Praxisgerechte Messung der Belegreife von Estrichen

Luftfeuchtemessung im Bohrloch kann CM-Messung nicht ersetzen

Die Ermittlung der Belegreife von Estrichen per CM-Messung wurde in den vergangenen Monaten heiß diskutiert. Auf der TKB-Tagung und im Rahmen des Fachkongresses Ausbau in Nürnberg hielt Dipl.-Phys. Oliver Erning, Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF), einen vielbeachteten Vortrag zur CM-Messung und zu alternativen Methoden. Erning hatte am IBF umfangreiche Versuchsreihen durchgeführt, um die verschiedenen Methoden der Feuchtigkeitsmessung vergleichen zu können.

Auslöser der Diskussion um die Messungen mit dem CM-Gerät waren Schäden an Bodenbelägen, die trotz nachweislich und ordnungsgemäß durchgeführter Feststellung der Belegreife entstanden waren. In der Folgezeit blickten Boden- und Parkettleger über die Grenzen in andere Länder und brachten von dort eine alternative Messmethode mit: Seit etwa drei Jahren wird über die relative Luftfeuchtemessung in Bohrlöchern und eine daraus zu folgernde Restfeuchte des Untergrundes diskutiert. Der Nachteil besteht darin, dass man mit dieser Messmethode bei den im deutschsprachigen Raum üblichen schwimmenden Estrichkonstruktionen nur wenig Erfahrung hat. Genau so schwer wiegt, dass kein einheitliches Prüfverfahren und keine Anforderungswerte bestehen. Diese Meinung wird auch von den Verfassern der im Februar 2005 neu erschienenen Fachinformation für Schnittstellenkoordination bei beheizten Fußbodenkonstruktionen gestützt. Diese Informationsschrift, die in Zusammenarbeit mit den maßgeblichen Verbänden der Bodenleger, der Belaghersteller, der Estrichleger und der Mörtel- und Klebstoffindustrie entstanden war, gibt ein klares Bekenntnis zur Messung des Feuchtegehaltes mit dem CM-Gerät. Das Dokument kann man kostenlos unter www.flaechenheizung.de/Planer/Dokumente.htm herunterladen.

Ort der Prüfgutentnahme

Weiteren Diskussionsstoff lieferte der Ort der Prüfgutentnahme (FussbodenTechnik berichtete). Die Aussagen reichten von 'im unteren Drittel" über 'im mittleren bis unteren Drittel" bis zu 'über den ganzen Querschnitt". Da eine Messung aus dem unteren Bereich im Einzelfall höhere Werte bringen kann, andererseits eine mögliche Auffeuchtung des Estrichs an der Oberseite durch veränderte Klimabedingungen in den Räumen nicht mit erfasst wird, lässt sich nur über die Querschnittsmessung der Gesamtfeuchtegehalt der Konstruktion sicher abschätzen, stellt Erning fest. Untersuchungen am IBF hätten gezeigt, dass bei der Querschnittsmessung die geringste Streubreite auftritt. In einer technischen Kurzmitteilung vom November 2005 hat der Bundesverband Estrich und Belag dazu eine Veröffentlichung herausgegeben.

Der technischen Kurzmitteilung des BEB zufolge hängt das Ergebnis der CM-Messung wesentlich von der Art der Probenentnahme und der Durchführung der Messung selbst ab. Darum sollte die Prüfungsdurchführung sowohl bei beheizten als auch bei unbeheizten Estrichen grundsätzlich nach einer vereinheitlichten Methode durchgeführt werden - so wie es in der Arbeitsanweisung der 'Schnittstellenkoordination von beheizten Fußbodenkonstruktionen" festgelegt ist. Da es sich bei den Grenzwerten für die Belegreife um Mittelwerte handelt und Einzelwerte je nach Handhabung durchaus +/- 10 % davon abweichen können, sollte man sich nicht nur auf eine Messung stützen, sondern mehrere Messungen durchführen.

Bei einer Vielzahl der am Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung durchgeführten CM-Messungen an Estrichen wurden die unterschiedlichen Einflussfaktoren überprüft und gegenübergestellt. Die Messungen erfolgten mit:

- unterschiedlichen Geräten:Einfluss Geräte
- veränderten Schüttelzeiten und -Verhalten:Einfluss Prüfdauer
- Probenentnahme durch ein oder zwei Prüfer:Einfluss Mensch
- Probenentnahme aus dem gesamten Querschnitt:Einfluss Entnahmeort
- Probenentnahme aus dem unteren bis mittleren Bereich:Einfluss Entnahmeort
- Probenentnahme aus demoberen Bereich:Einfluss Entnahmeort

Bei verändertem Schüttelverhalten ergaben sich Unterschiede von bis zu 0,4 CM-% (Abbildung 1), die Unterschiede bei zwei verschiedenen Prüfern lagen zwischen 0,1 bis 0,3 CM-% und die Probenentnahme aus der oberen Zone im Vergleich zum unteren bis mittleren Bereich zeigte Differenzen im Ergebnis zwischen 0,4 und 0,8 CM-% (Abbildung 2 und 3). Dabei muss beachtet werden, dass von einer sehr sorgfältigen Prüfungsdurchführung ausgegangen wurde, sonst wären die Unterschiede im Vergleich zur Querschnittmessung und Darrprobe vermutlich noch deutlich höher ausgefallen.

