Innenarchitekt Stephan Waje über Ideen für eine moderne Teppichabteilung

Die Teppichabteilung für jede Zielgruppe


Abgepasste Teppiche haben eine lange Tradition. Doch wer ist heutzutage Zielgruppe für diese besonderen Teppiche? Besonders vor dem Hintergrund, dass sich das Image von Teppichen wandelt - von der Wertanlage zu einem festen Bestandteil der ästhetischen Wohnungseinrichtung. Und welche Rolle spielt dabei die Präsentationsform?

Das Spektrum der potentiellen Teppichkäufer ist sehr breit. Das macht es schwer, eine für alle Zielgruppen maßgeschneiderte Präsentation zu schaffen. Der Einfachheit halber unterscheiden wir zwei Zielgruppenbereiche.

Zielgruppe A: Ein gut situiertes Ehepaar. Die Kinder sind schon aus dem Haus oder gehörten nicht zur Lebensplanung. Man legt viel Wert auf ein repräsentatives Wohnumfeld. Accessoires sind sorgsam auf das gesamte Möbelkonzept abgestimmt. Man kommt viel rum, sammelte Impressionen auf Reisen und pflegt soziale Kontakte auch gerne in den eigenen vier Wänden.

Wertvolle Teppiche sind das Tüpfelchen auf dem "i". Sie werden wirkungsvolle in Szene gesetzt und sind Zeichen des gesellschaftlichen Status.

Zielgruppe B: Eine moderne Familie. Geselligkeit als auch ein gemütliches, Familien orientiertes Umfeld steht im Vordergrund. Die Hauseinrichtung folgt praktischen Gesichtspunkten, ohne dabei auf das gewisse Etwas zu verzichten. Kein Schnickschnack, sondern Dekoration, die den individuellen Geschmack unterstreicht. Und Teppiche? Die sind doch viel zu bieder. Ein Objekt von vorgestern. Und wer hat schon Lust, seine Kinder ständig davon anzuhalten, das gute Stück zu zerstören. "Außerdem stehen wir nicht auf Statussymbole".

Zwei Zielgruppen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Und doch haben sie eines gemeinsam. Sie legen Wert auf ihr Zuhause und gestalten es nach ihren Wünschen.

Und hier kommen jetzt wieder die Teppiche ins Spiel. Mit einem großen Unterschied: Zielgruppe A weiß genau, was sie von einem Teppich erwarten können. Man schaut auf Qualität, Prestige - jedoch nicht auf den Preis.

Zielgruppe B wird im Zweifelsfall keinen Fuß freiwillig in ein Teppichgeschäft oder in die Teppichabteilung eines Möbelhauses setzen. Und wenn man mal an einem zufällig vorbeikommt und einen Blick riskiert, dann höchstens um sich darin bestätigen zu lassen, dass Teppiche spießig sind.

Wie ist es also zu schaffen, über die Präsentation Lust auf ein Produkt zu machen, das um einiges viel versprechender und facettenreicher ist als sein Ruf?

Empfehlenswert erscheint eine Einteilung der Verkaufsfläche in unterschiedliche Zonen. Analog zu dem Entscheidungsprozess der potenziellen Teppichkunden.

Wichtig ist auch diejenigen Kunden für einen Teppichkauf zu gewinnen, die noch unentschlossen sind. Und diejenigen, die genau wissen, was sie wollen, sollen dabei trotzdem zielstrebig ihrem Teppich einen Schritt näher kommen.

Teppiche - Platz zum wirken

In der Nähe des Eingangs sollte eine Zone angesiedelt werden, die "Lust" auf Teppiche erzeugt. Hier wird Wert auf Produktinszenierung gelegt. Für alle, die nicht ausreichend Vorstellungsvermögen haben, wie sich ein Teppich harmonisch in das eigene Umfeld integrieren kann, dienen Wohnkulissen als lebhafte Beispiele für die starke Wirkung von Teppichen.

Für Verkaufsräume, die nicht über ausreichend Fläche verfügen, bieten sich alternativ Plasmabildschirme an, die unterschiedliche Wohnstile kombiniert mit Teppichen darstellen.

Die Farbkombinationen, Materialien und Designs sind vielfältig. Verständlich, dass man alles zeigen möchte. Aber oft ist weniger mehr. Insbesondere wenn die Größe der Verkaufsflächen eine strukturierte und geräumige Darstellung nicht zulässt. Gerade starke Farben und Formen brauchen Platz, um ihre ganze Wirkung zu entwickeln.

