Dr. Andreas Rapp berichtet über kuriose Parkettschäden - Teil 1
Rätselhafte Schadensfälle
Wo Sachverständige eingeschaltet werden, zeigt sich die Sachlage naturgemäß oft verzwickt. In besonders schwierigen Fällen können die Ursachen derart "entlegen" sein, dass sie einem - obgleich kenntnisreichen und erfahrenen - Sachverständigen gar nicht in den Sinn kommen. Über Schadensfälle, deren Ursachen nur mit außergewöhnlichem Einsatz aufgespürt werden konnten, berichtete Dr. Andreas Rapp anlässlich der Parkett-Messe in Wien.
Von Wechselwirkungen mit dem Pflegemittel über ungeschützte Spielfeldmarkierungen bis zu kleinen Tierchen im Holzboden reicht die Palette der Schadensfälle, von denen Dr. Andreas Rapp, Sachverständiger und Dozent an der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft in Hamburg, auf der Wiener Parkett-Messe berichtete.
Fall 1
Eine haarige Entdeckung
15 mm lange behaarte Tierchen schreckten die Eigentümer eines neuen Eiche-Parkettbodens. Offenbar waren sie mit dem frisch verlegten Parkettholz eingeschleppt worden, das kleine Löcher zeigte. Kenntnisse in Holzkunde und Biologie waren gefragt. Waren die Löcher Ausfluglöcher? Oder waren es Bohrlöcher? Kamen die haarigen Gäste also aus dem Boden oder wollten sie hinein? Ambrosiakäfer machen schwarze Bohrlöcher. Sie schieden als Täter aus, weil die Löcher nicht schwarz waren. Die fraglichen Löcher waren eher auf Pilze fressende Frischholzinsekten zurückzuführen, die jedoch nicht in trockenem Holz leben. Was nun?
Normalerweise überleben alle Insekten die technische Holztrocknung nicht, denn eine einstündige Temperatur von 60 C ist für sie tödlich. Aber: Bei wie hoher Temperatur wird wie lange getrocknet? Weitgehend einvernehmlich gilt, dass Eiche eine besonders sensible Trocknung mit nicht mehr als 50 C erfordert, weil sie sonst Schaden nimmt. Nur wenn der Zeit- und Kostenfaktor im Vordergrund stehen, wird bei teilweise deutlich höheren Temperaturen getrocknet.
Im konkreten Fall ließ sich nachweisen, dass die Löcher im Eicheparkett schon vorhanden waren, als die Dielen verlegt und obenflächenbehandelt wurden. Die behaarten Tierchen hatten damit indes nichts zu tun. Es waren Vorratsschädlinge, sog. Speckkäfer, die - zufällig zeitgleich mit der Parkettverlegung - eingeschleppt worden waren, wahrscheinlich mit Hülsenfrüchten.
Holzschädlinge bedürfen bestimmter Lebensbedingungen, zu hohe Temperaturen und zu geringe Holzfeuchte wirken tödlich. Der Hausbock ist unter 12% Holzfeuchte nicht lebensfähig, weniger als 10% Holzfeuchte sind des Holzwurms Tod. Trockenes Holz ist somit gering gefährdet - mit Ausnahme durch den Splintholzkäfer, der auch bei minus 7 C und darunter überlebt. Er ist in Lagerbeständen mit relativ hoher Holzfeuchte ein Problem.
Fall 2
Kontraproduktives Pflegemittel
In einem Flur war ein Kirschbaumparkett (amerik. Black Cherry) verlegt worden. Es wurde sorgsam mit einer Selbstglanzemulsion gepflegt, die laut Anweisung für stärker beanspruchte Bereiche pur aufgetragen wurde. Der Sachverständige wurde gerufen, weil das Parkett Fugen bildete und im Bereich der breitesten Fugen unerklärliche Verfärbungen aufwies.
Er stellte zunächst fest, dass eine unsachgemäß verlegte Heizungsrohrleitung die Fußbodentemperatur in Teilbereichen auf 35 C ansteigen ließ. Nachdem die Hausfrau - in der Absicht, die regelmäßige Pflege des Bodens nachzuweisen - die Pflegeemulsion präsentierte, konzentrierte sich das Interesse des Sachverständigen alsbald auf dieses Produkt. Die Emulsion wies einen pH-Wert von 9,5 auf. Das war in Anbetracht der Kirsche, die gerbstoffhaltig ist und über einen pH-Wert von 4,5 verfügt, weitaus zuviel. Die Vergrauung des Bodens war die zwangsläufige Folge. Hier wäre ein sauer eingestelltes Pflegemittel angebracht gewesen.
Wieder war Ammoniak mit im Spiel. Die Emulsion setzte auf einen Liter Pflegemittel ca. 3 l Ammoniak-Gas frei! In den Bereichen, in denen das Ammoniak-Gas auf hohe Bodentemperaturen traf, bewirkte dies an den ungeschützten Stirnseiten des Parketts einen regelrechten Räuchereffekt. Der Hersteller des Pflegemittels wurde in Haftung genommen, weil er sein Produkt ohne Einschränkung empfahl.
Fall 3
Unverträglichkeit verschiedener Lacke
Ein Sporthallenboden machte Ärger, weil sich der Lack über der Spielfeldmarkierung ablöste. Dagegen wies das entsprechende Handmuster, das die Verlegefirma vor der Auftragsvergabe eingereicht hatte, zum gleichen Zeitpunkt keine Schäden auf.
Der Hergang der Verlege- und Versiegelungsarbeiten wurde chronologisch aufgerollt. Dabei stellte sich heraus, dass der Verleger mit dem letzten Auftrag des Ölkunstharzsiegels einen Subunternehmer beauftragt hatte. Diese Firma hatte einen preiswerteren Lack verwendet, während der Hauptunternehmer sein Handmuster mit einem hochwertigen Lack versiegelt hatte. Nun war die Lösung ganz einfach: Zwischen diesem Lack und der schwarz gespachtelten Spielfeldmarkierung war es zu einer Materialunverträglichkeit gekommen.
aus
Parkett Magazin 01/06
(Handwerk)