Parkett-Musterböden: Teil 1
Fischgrät
"Du siehst, wohin du siehst nur Schiffsverband am Boden". So könnte der erste Vers eines Gedichtes des Barockdichters Andreas Gryphius heute variiert werden. Aber entgegen seiner Prognose "Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein" , erfreuen wir uns seit Jahrhunderten an den prachtvollen Böden aus der Barockzeit. Dieser zweite Vers trifft schon eher auf unsere Gegenwart zu: Was Heimwerkerqualität hat, wird von nachfolgenden Generationen wenig geachtet. von Karl Remmert
Sind das gute alte Stabparkett und das aktuelle zweischichtige Einstab-Parkett nicht zu schade für einen lieblosen wilden Verband? Mit geringfügigem Mehraufwand sind aus diesen Materialien ansprechende Böden gestaltbar. Komme keiner und sage, der Kunde wolle es nicht anders. Im Bereich der Fliese ist der Trend seit längerem eindeutig: Ein Fries an der Wand, eine diagonale Verlegung am Boden, oft auch mit Fries, sind inzwischen Standard.
Diese Serie möchte die alten Hasen daran erinnern, was sie in ihrer Ausbildung gelernt und in ihren Prüfungen unter Beweis gestellt, aber oft wieder vergessen haben: Wir können Musterböden planen und verlegen. Diese Serie möchte den jungen Kollegen zeigen, wie Musterböden geplant und verlegt werden. Und schließlich möchte diese Serie dazu beitragen, dass mehr Betriebe als bisher Musterböden anbieten und meisterhaft verlegen - und zwar für den Betrieb zu auskömmlichen und für den Kunden zu erschwinglichen Preisen.
Begonnen wird diese Serie zur Planung und Verlegung von Parkettmusterböden mit Fischgrät, weil sich alle Musterbodenverlegungen in ihrer Verlegsystematik von Fischgrät ableiten lassen:
•Es werden Einzelstäbe benötigt
•Stäbe mit Federn müssen zur Hälfte rechts, zur Hälfte links gefedert sein
•Die Brücke muss symmetrisch im Raum liegen
•Der Schnurschlag muss deshalb aus der Raummitte verschoben werden
Fischgrät lässt sich aus Stabparkett, Lamparkett, Overlayparkett und aus Zweischichtparkett legen. Diese Materialien werden in der Regel als verlegefertige Einheiten geliefert. Die Ausnahme bildet Stabparkett Nut/Nut, das zunächst gefedert werden muss. Die Federn werden mit einem Holz- oder Gummihammer eingeschlagen, damit sie nicht stauchen.
Nach DIN 18 356 (Parkettarbeiten) soll bei genageltem und auch bei geklebtem Parkett 3/4 der Nut mit Federn ausgefüllt sein. Bei schubfest geklebten Stabparkettböden werden in der Gutachterpraxis aber auch weniger als 3/4 als ausreichende Federung angesehen. Durch die unterschiedliche Anordnung der Federn an den Kopfseiten erhält man Rechts- bzw. Linksstäbe. In den verschiedenen Regionen haben sich unterschiedliche Kriterien für die Bezeichnung von Rechts- bzw. Linksstäben eingebürgert.
Nach EN 13226 hat ein Parkettstab ein linkes Profil, wenn von oben gesehen der linke Kopf gefedert ist und dabei die Längsfeder auf den Verleger zeigt. Dementsprechend hat ein Parkettstab ein rechtes Profil, wenn von oben gesehen der rechte Kopf gefedert ist und dabei die Längsfeder auf den Verleger zeigt.
Bei Fischgrätverlegung muss eine Hälfte der Stäbe rechts, die andere links gefedert sein. Die Stäbe der Brücke oder der Anlegebahn, wie sie in einigen Gegenden auch genannt wird, können bei Parkettstäben Nut/Nut nur an den Längsseiten gefedert werden, weil dann alle übrigen Fronten mit den Federn zur verlegten Fläche angeschlagen werden können. Bei Parkett mit "angehobelter" Feder wird jeweils eine Front mit der Feder, die andere Front mit der Nut zur verlegten Fläche angeschlagen bzw. eingedrückt.
Bei Fischgrät muss vor dem Verlegen im Raum ein Schnurschlag gezeichnet werden. Der Schnurschlag für ein Fischgrät liegt nicht genau in der Raummitte, sondern muss aus der Raummitte verschoben werden, damit die Spitze der Köpfe auf die Linie gelegt werden kann. Dabei ist der Abstand (e) zwischen der Symmetrieachse und dem Schnurschlag um der Gehrungslänge aus der Raummitte versetzt, weil die Symmetrieachse der Brücke um dieses Maß neben dem Schnurschlag liegt.
Beim Anlegen der Brücke muss der Stab auf der Seite den Schnurschlag abdecken, zu der der Schnurschlag verschoben wurde. Es empfiehlt sich, den Schnurschlag immer zur gleichen Seite, z.B. nach rechts, zu verschieben, damit kann man das Anlegen einer Brücke automatisieren und so Fehler vermeiden.
