Stellungnahme der TKB zum Thema Nahtöffnungen bei Nadelvliesbelägen

"Eine harte Kleberfuge reicht allein nicht aus"

Bei Nahtöffnungen an vollflächig geklebten Nadelvlies-Bodenbelägen wird die Ursache häufig beim Klebstoff vermutet. Sind die neuen lösemittelfreien und emissionsarmen Klebstoffe zu weich, um einen schrumpfenden Nadelvliesbelag festhalten zu können? FussbodenTechnik bat die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe (IVK) um eine Stellungnahme zur Problematik, die wir im Wortlaut veröffentlichen.

Offene Nähte an geklebten Nadelvliesbelägen werden seit geraumer Zeit in Fach- und Expertenkreisen als Phänomen kontrovers diskutiert. Die TKB selbst war es, die anlässlich ihrer 16. Fachtagung vor zwei Jahren dem Sachverständigen Peter Schwarzmann die Gelegenheit gab, Klebstoffe und Beläge in dieser Hinsicht kritisch unter die Lupe zu nehmen.

In der Folge gab es zum Teil sehr unterschiedliche Reaktionen. Sie reichten von restriktiven Klebstoffempfehlungen eines bedeutenden Nadelvliesherstellers über den Ruf nach Normanforderungen bis hin zu Herstellerinformationen über dimensionsstabile Nadelvliesbeläge, die angeblich mit üblichen Teppichklebstoffen verlegt werden können - also unabhängig vom eingesetzten Klebstoff formstabil bleiben. Im folgenden soll der aktuelle Kenntnisstand aus Sicht der TKB zusammengefasst werden.

Wo liegt das Problem?

Von einigen Seiten wird behauptet, moderne Dispersionsklebstoffe wären zu weich: Die heute üblichen, lösemittelfreien und emissionsarmen Dispersionsklebstoffe würden je nach Herstelltechnologie und Materialzusammensetzung der Beläge zu unschönen Nahtöffnungen führen. Strapazierfähige Beläge mit hohem Polyamidfaser-Anteil (PA) werden in dieser Hinsicht als besonders kritisch angesehen.

Manche Beläge schrumpfen unter bestimmten Umständen tatsächlich erheblich - meistens ist zu trockene Raumluft in der Heizperiode die Ursache. Gehören Nahtöffnungen deshalb zu den materialtypischen Eigenschaften von Nadelvliesbelägen? Bedarf es gar besonderer Klebstoffe für Nadelvlies und was sind die Anforderungen?

Anfangsklebkraft contra Härte

Bodenbelagklebstoffe sollen grundsätzlich eine dauerhaft feste Verbindung zwischen Bodenbelag und Untergrund herstellen. Sie müssen außerdem den materialtypischen Dimensionsveränderungen von Bodenbelägen entgegen wirken und verhindern, dass Nähte "stippen" oder sich öffnen. Gefordert sind demnach Klebstoffe, die ein hohes Maß an innerer Festigkeit aufweisen und eine harte Klebstofffuge ausbilden. Solche Klebstoffe finden immer dann bevorzugte Verwendung, wenn Klebungen hoch belastet werden oder aber Werkstoffe zu kleben sind, die sehr starken Dimensionsänderungen unterliegen.

Ein Paradebeispiel für harte Klebstoffe sind die "schubfesten" Parkettklebstoffe. Um den in der Praxis auftretenden Quellspannungen wirkungsvoll entgegenzutreten, werden nach DIN 281 sehr hohe Scherfestigkeiten ( < 3,5 N/ qmm) gefordert. Derartige Klebstoffe haben jedoch nur eine kurze Einlegezeit ("offene Zeit") sowie praktisch keine Anfangsklebkraft ("Tack") und keinen Fadenzug.

Ganz anders sieht die Situation bei Klebstoffen für PVC-Beläge aus. Hier kommt es vor allem auf eine lange Einlegezeit, hohe Anfangsklebkraft und gute Benetzungseigenschaften an. Klebstoffe für diese Beläge markieren deshalb im Gegensatz zu den oben beschriebenen Produkten seit jeher das "weiche" Ende der Klebstoff-Härterskala.

Wo stehen Klebstoffe für Nadelvliesbeläge?

