Ein Kommentar von Ulrich Baumert

Parkett für "19,99" und was die Branche sonst noch bewegt


Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wenn es um den Marktauftritt im Segment Holz/Laminat/Kork geht, nehmen Haro, Meister und Parador die Spitzenstellung ein. Nicht Masse und Preis sondern das Marketing hat sich zur schärfsten Waffe dieser Firmen entwickelt. Kaum ein anderes Unternehmen ist derzeit in der Lage, Wohnästhetik auf einem so hohen Niveau zu kommunizieren und mit außergewöhnlichen Maßnahmen einen Nachfrageschub zu erzeugen. Und weil das so ist, beobachten sich die drei Produzenten mit Argusaugen. Allenfalls die Schwesterfirmen Kährs/Bauwerk haben als Parketthersteller das Zeug dazu, in die "Champions League" vorzustoßen, während beispielsweise Tarkett in Sachen Marketing im Bereich Parkett und Laminat gerade mal Kreisklassen-Niveau bescheinigt werden kann.

Beim Stichwort "Preis" dürfte der eine oder andere, zumindest was Haro anbelangt, etwas sensibel reagieren. Die jüngste Frühjahrsaktion der Rosenheimer, "Love is in the air", steckt der Branche noch in den Knochen: "Haro Schiffsboden Buche gedämpft Family" in 2,20 m Länge und mit 2,5 mm Deckschicht für 19,99 EUR pro Quadratmeter. Kein anderes Markenparkett wird im Fachhandel zu einem solch sensationellen Preis angeboten. Für Hamberger war die Aktion ein Riesenerfolg: "25% mehr Teilnehmer als bei der vorangegangenen Veranstaltung", wurde mir stolz berichtet.

Das Ganze funktioniert natürlich nur in einer Mischkalkulation, denn die Händler müssen ein ganzes Paket an Produkten abnehmen, das auch hochpreisige Ware umfasst. Der Lockvogel soll in erster Linie den Frequenzbringern im Baumarkt Paroli bieten. Dass sich "19,99" seit gut einem Jahr in den Köpfen der Verbraucher festgesetzt hat und bei Fertigparkett als Maßstab gilt, ist eine fatale Nebenwirkung. Schon steht die Herbstaktion vor der Tür und alle Welt fragt sich: "Kann der brutale Einstiegspreis in Anbetracht der stark steigenden Rohstoff- und Energiekosten gehalten werden?"

Dass die Rosenheimer auch anders können, haben sie eindrucksvoll mit ihrer Roadshow demonstriert. Im Mai ging es nach Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Köln und München, um die Kunden für die hochwertigen Premiumprodukte zu begeistern. Im Fokus: die "Parkettmanufaktur" - edelste Böden und ein durchdachtes Vermarktungskonzept.

Pfleiderer: Übernahme eines Laminatboden-Produzenten

Pfleiderer-Chef Hans Overdieck ließ die Katze endlich aus dem Sack, nachdem die Laminatbranche schon seit Monaten über einen Mega-Deal des oberpfälzischen Unternehmens spekuliert hatte. "Wir wollen in den kommenden 12 Monaten einen großen Hersteller übernehmen", verriet der Vorstandsvorsitzende dem Handelsblatt. Wie es branchenintern heißt, beabsichtigt die Pfleiderer AG, dafür einen dreistelligen Millionenbetrag bereitzustellen. Auf der ordentlichen Jahreshauptversammlung legte der Vorstandsvorsitzende noch einmal nach: Gute Wachstumschancen für den Flooring-Sektor verspricht er sich auch in den USA, wo ein weiterer Produktionsstandort geplant sei. Inzwischen wurden Vermutungen laut, dass es sich bei dem Übernahmekandidaten um Classen Industries handeln könnte. Durch den Kauf der badischen Kunz-Gruppe verfügt die Pfleiderer AG über die entsprechenden MDF-/HDF-Ressourcen, einem Vorprodukt von Laminatfußböden.

