarbeiten in der möglichen neuen Bleibe auch noch erledigt werden mussten.
Nach dem ganzen Chaos entstanden dann im Endeffekt in Frankfurt zwei Teppichschwerpunkte: Einige Teppichimporteure fanden in der Gutleutstraße und Nebenstraßen, nur wenige hundert Meter vom ehemaligen Westhafengelände entfernt, ein neues Domizil. Andere ließen sich in Frankfurt-Fechenheim im Gewerbegebiet Ost nieder. Wieder andere Firmen hatten voraus planend Frankfurt ganz verlassen. So hatte ABC Orientteppiche - heute ABC Art International - ein eigenes Gebäude in Dreieich-Buchschlag bezogen und Ganzert - heute Makalu Design - war nach Offenbach umgesiedelt.
In Frankfurt selbst fanden die Türkas-Niederlassung, Rafiq und Orim neue Räumlichkeiten in einem Rückgebäude des ehemaligen Wissenbach-Hauses in der Gutleutstraße. Die Firma Wissenbach selbst hatte sich zuvor schon aus Frankfurt zurückgezogen und ihre Aktivitäten auf die Zentrale in Pohlheim bei Gießen, aber immer noch im Einzugsbereich von Frankfurt konzentriert. In diesem Firmenareal in der Gutleutstraße und in der Nachbarschaft des ehemaligen Westhafens hatte sich schon ein Jahr zuvor Tabrizian Orient-Teppiche etabliert. Hier zeigte sich als Vorteil, dass den Kunden die Anfahrtswege bekannt waren und das Haus zumindest von Norden her schnell, problemlos und ohne den Frankfurter Stadtverkehr über die Autobahn zu erreichen ist.
Verkehrstechnisch nicht so günstig hatten es andere Orientteppich-Importeure getroffen. In Frankfurt-Fechenheim hatte ein Frankfurter Teppich-Importunternehmen ein ganzes Haus mit 4.000 qm Lagerfläche im Gewerbegebiet Ost kaufen können, das mit erheblichem Aufwand für die Bedürfnisse des Teppichhandels umgebaut wurde. Zwar liegt auch dieses Gebäude in der Nähe einer Autobahn, doch muss dann noch eine beachtliche Strecke in einem fast permanenten Stau zurück gelegt werden. Neben der Gutleutstraße hat sich mittlerweile auch dieses Teppichzentrum, anfangs komplett, heute nur teilweise belegt, etabliert, zumal sich auch andere Firmen, wie zum Beispiel FOTI-Frankfurter Orientteppich Import Enayati, in der Nachbarschaft in eigenen Räumen nieder gelassen haben.
Ganz glücklich sind die Frankfurter Importeure mit der gegenwärtigen Situation nicht, obwohl sie in ihrer Gesamtheit über den Raum Frankfurt verteilt nach wie vor ein beachtliches Marktpotenzial darstellen. Es wäre schon schöner, so meint Erfan Enayati von FOTI, wenn die Frankfurter ein gemeinsames Zentrum hätten. Aber es ist nach seinen Worten eine ähnliche Situation wie in Hamburg. Auch dort verteilen sich die Orientteppich-Importeure mehr und mehr auf verschiedene Standorte.
Auch Shafiq Butt von Rafiq sieht in einem gemeinsamen Zentrum in erster Linie einen psychologischen Vorteil: "Ein Zentrum zieht angeblich Leute an. Aber in der Realität wandern die Teppicheinkäufer, wenn sie überhaupt noch in die Läger kommen, kaum von einem Importeur zum anderen. Sie gehen zielstrebig zu ihrem Lieferanten und verschwinden wieder."
aus
Heimtex Orient 03/04
(Teppiche)