Weniger Auszubildende, weniger Meisterschüler, weniger Ausbildungsbetriebe

Geht dem Raumausstatter-Handwerk der Nachwuchs aus?

Seit Jahren sinkt die Zahl der Auszubildenden im Raumausstatter-Handwerk. Auch die Meisterschule besuchen immer weniger Schüler. Gleichzeitig gibt es immer weniger Betriebe, die ausbilden. Eine alarmierende Entwicklung, die die Frage nach der Zukunft dieses traditionsreichen Handwerks aufwirft. BTH Heimtex beleuchtet die aktuelle Situation aus drei unterschiedlichen Perspektiven.

Handwerksbetriebe suchen verzweifelt nach Lehrlingen" - so der Trailer für ein ARD Polit-Magazin. "Wir haben 800 freie Ausbildungsplätze", sagt der Präsident der HWK Osnabrück-Emsland in einem Interview der Osnabrücker Zeitung. Insgesamt suchten die Betriebe in der Region über 4.000 Fachkräfte, dem Handwerk gehe es nach der Krise so gut geht wie schon lange nicht mehr.

Vielerorts ist aus dem Lehrstellenmangel ein Lehrlingsmangel geworden. Dabei passt am Ausbildungsmarkt vieles nicht mehr zusammen. Die Angebote der Firmen nicht mit den Berufswünschen der Schulabgänger, der Wissensstand der Schüler nicht mit den Erwartungen der Betriebe. Mehr als 7.000 Ausbildungsplätze im Handwerk waren nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) Ende vergangenen Jahres unbesetzt. Als Folge der demographischen Entwicklung sinkt die Zahl der Schulabgänger rapide. Laut Deutschem Industrie- und Handelskammertag haben 2010 rund 100.000 Jugendliche weniger die Schule verlassen als noch 2004.

Auch bei den Raumausstattern ist die Zahl der Auszubildenden seit mehr als 12 Jahren rückläufig: Nach 4.851 im Jahr 1997 wurden 2004 lediglich 3.146 Lehrlinge ausgebildet, 2010 waren es dann nur noch 2.255. Die Zahl der abgelegten Meisterprüfungen hat sich in den letzten sieben Jahren sogar mehr als halbiert: 2004 gab es 142 neue Raumausstatter-Meister, 2009 erhielten nur noch 60 Nachwuchskräfte ihren Meisterbrief. Aber auch die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist rückläufig und die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist seit 2005 von 1.766 auf 1.479 zurückgegangen.

In einem offenen Brief (s. unten) beklagte Helmut Werner, Oberstudienrat an der Albrecht-Dürer-Schule, Berufskolleg der Stadt Düsseldorf, die Ausbildungssituation im Raumausstatterhandwerk. BTH Heimtex sprach daraufhin mit dem Geschäftsführer des Zentralverbands Raum und Ausstattung (ZVR) Henning Cronemeyer über die Entwicklung. Die Albrecht-Dürer-Schule zeigt aber auch, dass neue Konzepte wie die praxisbezogene Ausbildung in Lernfeldern bei den Azubis die Lust auf den interessanten und abwechslungsreichen Beruf des Raumausstatters wecken kann.


Offener Brief von Helmut Werner


Aufruf zur Situation der Ausbildung im Raumausstatterhandwerk

Mit großem Interesse habe ich die Ergebnisse der letzten Konjunkturumfrage des ZVR gelesen. Besonders die Einschätzung der aktuellen Ausbildungssituation. Woher dieser Optimismus kommt, ist mir allerdings schleierhaft.

In den letzten Jahren hat die Ausbildungsbereitschaft in dem relativ großen Einzugsbereich Düsseldorf deutlich nachgelassen. Im Bereich Nordrhein ist der Bildungsgang Raumausstattung in einigen Berufskollegs bereits aufgelöst worden. Aktuelle Tendenz: weiter sinkende Schülerzahlen!

Bei einem Versuch den Ursachen auf den Grund zu gehen, hat sich in Gesprächen mit den ausbildungswilligen Betrieben folgende Problematik ergeben:

-fehlende Ausbildungseignung der Bewerber
-unsichere Auftragslage, also Kostenfaktor
-"nicht die zukünftige eigene Konkurrenz ausbilden".

Bei dieser Entwicklung sehe ich nicht nur die Zukunft des Raumausstatters als eigenständigem Beruf gefährdet, auch existierende Fort- und Weiterbildungseinrichtungen werden aufgrund mangelnder Nachfrage erhebliche Probleme bekommen. Daher kann ich nur alle Beteiligten aufrufen, sich verstärkt für die Ausbildung einzusetzen. Dabei ist es sicherlich nicht förderlich, dass in unserer Fachzeitschrift (RZ, Anmerkung d. Red.) der von der Berufsschule Düsseldorf schon vor Monaten eingereichte Beitrag zur Arbeit in den neuen Lernfeldern noch nicht veröffentlicht wurde.

Mit dennoch optimistischen
und herzlichen Grüßen aus Düsseldorf
Helmut Werner, Oberstudienrat
aus BTH Heimtex 06/11 (Handwerk)