Klebstoffe für Nadelvliesbeläge müssen je nach Materialzusammensetzung und Herstellverfahren des Belags prinzipiell zwei Anforderungen erfüllen:

- eine gute Anfangshaftung besitzen, um Nahtkanten und Rollenspannungen zu kompensieren und
- eine ausreichende Festigkeit der Klebefuge entwickeln, um in der Nutzungsphase klimabedingte Maßänderungen zu minimieren.

Da das Erreichen beider Eigenschaften in einem Produkt prinzipiell nicht möglich ist, stellen Nadelvliesklebstoffe immer einen "Kompromiss" dar. Es bleibt dem einzelnen Klebstoffhersteller überlassen, welche Priorität er bei der Entwicklung setzt: mehr links oder mehr rechts auf der imaginären Skala von hart bis weich.

Nadelvliesklebstoffe unterschiedlicher Hersteller werden sich in ihren Eigenschaften also immer mehr oder weniger deutlich unterscheiden. Die Situation ist durchaus mit anderen Klebstoffgattungen vergleichbar. Auch dort gibt es erhebliche Unterschiede in Anfangsklebkraft und Härte - bestes Beispiel sind Linoleum- und Gummibelagklebstoffe. Warum sollte der Formulierungsspielraum also ausgerechnet bei Nadelvliesklebstoffen durch überzogene Anforderungen an die Härte - gefordert wurden Festigkeiten auf dem Niveau eines Parkettklebers - unnötig eingeschränkt werden?

Der Nutzen von sehr harten Klebstoffen, die einen Nadelvliesbelag unterseitig zwar maßhaltig an den Estrich "betonieren", ist nach Auffassung der TKB durchaus fragwürdig, wenn der Belag nach oben eine offene V-Naht zeigt.

Fazit und Ausblick

Die Frage nach der erforderlichen Härte eines Nadelvlies-Klebstoffs lässt sich nach gegenwärtigem Stand der Erkenntnisse nicht abschließend beantworten. Die Bandbreite der Nadelvliesbeläge ist mindestens ebenso breit gefächert wie die der Klebstoffe.

Die TKB hat deshalb eine Expertengruppe eingerichtet, die seriös und firmenübergreifend der Frage nachgehen wird, ob für Nadelvliesbeläge nach dem Stand der Technik besondere Teppichkleber erforderlich sind - also spezielle Mindestanforderungen definiert werden müssen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sprechen nicht dafür.

In einem Punkt sind sich die Mitglieder der TKB-Arbeitsgruppe bereits einig: Härte allein macht noch keinen funktionierenden Nadelvlies-Klebstoff aus. Erst im Zusammenspiel mit der ebenfalls erforderlichen Anfangsklebkraft entstehen praxistaugliche Textilbelagklebstoffe. "Tack-freie" Kleber mit sehr harter Fuge mögen in Einzelfällen - unter extremen Bedingungen oder bei nicht maßhaltigen Belägen - theoretisch berechtigt sein. Praktisch dürften solche Produkte jedoch spätestens dann zum Ärgernis werden, wenn die Renovierung ansteht und der alte Belag entfernt werden soll. Dann stellt sich nämlich die Frage: Was tun, wenn die Klebung fester ist als der Belag?

Dr. Udo F. Windhövel, Henkel-Thomsit / IVK, Düsseldorf

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5 allgemeine Verlege-Tipps

Unabhängig von der Art des verwendeten Klebstoffs sind für eine mangelfreie Nadelvlies-Verlegungen selbstverständlich immer die allgemein anerkannten Regeln des Fachs zu berücksichtigen. Dabei sollte auf die folgenden Punkte besonderer Wert gelegt werden:
- eine ausreichende Saugfähigkeit des Untergrundes, die im Bedarfsfall durch Spachteln zu gewährleisten ist,
- ein günstiges Raumklima (Mindest-Bodentemperatur von 15 C und eine relative Luftfeuchte von höchstens 65 %),
- ein ordnungsgemäßer Klebstoffauftrag mit ausreichend dimensionierter Zahnleiste (in der Regel wird von den Herstellern die Verwendung der Zahnung B1 oder B2 vorgeschrieben, damit die Benetzung der Belagsrückseite mehr als 70 % beträgt),
- Vorklimatisierung des Belages nach den Angaben in der Verlegeanleitung,
- fachgerechter Nahtschnitt.
aus FussbodenTechnik 05/02 (Handwerk)