Wenn die Symmetrieachse der Brücke an den Köpfen in der Raummitte liegt, ergibt sich eine gerade Anzahl der Fronten und das Fischgrät endet an beiden Raumseiten gleich. Wenn das Muster auf diese Weise mit sehr kleinen Abschnitten an den Wänden endet, kann es manchmal sinnvoll sein, den Schnurschlag zusätzlich um eine halbe Decklänge der Stäbe (l) weiter zu selben Seite zu verschieben. Dadurch liegt dann die Symmetrieachse des Musters in der Mitte eines Stabes und es ergibt sich eine ungerade Anzahl der Fronten. Das Fischgrät endet dann an den beiden Raumseiten unterschiedlich, aber mit längeren Abschnitten.
Ob die Symmetrieachse an den Köpfen oder in der Mitte der Stäbe liegen sollte, damit möglichst große Stücke an den Raumseiten liegen, kann durch einfache Rechnung geprüft werden. In diesem Beispiel sollte ein einfaches Fischgrät unter 45° zu den Wänden ohne Fries verlegt werden. Es wurde unbehandeltes Zweischichtparkett mit einer Stabgröße von 476 mm x 68 mm in der Holzart Eiche verwendet. Den Zusammenhang zwischen Gehrungslänge (Deckbreite b) und der Stabbreite sowie Decklänge l und der Stablänge zeigt die rechts stehende Skizze zur Herleitung der Gehrungszahl. Zur Berechnung wird benötigt die Gehrungszahl 1,414 (entspricht der Wurzel aus 2 und ergibt sich aus der Anwendung des Lehrsatzes des Pythagoras auf ein gleichschenkliges rechtwinkliges Dreieck). Wer die Gehrungszahl nicht im Kopf hat, kann auch auf der Baustelle durch Messen an einem unter 45° ausgerichteten Stab die Gehrungslänge und die Decklänge ermitteln. Die gemessenen Maße sind zwar nicht so exakt wie die rechnerisch ermittelten, für die Verlegung aber hinreichend genau.
Für die Lage des Schnurschlages muss die Anzahl der Fronten im Raum ermittelt werden:
Fronten = Raumbreite / Decklänge (aufgerundet, kein Fries)
Berechnung der Gehrungslänge am Beispiel:
Raumbreite: 4,20 m
Stäbe: 68 x 476 mm
Gehrungslänge = 0,068 m x 1,414 = 0,09615 m
Decklänge = 0,476 / 1,414 = 0,3366 m
Fronten = 4,20 m / 0,3366 m = 13Ergibt sich eine gerade Frontenzahl, liegt die Symmetrieachse bei den Köpfen. Bei einer ungeraden Frontenzahl liegt sie in der Stabmitte. Bei diesem Verlegbeispiel ergab sich durch Rechnung eine ungerade Frontenzahl. Dementsprechend musste der Schnurschlag um Gehrungslänge und zusätzlich um eine halbe Decklänge aus der Raummitte verschoben werden.
Schnurschlagverschiebung = 0,25 x 0,09615 m + 0,5 x 0,3366 m = 0,192 mFalls ein Fries verlegt werden soll, kann mit demselben Weg die Lage des Schnurschlages ermittelt werden. Es muss nur vor der Berechnung von der Raumbreite die gewünschte Friesbreite abgezogen werde. Wenn z.B. der Fries auf jeder Seite mindestens 2 Stabbreiten sein soll ergibt sich:
Fronten = 4,20 m - (4 x 0,068 m) / 0,3366 m (abrunden, Fries)Weil sich auch hier eine ungerade Anzahl der Fronten ergibt, müsste der Schnurschlag ebenfalls um 0,192 m aus der Raummitte verschoben werden. Die Berechnung der Musterspiegel- und Friesbreite wird im dritten Teil dieser Serie besprochen.
Nachdem der Schnurschlag um 19,2 cm nach rechts aus der Raummitte verschoben wurde, konnte aus je sieben rechten und linken Stäben eine Fischgräte zusammengesteckt und mit Kreppband fixiert werden. Mit diesem Teil der Brücke kann nun am Schnurschlag die Einteilung überprüft und ggf. korrigiert werden. Nach der Überprüfung wird der Teil der Brücke in Kopf (Herz) und Wiederkehr getrennt. Mit dem Kopf beginnt die Verlegung. Die Wiederkehren sind der Beginn der nächsten Fronten links und rechts der Brücke. Die Stäbe der letzten Front können rationell in Serie abgelängt werden, mit der Kreissäge am Queranschlag oder mit der Grundplatte. Das Arbeiten mit der Grundplatte wird im zweiten Teil dieser Serie besprochen.
Bei einem gedreht verlegten Fischgrät (Fischgrät parallel zur Wand) wird der Schnurschlag unter 45° aus einer Raumecke geschlagen.
In den weiteren Beispielen war es zweckmäßig, in der Nähe der Tür zu beginnen, weil der Schnurschlag so verschoben werden kann, dass an der Übergangsschiene ganze Stabbreiten verlegt werden können und eine Front symmetrisch in die Türöffnung gelegt werden konnte. Der weitere Verlegeablauf ist so wie oben bei Fischgrät unter 45° zu den Wänden beschrieben.
aus
Parkett Magazin 03/11
(Handwerk)