Das Orientteppich-Lexikon
Die Enzyklopädie des Orientteppichs von J. Iten-Maritz, das Standardlexikon für Orient-teppiche ist vergriffen und wird nicht wieder aufgelegt. Heimtex Orient wird diese schmerzliche Lücke mit einem neuen, aktuellen Lexikon füllen. In dieser Ausgabe finden Sie die Fortsetzung dieses aufwändigen Werkes.
Botheh haschtpar - Ein aus mehreren Bothes mit einem zentralen Stern zusammengesetztes Musterdetail, das im laufenden Rapport als Allover-Design gestaltet wird.
Boteh kahr-o-aschtie - Eine Variante des Boteh, die alternierend hell-dunkel den auch in den Hauptreligionen bestehenden Dualismus symbolisieren sollen. Der Name ist Persisch und bedeutet so viel wie "zugleich feindlich und friedlich".
Bou - Geknüpftes und gewebtes Zeltband; Yolami.
Bouharopodia - Aus drei Paneelen zusammengesetztes Flachgewebe, das als Kaminschürze dient
Boujad - Berber-Knüpfteppich aus Marokko, Mittlerer Atlas
Boullou - Bolli
Bouludh - Wolkenband
Bouretteseide - Der Ausdruck geht auf bourre zurück, das französische Wort für Füllhaar. B. besteht aus kurzstapeligen Seidenfasern, die bei der Schappespinnerei anfallen.
B. verspinnt man auch mit Baumwolle zu einem Mischgarn, das als sog. Flosch in den Provenienzen Kayserie und Bünyan verknüpft wird. Da die Seide beim Belaufen bald verfilzt und ausfällt, wird der Flor recht schnell unansehnlich. Knüpfteppiche mit Flosch sind deshalb besser geeignet als Wanddekoration; Seidenkokon.
Bowanat (auch Bowand gen.) - OT-Provenienz aus Süd-Iran.
Bradley, Otto - B. machte sich im 19. Jhd. verdient um den Aufbau einer Knüpfindustrie in Kirman.
Braganza-Teppich - Nachweislich vor 1640 geknüpfter Herati-Teppich aus dem Schloss des Herzogs von Braganza, Portugal. Heute in der Sammlung Thyssen-Bornemisza, Lugano/CH.
Brahui - Da ihre Teppiche den Belutsch-Knüpfungen entsprechen, werden sie allgemein zu diesen gezählt. Die B. sprechen jedoch einen südindischen Dialekt der drawidischen Sprachfamilie, während die Belutschen eine indoarische Sprache sprechen, die mit dem Persischen verwandt ist
Braila - Knüpfteppichprov. aus Rumänien
Bran - Fachbez. für eine rumänische Knüpfqualität, die auf Wollgrundgewebe geknüpft wurde. Rumänien
Brandzeichen - Tamgha
Brasov - Rumänischer Name für Kronstadt, Provinzmetropole von Siebenbürgen, der einstmals deutschsprachigen Provinz Rumäniens.
Braun - Die Farbe Braun gilt als Symbol der Mutter Erde und wird vorwiegend gewonnen aus grünen Walnußschalen sowie aus frischen Eichenrinden und besteht weitestgehend aus Lignin. Da diese Farben oft mit Eisenoxiden gebeizt werden, wird im Laufe der Zeit die Wolle angegriffen, was zum Ausmodern führt. Farbenfraß
Brautteppich - Teppich, der von der Braut als Gabe an ihren Bräutigam besonders sorgfältig geknüpft wird und in den meisten Gegenden deshalb nicht zur Aussteuer gehört. Im Handel werden handwerklich ausgefallene Knüpfungen auslobend manchmal gern mit dem Prädikat "Brautteppich" belegt. Bekannt sind die sog. Kis-Gördes aus der Türkei. Kis bedeutet auf Türkisch Braut, Jungfrau.
Breite - Da sie wegen der Handfertigung oftmals variieren, werden Länge und Breite von OT nach internationaler Handelsusance immer in der Mittelachse gemessen. Diese liegt fest und ist nicht variierbar. Abweichungen sind somit ausgeschlossen.