Die Aktivitäten dieses Unternehmens spiegeln den nicht unerheblichen Konsolidierungsdruck auf dem Laminatboden-Sektor wider. Dazu kommen enorme Kapazitätsausweitungen, teilweise aufgrund der neuen Direktdruck-Technologie. Eine Speerspitze in diesem Bereich bildet Egger Floor Products. Im sauerländischen Brilon entsteht derzeit mit einer Jahreskapazität von 30 Mio. qm die weltweit größte Anlage für Direktdruck (wir berichteten ausführlich). Dass die "Kronos" auf diese Tendenzen mit ähnlichen Kalibern reagieren, versteht sich von selbst. Darüber hinaus baut Egger derzeit die Kapazitäten im Europawerk Wismar auf 50 Mio. qm aus. Und ganz nebenbei entsteht im saarländischen Eiweiler der "Agepan-Tarkett Laminate Park" (geschützter Begriff) mit einer Produktionskapazität zwischen 25 und 30 Mio. qm. Dazu treibt Tarkett noch zwei weitere Joint Ventures in Russland und in den USA voran. Vorstandsvorsitzender Marc Assa will so bis 2008 die Absatzmenge auf über 50Mio. qm steigern. Wie man sieht, wird die Laminat-Welt durch diese Konzentrationsprozesse völlig neu geordnet.

"Holzland-Expo": Olympischer Gedanke zieht nicht mehr

Der Holzhandel ist für BTH Heimtex nun wirklich kein Hauptschauplatz. Wenn sich aber dennoch immer wieder Querverbindungen ergeben, dann liegt das an den Lieferanten, die in unterschiedlichen Vertriebskanälen unterwegs sind und auch den Bodenbelagsgroß- und Einzelhandel bedienen.

In diesem aktuellen Fall geht es um eine mächtige Kooperation mit rund 200 Mitgliedsbetrieben, nämlich Holzland, und um deren Veranstaltung "Holzland-Expo" in Hannover. Die für Oktober angesagte Veranstaltung soll den Schwerpunkt "Fußboden" haben - eine nette Idee, wenn auch nicht gerade aufregend. Dass aber mit Kährs, Terhürne, Meister-Werke, Parador und Tilo gleich fünf namhafte Lieferanten als Aussteller fernbleiben, zeugt schon von einiger Brisanz. Begründung: "Unverhältnismäßig hohe Kosten, die qualifizierte Messeauftritte mit sich bringen". Der olympische Gedanke "Dabei sein ist alles" hat offensichtlich ausgedient - eine Tendenz, die auch die etablierten Messen unserer Branche verstärkt zu spüren bekommen, allen voran die Domotex.

Die Marke ist bei Haro Dreh- und Angelpunkt

Löffel oder Messer? Manche Besteckteile geben Rätsel auf. Es sei denn, Uwe Eifert sitzt mit am Tisch. "Das Ding können Sie ruhig zum Mund führen", klärte er uns auf. "Das ist ein Gourmetlöffel." Der Vertriebsleiter bei Hamberger Flooring muss es wissen, schließlich war er lange Jahre bei Besteckhersteller WMF unter Vertrag; Fissler und Leifheit folgten. Wie man sieht, alles Markenartikler. Bei Hamberger ist das wichtig, schließlich hat man selbst die Ambition, "Haro" als echte Konsumentenmarke zu etablieren.

Auch Eiferts Vorgänger konnte bereits "Markenprägung" vorweisen. Martin Frechen war zuvor bei Steiff (Teddybären) und Tengelmann (Geschätsbereich Hackfleisch), um nach einer kurzen Stippvisite bei Hamberger zum Schreibgeräte-Hersteller Lamy zu wechseln. "Ich möchte Geschäftsführer werden", stellte er ohne Umschweife fest. Und da hätte Frechen bei den Rosenheimern keine Chance gehabt: die Position ist auf zwei Generationen hinaus vergeben. Inzwischen ist Martin Frechen wieder zu den Kuscheltieren zurückgekehrt.

Apropos Gourmetlöffel: Es handelt sich dabei quasi um einen "Zwitter" aus einem extra flachen Löffel und einem zu breit geratenen Fischmesser, der oftmals in der Edelgastronomie zur Anwendung kommt, wenn es darum geht, Sauce von einem flachen Teller aufzunehmen.
aus BTH Heimtex 06/06 (Bodenbeläge)