Der Inspirationspark - Vielfalt aber dosiert

Der Teppichkauf ist ein beratungsintensiver Prozess. Auf der einen Seite ist viel Fingerspitzengefühl des Verkäufers gefragt, um die Bedürfnisse der Interessenten möglichst genau zu erfassen. Auf der anderen Seite benötigen Interessenten weitere Hilfestellungen, um eigenständig ihre Erwartungen an das neue Produkt zu hinterfragen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass davon auszugehen ist, dass nicht jedes Geschäft über so viele Personalressourcen verfügt, um jeden Kunden bereits vom ersten Betreten des Verkaufraums über alle Entscheidungsprozesse zu begleiten.

Aus diesem Grund ist ein interaktiver Inspirationspark eine Idee. Er ist in der Nähe der Beratungsstandorte angesiedelt, um leicht Blickkontakt mit dem Verkäufer zu halten. Der Inspirationspark beschäftigt sich in erster Linie mit den unterschiedlichen Materialen sowie Tipps für den richtigen Standort bzw. die passende Nutzung.

Material muss man spüren. Bei Teppichen ist das haptische Erlebnis unumgänglich. Insbesondere bei unterschiedlichen Qualitäten und Preisstufen ist der direkte Vergleich häufig ein entscheidendes Kaufargument. Ordnen Sie dabei am besten alle unterschiedlichen Qualitäten in möglichst zurückgenommenen Designs nebeneinander oder in Gruppen an und inszenieren Sie ein nachhaltiges Tasterlebnis. Tafeln in direktem Zusammenhang zu den Mustern geben Auskunft über das jeweilige Herkunftsland aber auch über wichtige Informationen wie Pflegeanleitungen und Standortempfehlungen.

Sitzgruppen für die wohnliche Verkaufsatmosphäre

Um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, sollte die Gestaltung des Arbeitsplatzes des Verkäufers an Bedeutung gewinnen. Eine klassische Schreibtischatmosphäre kann z.B. durch eine kommunikative Sitzgruppe ersetzt werden. Durch eine partnerschaftliche Beratungssituation wird die Treffgenauigkeit der Kaufentscheidung erhöht. Zumal der Transfer von der Verkaufsfläche ins heimische Wohnzimmer die schwierigste Aufgabe beim Teppichkauf ist. Eine Tasse Kaffee oder Tee unterstützt mit Sicherheit auch das intensive Beratungsgespräch. Greifen Sie also ruhig das ein oder andere charmante Klischee aus dem Herkunftsland der Teppiche auf. Erlebniswelten sind gefragter denn je.

Farbmustertafeln helfen bei der Auswahl

Farben und Muster sind mit Sicherheit das lebendigste Merkmal eines Teppichs. Aber was harmoniert mit dem eigenen Sofa, dem Parkett und der eigenen Wandfarbe? Ein Mustertisch, schafft hier Aufklärung. Der Interessent zieht sich die Farbtafeln, die den Farben zu Hause entsprechen und nimmt diese mit zu den von ihm favorisierten Teppichmustern.

Mit diesen Mustertafeln kann der Interessent mehrere Stationen anlaufen.
1. Ein Musterbuch mit unterschiedlichen Ansichten zur Eingrenzung des in Frage kommenden Angebots - auch eine Hilfestellung für den Verkäufer.
2. Den Teppichschiebeanlagen, die einem kompletten Eindruck des Teppichs präsentieren.
3. Zu einem der Teppichpodeste, die allerdings nicht höher als kniehoch mit Teppichen dekoriert sein sollten.

Ist die Kaufentscheidung schon weiter fortgeschritten, ist beim Gang zum Schiebesystem die imaginäre Ziellinie bereits in Sicht. Das Schiebesystem hat viele Vorteile:
- Man sieht Muster und Farben in Originalgröße.
- Insbesondere bei einer großzügigen Raumaufteilung ermöglicht dieses System auch eine Betrachtung aus der Entfernung, um den Gesamteindruck des Modells optimal beurteilen zu können.
- Bei knappen Entscheidungen, in denen nur noch zwei Modelle im Rennen sind, ist eine unmittelbare Vergleichbarkeit gegeben.

Wenn Sie Interesse an weiteren Investitionsfelder für noch mehr Kundenorientierung haben, hier drei Empfehlungen:
1. Ein Warenwirtschaftssystem hilft dabei, aktuelle Lagerbestände sofort bei der Kundenberatung zu berücksichtigen und trotz reduziertem Produktangebot nicht an Vielfalt einzubüßen.
2. Investieren Sie in eine professionelle Beratung sowie eine intensive Begleitung der Entscheidungsprozesse. Statistiken besagen, dass sich knapp 40 % der Kunden jedes Jahr für einen neuen Teppich entscheiden.
3. Denken Sie darüber nach, die spezifischen Besonderheiten der einzelnen Produktgruppen innerhalb ihres Shopsystems klar herauszuarbeiten. So inszenieren Sie innerhalb Ihres Verkaufsraums kleinere Welten und zahlen somit auf die Emotionalität der jeweiligen Produkte ein.
aus Modern Carpet 02/05 (Handel)