Brilliantgarn - Auch Effektzwirn gen. Mit einem metallisch wirkenden Effektfaden umzwirntes Garn. Die B. zählen mit zu den sog. Effektgarnen. Man trifft sie bei OT hin und wieder an in Hereke- und Kayserie-Seidenteppichen und deren Nachknüpfungen China-Hereke, seltener in persischen Knüpfungen. Bei derart gearbeiteten Teppichen wird das Brillantgarn nicht als Flor geknüpft, sondern ausschließlich als Schußfaden für die Fondflächen quer eingewebt. Dass Flormuster erscheint dann erhaben als Relief. Da dieser Effekt wie aufgestickt wirkt, spricht man auch vom Brochieren (Franz. broché: angeheftet).
Brennprobe - Dieser Test ist die sicherste und einfachste Möglichkeit, mit der jeder Laie Wolle und Reine Seide von Baumwolle und "Kunstseide" unterscheiden kann: Man verbrennt ein kleines Stück Garn über offener Flamme: Glimmende Reine Seide (ebenso auch Wolle), riechen wie verbranntes Horn, denn beides sind Eiweißverbindungen. Kunstseide (ebenso auch Baumwolle) entwickelt als Zellulose einen weißlichen Rauch und verbreitet den gleichen, Geruch wie brennendes Papier.
British East India Company - Als 1600 in England gegründetes Wirtschaftsunternehmen, hatte sie u.a. auch maßgeblichen Einfluß auf die indische Knüpft- und Webteppichproduktion, insbesondere im 19. Jhd. Ihre erste OT-Manufaktur rief sie schon 1611 in Masulipatam ins Leben. Indien
Brogli, Joseph - Der seit Ende der 70er Jahre des 19. Jhd. in Persien lebende Schweizer wurde zur "Teppichlegende", denn er war es, der im Auftrag seines Arbeitgebers, der Firma Ziegler & Co. Ld., den berühmten Holy Carpet (oder Ardebil-Teppich) aus der Moschee von Ardebil erwarb. 1914 wechselte B. zum deutschen, ebenfalls im Iran ansässigen Teppichhandelshaus Petag.
Brokateffekt - Mit Hilfe metallummantelter Garne, sog. Brilliantgarne, oder sogar mit Silber- und Golddrähten wird in Knüpfteppichen ein B. erzielt. Der legendenumwobene Teppich mit dem Namen "Frühling des Chosrau" soll so ein gold- und silberdurchwirkter OT gewesen sein.
Broschieren - Hochwertige Knüpfungen wurden und werden hin und wieder mit Edelmetall- oder Brilliantgarnen brochiert, d.h. durchwirkt (Franz. brocher, durchwirken). Früher wurden Seidengarne mit hauchdünnen Edelmetallfolien ummantelt und dann effektvoll verwoben, nicht geknüpft.
In sehr seltenen Fällen wurde auch Gold- oder Silberdraht genommen. Der OT bekommt dadurch eine reizvolle Reliefstruktur. Die heute im Handel angebotenen OT mit Brochierungen sind gewöhnlicherweise mit Brilliantgarnen und nur äußerst selten mit Edelmetallfäden gearbeitet. Brochierte Teppiche beschränken sich auf die Provenienzen Täbris (sehr selten), Kum Kapi (nur Alt- u. Antikteppiche), Hereke, Kayserie und China-Hereke.
Brücke - Hier OT ab der Größe Poschti (ca. 0,40 m x 0,60 m) mit einer maximalen Fläche bis ca. 4 qm. Danach werden die Abmessungen als Teppich bez.
Brügge - Belgisch-flandrische Handelsstadt, die im 14. Jhd. orientalischen Teppichkaufleuten Handelsrechte innerhalb ihrer Mauern einräumte; Gent.
Brussa - Früherer Name von Bursa und noch immer Provenienzbez. für einen besonders seltenen Typ Seidenbrücken.
