Phänomenale Entwicklung des Laminatfußbodens

Vom High-Tech-Boden zum Ramschprodukt - und wieder zurück


Es ist schon kurios, was sich in der Laminatbranche abspielt. Ende der Neunziger befand sich der Bodenbelag an der Schwelle, endgültig zu einem Ramschprodukt zu verkommen, doch inzwischen feiern ausgerechnet hochpreisige Qualitätsprodukte "fröhliche Urständ".

Ein Griff in die Mottenkiste: Man schrieb das Jahr 1991, als Pergo auf der Domotex seine Bodeninnovation vorstellte. Es war die Initialzündung für einen weltweiten Siegeszug dieses Belagssegments. Der schwedische Erfinder und Hersteller des Laminatbodens hatte die Monopolstellung - und die Zeit war reif. In Deutschland wurde das Produkt über ein halbes Dutzend Bodenbelagsgroßhändler vertrieben, die den Markt vorübergehend kontrollierten. Kollegenfirmen, die eine Palette zu astronomischen Preisen kaufen wollten, sahen sich quasi zum Kniefall gezwungen.

Bei den Pergo-Böden handelte es sich um so genannte HPL-Qualitäten mit einer Nutzschicht aus Overlay, Dekorpapier sowie mehreren Kraftpapieren - und die Qualität stimmte. Doch dann kam alles ganz anders: Der Erfolg weckte Begehrlichkeiten: Hersteller von Oberflächen für Küchenmöbel wie Hornitex, Witex, Unilin, Resopal traten auf den Plan und vor allem die Kaindl-Dynastie formierte sich zum heutigen Weltmarktführer auf dem Sektor Laminatfußboden. Es begann ein Hauen und Stechen, wobei die Qualität auf der Strecke blieb und die Preise in den Keller sanken.

Schließlich gelang es Witex-Geschäftsführer Ulrich Windmöller, den EPLF (Verband der Europäischen Laminatfussbodenhersteller) ins Leben zu rufen, um auf breiter Front Qualitätsstandards für die gesamte Branche zu definieren. Dann die epochale Erfindung der Klicksysteme zum leimlosen Verlegen und ein nicht enden wollender Streit um die Patentrechte. Seither nerven Lizenzgeber die Fachpresse mit Erfolgsmeldungen, wenn sie wieder einmal gegen einen der rund 780 chinesischen Hersteller oder sonst wen in der Welt gerichtlich obsiegt haben (manchmal wird es sogar veröffentlicht).

Was die Patent- und Laminatrechte betrifft, scheint man sich zumindest in Europa weitgehend arrangiert zu haben - gut so, denn die "wilden Klicker" haben erhebliche Wettbewerbsverzerrungen verursacht, was bei Lizenzgebühren von bis zu 50 Cent pro qm leicht nachzuvollziehen ist.

Jeder weiß: Preismasochisten wird es auch weiterhin geben, sowohl auf Handels- als auch auf Herstellerseite, aber ihre Zahl nimmt ab. Die Kostenexplosion bei den Rohstoffen und auf dem Energiesektor sowie die Erhöhung der Mehrwertsteuer machen Korrekturen um die 10% unumgänglich. Aber wo ist das Problem? Der Konsument ist wieder bereit, für Qualitätsprodukte Geld auf den Tisch zu legen. Das trifft sogar für Laminatböden zu! Hersteller wie Pergo, Alloc und Skema wetteifern inzwischen in Preisbereichen zwischen 30 und 50 EUR pro qm, wobei es sich, wie eingangs erwähnt, um HPL-Ausführungen handelt. Natürlich sind das Nischenprodukte, die jedoch im Fachhandel und auf dem Objektsektor zunehmend Akzeptanz finden.

Was die Direktbeschichtung anbelangt - und das ist der eigentliche Markt -, sind die Fachhandelsmarken in qualitativer Hinsicht kaum noch zu toppen. Der enorme Aufwand an Forschung und Entwicklung sowie das Marketing der führenden Hersteller tragen Früchte. Der Laminatboden hat sich zu dem entwickelt, wofür wir ihn immer gehalten haben: ein edles High-Tech-Produkt mit viel Gestaltungspotenzial. Höchsten Respekt verdient übrigens auch, was die Dekordrucker und Maschinenbauer zu dieser Entwicklung beitragen. Überzeugen Sie sich auf den folgenden Seiten.

Ulrich Baumert
aus Parkett Magazin 06/06 (Bodenbeläge)