Weich und trotzdem schubfest
Neue Wege bei einkomponentigen Polyurethan-Parkettklebstoffen
Beim Verkleben von Parkett nehmen lösemittelhaltige Kunstharz-Klebstoffe immer noch die mengenmäßig führende Rolle ein. Sie befinden sich jedoch zunehmend auf dem Rückzug. Mittlerweile dürfte ihr Anteil unter die 50 %-Marke gefallen sein. Ersatzstoffe im Sinne der TRGS 610 sind eigentlich nur die Dispersions-Klebstoffe. Aus anwendungstechnischer Sicht nimmt die Bedeutung der einkomponentigen(1K) Reaktionsharz-Klebstoffe als Alternative allerdings ständig zu - die rasche Marktdurchdringung mit einkomponentigen Hybrid-(MSP)-Klebstoffen hat hierzu einen erheblichen Teil beigetragen.
Dass auch die Polyurethan(PUR)-Klebstoffe noch erhebliches Entwicklungspotenzial aufweisen, vermittelt Dr. Norbert Arnold, Leiter Technischer Produktservice bei Uzin Utz, nachfolgend am Beispiel eines hartelastischen* 1K-PUR-Klebstoffs.
PUR-Klebstoffe
Polyurethane sind eine extrem vielseitige Produktgruppe. Üblicherweise unterscheidet man hierbei ein- (1K) und zweikomponentige (2K) Systeme. Diese Klassifizierung wird auch auf Parkettklebstoffe angewandt. Häufig ist damit auch die Zuordnung zu hartelastischen (2K)-, bzw. weichelastischen (1K)-Klebstoffen verbunden.
1K-PUR-Klebstoffe werden seit Ende der neunziger Jahre in erheblichen Mengen zur Verklebung von Parkett eingesetzt. Sie stehen praktisch synonym für das weichelastische Kleben. Diese Art der Parkettverlegung wurde anfänglich fast überschwänglich aufgenommen. Sie ist lösemittelfrei und reduziert die durch Feuchtewechsel im Holz erzeugte Wirkung der Scherkräfte auf den Untergrund erheblich. Mittlerweile werden die weichelastischen Klebstoffe allerdings von vielen Parkettlegern nüchterner beurteilt. Liegen Umstände vor, die die sogenannte Blockbildung begünstigen (z. B. Versiegelung mit Neigung zu Seitenverleimung), so lassen die weichelastischen Klebstoffe nach der Parkettverlegung eine Fugenbildung zu, hartelastische Klebstoffe dagegen vermindern diese eher.
Elastizität von Klebstoffen
Elastizität heißt nichts anderes als Verformbarkeit bei Einwirkung einer Kraft oder eines Drucks. Allerdings wird damit auch ungesagt ausgedrückt, dass sich der Gegenstand nach der Belastung wieder vollständig zurückformt. Typische Beispiele sind Gummiball oder Stahlfeder. Geht die Verformung nicht (vollständig) zurück, so spricht man von plastischem Verhalten. Da dieses Thema bereits vielfach beschrieben wurde, sei hier auf die weiterführende Literatur verwiesen.
Physikalisch wird die Elastizität durch den sog. Elastizitäts-Modul (E-Modul) sowie auch über den nahe verwandten Schermodul (G-Modul) beschrieben. Beide geben Hinweise zum elastischen Verhalten eines Klebstoffs. Generell gilt, je niedriger der E-Modul oder G-Modul, desto weichelastischer ist der Klebstoff.
Aktueller Stand der Normung
Die bisherige deutsche Normung für Parkettklebstoffe (DIN 281, März 1994) berücksichtigt nur Lösemittel- und Dispersionsklebstoffe. Würde man sie ebenfalls auf Reaktionsharzklebstoffe übertragen, so würden die weichelastischen Klebstoffe die geforderten Längsscherfestigkeiten (mindestens 3,5 bzw. 3,0 N/mm) nicht erreichen und damit "durchfallen".
Auf europäischer Ebene wurde im letzten Jahr die EN 14293 verabschiedet und in Deutschland als DIN EN 14293:2006-10 eingeführt. Diese Norm unterscheidet zwischen "harten" und "weichen" Klebstoffen und legt unter anderem verbindliche Werte für deren Mindestfestigkeiten einschließlich der zugehörigen Messverfahren fest. In Tabelle 1 sind die voraussichtlichen Grenzwerte dargestellt. Bei der Zugscherfestigkeit stellt die Norm an die harten Klebstoffe die gleichen Anforderungen wie die "alte" DIN 281; typische Vertreter dieser Gruppe sind Lösemittel-, Dispersions- und 2K-PUR-Klebstoffe. In die Gruppe der weichen Klebstoffe fallen praktisch alle 1K-Reaktionsharz-Klebstoffe (PUR und MSP).