Buchara - Die Stadt B. war früher Zentrum des gleichnamigen Emirats. Die Stadt mit ihren berühmten Bauten, liegt an der historischen Seidenstraße. Alles deutet darauf hin, daß sie früher auch Handelszentrum für OT war. Heute gehört sie zur Republik Usbekistan.
B. ist namensgebend für eine ganze Gruppe von OT, für die sog. Buchara-Teppiche, die aber Knüpfungen verschiedener Turkmenenstämme sind. Soweit bekannt, wurden in Buchara selbst keine Teppiche geknüpft.
Die Bez. Russischer Buchara ist demnach nicht richtig, denn ethnisch sind diese Teppiche ausschließlich den Turkmenen und wohl auch einigen zu ihrem Einflußbereich gehörenden Kleinstämmen zuzuordnen, aber keinesfalls den weder ethnisch noch kulturell mit ihnen verwandten Russen.
Die heutigen Handelsbezeichnungen der Produktion der Republik Turkmensitan lauten: Aschchabad, Beschir, Enssi (Engsi, auch Hatschlou), Ersari, Kerki, Kisil-Ayak, Pendeh (Pendik) und Yomoudh.
Ferner kommen gleichartige Knüpfteppiche aus dem Iran - hier werden sie Turkeman genannt -, Afghanistan, ferner große Mengen Kopien in Pakistan. Allerdings ist der Pakistan-Buchara heute ein eigenständiger Knüpfteppich, der ausschl. für den Export gefertigt wird.
Buchara-Bänder - Unrichtige, aber allgemein übliche Bez. für turkmenische Kibitka-Streifen.
Bucheinband-Dessin - Ghab-Korani
Bucuresti - Rumän. Bukarest, Teppichmanufaktur in Rumänien; Balkanteppiche.
Buddhaknoten - Unendlich in sich verschlungener Knoten; beliebtes Ornament in der fernöstllichen, besonders der chin. tibet. und nepales. Kunst, Häufig in OT anzutreffen. Der B. Soll die Sehnsucht nach lang andauerndem Glück ausdrücken. Wird auch Schicksalsknoten gen. Buddhistische Symbole.
Buddhistische Symbole - Im 6. Jhd. v.Chr. begründete der Bramahnenprinz Siddhatta in Nordindien die später nach ihm, dem Erleuchteten (im Sanskrit: Buddha) benannte Weltsicht, die erst später zu einer Religion wurde.
Von religiöser Bedeutung sind die flg. "8 buddhistischen Symbole", die hin und wieder in chin. Teppichen dargestellt sind:
- Urne, eine Deckelvase als Behälter für die Asche oder die Reliquien buddhistischer Heiliger oder Priester. Sie wird auch als Schatzvase mit den Sieben erhabenen Juwelen gesehen.
- Das Muschelhorn aus dem Gehäuse der Meeresmuschel Strombus. Sie symbolisiert Buddhas Stimme als Verkünder seiner Lehren und ist zugleich Sinnbild des Dharma-Juwels als Schutz vor Leiden.
- Der Zeremonialschirm steht für Reinheit und Würde der Person, der er vorangetragen wird. Er ist zugleich das Symbol der buddhistischen Gemeinschaft.
- Der Baldachin symbolisiert Macht und Würde.
- Die Lotusblüte ist das Symbol für Reinheit und Vollkommenheit. Sie ist der Sitz Buddhas, der von hier die Welt betrachtet.
- Das Fischpaar symbolisiert die Freuden des Beisammenseins, für Harmonie, Frieden und Überfluss.
- Das Rad steht für das Leben und die Gesetze. Es ist heilig und symbolisiert zugleich die Wahrheit.
- Der unauflösliche, in sich verschlungene Buddha-Knoten ist ein Symbol für ewiges, endloses Leben.
Budugh - Andere Bez. (nach Kerimov) für Kuba
Bül-bül - Türkisch: Nachtigall, Musterdetail in Hereke-und Kayserie-Teppichen; bol-bol (Persisch).
aus
Heimtex Orient 05/05
(Teppiche)