Warenkunde

Peschawar


Der Peschawar ist ein neuer Teppich, der die derzeitigen Geschmacksrichtungen aufgreift und in neoklassizistische Dessins umsetzt. Damit entstand in jüngerer Zeit ein neues, attraktives Knüpfprodukt und wurde für viele, nach Neuem Suchende, ein aufgehender Stern am Orientteppichhimmel. Mit den Peschawars ist es erstmals gelungen, Tradition und Moderne harmonisch mit einander zu verschmelzen. Diese willkommene Neuprovenienz afghanisch-pakistanischer Koproduktion bereichert die Orientteppichpalette und erfreut sich bei Handel und Verbraucher großer Beliebtheit. Zwei Knüpfnationen waren gleichermaßen an den prächtigen Neuschöpfung beteiligt: Die seinerzeit geflüchteten Knüpferinnen aus Afghanistan und die ansässigen Kaufleute ihres damaligen Gastlandes Pakistan.

Auftraggeber beeinflussten mit Abbildungen und alten Teppichen als Knüpfvorlagen die Gestaltung und Farbgebung. Da die Flüchtlinge nach dem Sturz des Talibanregims zum großen Teil nach Afgahnisten heimgekehrt sind, sinkt die Produktion in Pakistan ständig, steigt aber in Afghanistan. Teppiche diesen Charakters gibt es somit nach wie vor in großen Stückzahlen. Sie werden jetzt über Kabul exportiert.

Bei der Entwicklung dieser Neuheiten paßte man anfangs die klassischen Turkmenenmuster farblich den heutigen Marktbedürfnissen an, blieb aber dabei dem antiken Duktus treu. Als dies mit den gefälligen Braunrottönen auf Anhieb gut gelang und auf dem Markt erfolgreich einschlug, unternahm man den nächsten Schritt und schuf "neue Kaukasen" im Antikgewand.

Auch diese Kreationen wurden schnell zum Erfolg und haben sich mittlerweile zu einer Art Neoklassiker entwickelt. So entstand fast aus dem Nichts eine einzigartige, inzwischen sehr begehrte Knüpfteppichgruppe klassischer Prägung mit einfühlsamer Farbgebung und in solider Qualität.

Die Neuen aus Pakistan, jetzt mehrheitlich in Afghanistan produziert, trifft man an unter den unterschiedlichsten Namen wie: Azari, Maltebaff, Tschapbaff oder Taschpabaff, was bei freier Übersetzung sinngemäß so viel bedeutet wie "von der Rückseite -Persisch/Dari: tschapa - (geknüpft)" und darauf hindeutet, daß anfänglich Altware als Knüpfvorlage diente und von der Rückseite her nachgeknüpft wurde. Ausserdem kursieren Bezeichnungen wie Peschawar-Teppiche und Tschitschin. Letztere sind die feiner geknüpften, flacher geschorenen Kaukasus-Dessins. Tschitschin ist zwar ein Hinweis auf das nordkaukasische Volk der Tschetschenen und deren Teppiche. Diese haben jedoch nichts mit den jetzigen Dessins gemein. Als Maltebaff werden die braunrottönigen Turkmenendessins bezeichnet.

Diese sich ständig weiterentwickelnde Dessinkultur setzt sich fort in den gelungenen Interpretationen persisch-geometrischer Muster im Heriz-Duktus. Oft dermaßen gekonnt ausgeführte Dessins, daß man aus einiger Distanz Original und Replik kaum auseinander halten kann. Vor etwa fünf Jahren kamen dann die neuen, blassfarbenen Ziegler-Teppiche auf den Markt, derzeit hochaktuelle Knüpfungen, die den Teppichen der Manufaktur Ziegler aus dem 19. Jahrhundert nachempfunden sind.

Da sie es bisher zu keiner eigenständigen, griffigen Provenienzbezeichnung gebracht haben, werden sie im Handel alle unter dem Oberbegriff Peschwar geführt. Im Einzelhandel ist es mittlerweile üblich, Zusatzbezeichnungen wie Pandjabi/ Tschitschin/Kazai-Schirwan oder ähnlichem auzuloben.

Diese Uneinheitlichkeit ist um so verwunderlicher, als ihr traditionsverhafteter, klassischer Duktus, ihre ausgewogene, sehr gefällige Farbgebung und die hervorragende Florwolle, ausgeführt durchweg in handwerklich sorgfältiger Knüpfung, kurzum ihre durch die Gesamtheit dieser positiven Eigenschaften bedingte Ausstrahlung und die dadurch begründete Umsatzstärke in unserer Marketingwelt einem gemeinsamen Namen einfordern.

Peschawar in Stichworten

Andere Schreibweisen: Peshawar
Richtige Aussprache: Betonung auf der ersten Silbe.
Andere Bezeichnung: Pandjabi (Pandschabi)
Weitere Bezeichnungen: Maltebaff, Tschap(a)baff, Tschubi, Tschitschin. Laufend entstehen neue Namen. Mehr und mehr findet man auch die Bezeichnungen des Musters mit dem Zusatz Pandjab(i), Beispiel: Pandjabi-Kasak, Pandjabi-Azeri, Pandjabi-Ziegler, Pandjabi-Heris, usw.

Ursprungsland: Pakistan - seit der Rückwanderung immer mehr Afghanistan
Herstellungsort-/Region: Peschawar und Umgebung in Nord-Pakistan in den afghanischen Flüchtlingslägern; in Afghanistan hauptsächlich in der Region Kabul, aber auch landesweit
Haupthandelsplätze: Pakistan: Peschawar, Karatchi, Islamabad (eingeschränkt), in Afghanistan: Kabul, international: Hamburg, Zürich

Herstellungsbasis: am horizontalen Knüpfstuhl in Manufakturen und im Hausfleiß
Formate: Teppichgrößen von 2,00 x 3,00 m bis 3,00 x 4,00 m; Brücken (Dosar und Saronim) und Kleinformate (Sartscharaks, Poschtis); Läufer; Übergrößen sind selten
Knüpfmaterialien
Flor: Schafwolle
Kette und Schuß: Schafwolle und/oder Baumwolle; keine Seidenknüpfungen
Knotenform:Senneh-Knoten, auch Sennehbaff, Perischer oder Asymmetrischer Knoten genannt, sowie Gördes-Knoten, auch Turkbaff, Türkischer oder Symmetrischer Knoten gen.
Knüpfung: geschichtet, teilgeschichtet, nicht geschichtet, Rückseite körnig

Duktus, Dessin: geometrisch, vorwiegend vierersymmetrischer Musteraufbau, meist Allover, aber auch Medaillon-Dessins. Vorwiegend werden alte und antike Dessins interpretiert.
Besonderheiten: Neuschöpfungen in einer Art Renaissance mit Anlehnung an alte und antike Dessins
Farbgebung: ruhiges bis lebhaftes Kolorit; Rot- und Blautöne dominieren

Bemerkung:Relativ preisweter Gebrauchsteppich der guten Mittelklasse und mit einem verbraucherfreundlichen Preis-Leistungsverhältnis

Schätzpreis:siehe Werth.- Index
aus Heimtex Orient 04/03 (Teppiche)