Schadensfall aus der Praxis
Planung muss Raumklimadaten berücksichtigen
In einem neuen 5-Sterne-Hotel wurden in Aufenthaltsräumen und den Vorräumen der Hotelzimmer massive Räuchereiche-Dielen mit einem elastischen Klebstoff vollflächig auf einen Zementestrich verklebt. Bereits bei Nutzungsbeginn rügte der Bauherr die konkaven Schüsselungen der Massivholzdielen und die sehr breiten Fugen. Mit der Begutachtung des Bodens wurde der Sachverständige Helmut Becker beauftragt.
Bei der Besichtigung des Bauvorhabens im Winter 2006 zeigte sich dem Sachverständigen ein eindeutiges Schadensbild. Die 22 mm dicken und 145 mm breiten Massivdielen wiesen extreme Schüsselungen von 1,5 mm, teilweise bis zu 3 mm, auf. Zusätzlich hatten sich deutliche Fugen von oft 2 mm, teilweise bis 3 mm Breite, gebildet. An mehreren Stellen waren die Federn der Nut- und Federverbindungen sichtbar. Das Abklopfen der hoch stehenden Längskanten einzelner Massivholzdielen ergab, dass der elastische Parkettklebstoff den Formveränderungen des Holzes 'gefolgt" war, ohne dass es zu Ablösungen vom Estrich kam.
Durch Raumklima-Messungen wurden in allen Bereichen extrem niedrige relative Luftfeuchtigkeiten nachgewiesen. Bei Temperaturen von 21/22 C wurden fast ausschließlich Werte unter 25% relative Feuchte gemessen, der niedrigste Wert lag bei 18,8%. Der Hotelbetreiber und die anwesenden Planer räumten ein, dass über das Lüftungssystem lediglich eine kontrollierte Ent- und Belüftung der Räume erfolgt, jedoch keine zusätzliche Befeuchtung.
Erwartungsgemäß ergaben die Darr-Prüfungen an entnommenen Holzproben sehr niedrige Holzfeuchten zwischen 4,8 und 5,9%. Diese Werte bestätigten eindeutig, dass die zum Gutachtertermin ermittelten ungünstigen Luftfeuchten unter Berücksichtigung der Feuchtewechselzeiten von Eiche bereits länger in dem Neubau geherrscht haben müssen.
Ursache: Deutliche Rücktrocknung
Die Massivholzdielen waren auf Grund des Raumklimas einer extremen Rücktrocknung ausgesetzt. Durch die niedrige relative Luftfeuchte von weniger als 25% hat sich eine sehr niedrige Holzausgleichsfeuchte von 4 bis 6% eingestellt. Entsprechend stark war das Schwinden der Dielen und damit einhergehend die Fugenbildung und Schüsselung. Da die Breite der Fugen gut mit dem relativen Schwindmaß von Eiche korrelierte, konnte der Sachverständige zudem ausschließen, dass die Massivholzdielen zum Zeitpunkt der Anlieferung und Verlegung einen höheren Feuchtegehalt als 9% aufgewiesen haben.
Der Parkettleger hatte nachweislich bereits mit der Angebotsabgabe und auch nach der Verlegung den Bauherrn auf die Einhaltung vorgegebener relativer Luftfeuchten hingewiesen. Da die Dielen zudem zum Zeitpunkt des Einbaus eine normgerechte Holzfeuchte aufwiesen, liegt die Verantwortung für den Schaden beim Bauherrn bzw. beim Architekten. Die Sicherstellung der erforderlichen Raumklimawerte war bei der Planung offensichtlich außer Acht gelassen worden.
Der Autor:IFF Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öffentlich bestellter und vereidigter Berufssachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.
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aus
Parkett Magazin 01/07
(Handwerk)