Alternative Messmethoden

Mit Verfahren zur Messung der Feuchte von mineralischen Baustoffen befasst sich ein Sachstandsbericht der wissenschaftlich-technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege. In diesem Sachstandsbericht wird darauf hingewiesen, dass hygrometrische Verfahren von der Porengrößenverteilung, den Gleichgewichtszuständen und der Luftzirkulation sowie von Temperaturdifferenzen abhängig sind.

In einer Versuchsanordnung im IBF wurden in diesem Zusammenhang Messungen an unterschiedlich trockenen Estrichen durchgeführt, unter anderem an Estrichen die unter klimatischen Bedingungen von 20C und 65% relativer Luftfeuchte bis zur Gewichtskonstanz gelagert wurden, und demzufolge belegreif/trocken waren. Danach wurden an diesen Estrichen Bohrlöcher erstellt, diese mit Klebeband verschlossen und nach 10 Minuten eine Messsonde in die Bohrungen eingeführt. Die gemessenen relativen Luftfeuchten in den Bohrlöchern lagen danach zwischen 85 und 95% (Abbildung 4). Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Rückschluss auf die Belegreife des Estrichs nach Feststellung der relativen Luftfeuchte im Baustoff nicht möglich ist.

Wie ist dieser Messwert von rund 90 % relativer Luftfeuchte im Bohrloch einzuordnen? Der oben beschriebene Estrich befindet sich im Gleichgewichtszustand mit dem Umgebungsklima (Normklima). Folglich ist die 'relative Luftfeuchte im Bohrloch" mit der im Raum gemessenen relativen Luftfeuchte nicht vergleichbar. Aus der Messung folgt, dass sich im Bohrloch nicht die gleiche relative Luftfeuchte wie im Luftraum einstellen wird (Abbildung 5).

Momentan ist noch niemand in der Lage, für diese hygrometrische Messmethode sinnvolle und praxistaugliche Anforderungswerte zu definieren. Selbst die Prüfungsdurchführung ist noch nicht vereinheitlicht. Was passiert, wenn man durch einen schwimmenden Estrich durchbohrt? Die Skandinavier prüfen nach dieser Methode nur Betone, die deutlich dicker ausfallen.

Als sicherste Methode für die Feststellung des Absolutwertes des Wassergehaltes von Estrichen ist nach wie vor die Darrmethode anzusehen, die ein sehr genaues Prüfverfahren darstellt, jedoch nur im Labor möglich ist und eine Prüfdauer von 48 Stunden oder mehr erfordert. Aus den oben genannten Gründen sollten die alternativen Messmethoden, wie auch in der Fachinformation 'Schnittstellenkoordination" beschrieben, derzeit nur dazu verwendet werden um abzuschätzen, ob und wo eine CM-Messung sinnvoll ist.

An CM-Messung führt kein Weg vorbei

Als einzige Methode, mit der vor Ort vom Bodenleger Feuchtegehaltsbestimmungen an Estrichen durchgeführt werden können, ist daher nach wie vor die CM-Methode anzusehen, an der somit momentan kein Weg vorbeiführt. Sowohl elektronische Messmethoden, als auch die Überprüfung der relativen Luftfeuchte im Bohrloch und die zeitaufwendige Darrmethode, sind für den Handwerker unbrauchbar.

Die Aussagekraft der CM-Messung setzt eine gleichmäßige und sorgfältige Probenentnahme sowie eine einheitliche Vorgehensweise bei der Durchführung voraus. Die objektivste Methode mit der geringsten Streubreite stellt die Querschnittsmessung dar, die nach Möglichkeit, zumindest objektbezogen, immer vom selben Techniker durchgeführt werden sollte.

Da die für die Belagverlegung bekannten, maximal zulässigen CM-Restfeuchtewerte nur für reine Zement- oder Calciumsulfat-Estriche angewendet werden können, ist es für den Bodenleger zukünftig von großer Wichtigkeit, den vorhandenen Estrich bezüglich Bindemittel und Zusammensetzung möglichst genau zu hinterfragen und zu dokumentieren und sich gegenüber der Regelmessung veränderte Messmethoden vom Auftraggeber genauestens angeben zu lassen. Der von den Fachverbänden entwickelte Fußbodenpass stellt hier eine außerordentliche Hilfestellung dar.


Die Autoren

Dipl.-Ing. (FH) Peter Kunert ist von der Handwerkskammer für Mittelfranken in Nürnberg öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk und Inhaber des Ingenieurbüros für Fußbodentechnik in Erlangen. Der Bericht entstand in Zusammenarbeit mit Dipl.-Phys. Oliver Erning, Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung, Troisdorf
aus FussbodenTechnik 04/06 (Handwerk)