Betrachtet man die heute für den Parkettklebstoffmarkt repräsentativen Produkte, so bestätigt sich auch die pauschale Zuordnung 1K-PUR = weichelastisch und 2K-PUR = hartelastisch.
Neue Wege bei der Verklebung mit 1K-PUR-Klebstoffen
Aus dem oben dargestellten Zusammenhang ergibt sich für den Anwender eine unbefriedigende Situation. Möchte er mit den anwenderfreundlichen 1K-Produkten arbeiten, so ist er bisher fast automatisch gezwungen, weichelastisch zu verkleben, auch wenn er eigentlich die möglicherweise nachteiligen Effekte vermeiden wollte.
Durch neue Entwicklungen in der Formuliertechnik ist es jetzt mit dem 1K-PUR-Klebstoff UZIN MK 95 gelungen, die Zwangsehe von einkomponentig und weichelastisch zu scheiden und trotzdem normgerecht zu bleiben. Diese paradox erscheinende Feststellung lässt sich durch den Vergleich unterschiedlicher mechanischer Kenndaten anschaulich darstellen. In Tabelle 2 sind Normwerte von konventionellen 2K-PUR-, 1K-PUR- und 1K-MSPKlebstoffen denen des neu entwickelten hartelastischen 1K-PUR-Klebstoffs gegenübergestellt. Alle 1K-Produkte, auch der hartelastische UZIN MK 95, erfüllen die in Tabelle 1 beschriebenen Anforderungen der DIN EN 14293 für weiche Parkett-Klebstoffe; der 2K-PUR-Klebstoff fällt in die Gruppe der harten Klebstoffe. Vergleicht man die Shore-Härten (Bild 1), die in etwa das subjektive Empfinden von Härte wiedergeben, zeigt sich, dass der hartelastische 1K-PUR-Klebstoff eher dem harten 2K-PUR-Klebstoff nahekommt.
Für den Anwender ist allerdings im Grunde nicht die Härte bei der Klebstoffauswahl entscheidend. Die Härte ist vielmehr als Hinweis anzusehen, ob die Verklebung schubfest oder weichelastisch erfolgt. Die Schubfestigkeit lässt sich messtechnisch über den sogenannten Scher-Modul erfassen, und hier zeigt der direkte Vergleich (Bild 2), dass der Scher-Modul des hartelastischen 1K-PUR-Klebstoffs etwa siebenmal höher ist, als der des weichelastischen!
Nach dem dargestellten Gesamtbild ist der neue 1K-PUR-Klebstoff also normgemäß (objektiv) ein weicher Klebstoff, nach den Härte-Werten (subjektiv) ist er hartelastisch und bei der Schubfestigkeit liegt er um den Faktor 7 über dem konventionellen Klebstoff, womit das oben geschilderte Paradoxon aufgeklärt wäre.
Anwendung
Die Verarbeitung des hartelastischen 1K-PUR-Klebstoffs entspricht der Verarbeitung der weichelastischen Systeme (Tabelle 3). Die offene Zeit liegt bei 50 - 60 Minuten und damit im Bereich marktüblicher 1K-PUR-Klebstoffe. Der Einsatzbereich umfasst die gängigen Holzarten und Formate, gleiches gilt für die zu belegenden Untergründe, wobei auf deren ausreichende Festigkeit zu achten ist. In Verbindung mit Entkoppelungs- und Schalldämmunterlagen werden die Aufbauten im Vergleich zu weichelastischen Klebstoffen deutlich verformungsstabiler. Das schnelle Abbinden erlaubt, dass die verlegten Flächen bereits nach 24 Stunden geschliffen werden können.
Der hartelastische Klebstoff hat seine vorteilhafte Eigenschaftskombination bereits in vielen Objekten bewiesen. Dem Anwender erschließen sich damit neue verarbeitungs- und umweltfreundliche Anwendungsgebiete unter Nutzung der hohen Sicherheitsreserven hartelastischer PUR-Klebstoffe.
* Die DIN EN 14293 unterscheidet zukünftig zwischen "harten" und "weichen" Parkett-Klebstoffen. Somit sind diese beiden Begriffe normativ eingeführt und eindeutig über Werkstoffeigenschaften definiert. Diese Einteilung spiegelt allerdings nicht unbedingt das subjektive Empfinden für weich und hart wider. Um hier Fehlschlüsse auszuschließen werden im vorliegenden Fachbeitrag die Begriffe "weich" und "hart" ausschließlich entsprechend der normativen Definition gebraucht. In allen anderen Zusammenhängen werden die nicht genormten und eher subjektiv belegten Begriffe "weichelastisch" und "hartelastisch" verwendet.
aus
Parkett Magazin 01/07
(Handwerk)