Textilkonjunktur
Stimmung verbessert
Berlin - Schon seit einigen Monaten steigen die Stimmungswerte bei den Unternehmen. Die bestätigt sowohl der ifo-Index, der weiterhin Höchststände für Textil und Bekleidung markiert, als auch die verbandsinterne Konjunkturumfrage. Letztere ergibt ein optimistisches Bild, das dem des Vorjahres ähnelt. Allein: Die "harten" Fakten - der Umsatz - folgen diesem Bild nicht so recht, denn über ein halbes Jahr positive Stimmung haben die Umsatzindizes zwar auf ein nach den Einbrüchen 2009 zufriedenstellendes Niveau gehoben, der erhoffte Durchbruch zum Vorkrisenniveau ist bislang jedoch ausgeblieben. Dieses Problem der stagnierenden Umsätze in der zweiten Jahreshälfte hat die Textil- und Bekleidungsindustrie mit der Konsum- und Verbrauchsgüterbranche gemein. Jedoch koppelt sich Textil & Bekleidung von der Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt ab, das auch weiterhin stetig zunehmende Umsätze verzeichnen kann. Hervorzuheben ist, dass sich vor diesem Hintergrund die einzelnen Segmente sehr unterschiedlich entwickeln. Wiederum ist bei Textil, im Gegensatz zu Bekleidung, die Auslandsnachfrage in den vergangenen Monaten kein entscheidender Treiber mehr gewesen.
Der Branchenumsatz liegt in den ersten elf Monaten 2010 um insgesamt 9,4 Prozent höher als per November 2009, wobei Textil mit +16,6 Prozent mehr Umsatz, Bekleidung hingegen nur +0,7 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahreszeitraum verzeichnet. Erkennbar ist, dass die Krise die Bekleidungsumsätze erst Mitte 2009 mit voller Wucht getroffen hat und die Unterschiede daher auch auf dem gewählten Vergleichszeitraum beruhen. Die Textilindustrie insgesamt stagnierte während der vergangenen Monate, wobei es zwischen Wachstumssegmenten wie Vliesstoff oder Konfektionierte Textilwaren und eher stagnierenden Segmenten wie Veredlung und Webereien große Unterschiede gab. Bei der Bekleidung ergibt sich aus den vergangenen Monaten - mit Ausnahme der Arbeits- und Berufskleidung sowie Strumpfwaren und Lederbekleidung - eine eher enttäuschende Umsatzentwicklung, die in auffälligem Gegensatz zur anhaltend guten Stimmung steht. Allerdings ist die Entwicklung bei Bekleidung sehr viel volatiler als bei Textil; die sehr positive Entwicklung der vergangenen Monate zeigt dies.
Der November 2010 war ein vergleichsweise starker Monat, so dass bei weiterhin optimistischem Ansatz des Monats Dezember der prognostizierte Gesamtumsatz 2010 etwa 8 bis 9 Prozent über dem von 2009 liegen wird, wobei Bekleidung nur geringe Umsatzzuwächse von bis zu 2 Prozent verzeichnet, der Textilumsatz jedoch um mehr als 16 Prozent gegenüber 2009 steigt. Im Vergleich zu 2008 wird das Umsatzniveau aber immer noch insgesamt um 7 bis 8 Prozent verfehlt.
Demgegenüber sinkt die Beschäftigung: Im Durchschnitt der Monate Januar bis November hatte die Branche mit insgesamt -6,2 Prozent weniger Beschäftigte im Inland im Vergleich zum Vorjahr (Textil -6,0 Prozent, Bekleidung -7,2 Prozent). Auch wenn die Beschäftigung ein zeitlich nachlaufender Indikator ist, kann der noch junge Aufschwung den vom Strukturwandel geprägten Rückgang der Beschäftigtenzahlen nicht kompensieren, insbesondere nicht bei der Bekleidung.
Es ist trotz erholter Konjunkturlage kein eindeutiger Trend nach oben zu erkennen. In beiden Segmenten sind die Beschäftigtenzahlen seit Mitte 2010 nahezu unverändert, der unentschlossene Aufschwung reicht für einen klaren Zuwachs nicht aus. Für die Branche insgesamt (Betriebe ab 1 Beschäftigtem) gehen wir daher aktuell von ca. 120.000 Beschäftigten aus. Ohne Kurzarbeit wäre dies sicherlich noch gravierender ausgefallen. Die krisenbedingte Kurzarbeit betraf etwa 18.000 Beschäftigte, also fast 15 Prozent der gesamten Beschäftigten.
Ein gespaltenes Bild bietet die inländische Produktion: Sie ist im Vorjahresvergleich der Monate Januar bis November 2010 zum Vorjahreszeitraum bei Textil positiv: (+11,9 Prozent) und bei Bekleidung unverändert. Auch die inländische Produktionsentwicklung beinhaltet insbesondere im Segment der Bekleidung eine starke Strukturkomponente, so dass sie hier nur eingeschränkt Auskunft über die Konjunkturlage geben kann. Die Auftragseingänge sind im Vergleich per November 2010/2009 deutlich höher, wenn auch in den letzten Monaten gebremst): +12,8 Prozent bei Textil und +3,6 Prozent bei Bekleidung. Die monatlichen Vergleichszahlen lauten +14,9 Prozent bzw. +11,4 Prozent bei Bekleidung.
Die Erzeugerpreise steigen im November deutlich an, zumindest bei Textil (+3,3 Prozent; Bekleidung +0,8 Prozent) verglichen mit dem Vorjahresmonat. Die Erzeugerpreise der gesamten gewerblichen Wirtschaft stiegen noch stärker, nämlich um 5 Prozent. Allgemein wird dies als erste Folge aus gestiegenen Rohstoffpreisen gewertet. Im Vergleich der ersten elf Monate des Jahres waren es +1,2 Prozent bei Textil und +0,8 Prozent bei Bekleidung. Der Einzelhandelsumsatz entwickelt sich 2010 insgesamt für den Bekleidungseinzelhandel positiv (+2,5 Prozent), bleibt jedoch nach wie vor unter der Entwicklung im gesamten Einzelhandel (+4,7 Prozent). Der Außenhandel ist im Jahresvergleich der ersten elf Monate bei Textilexporten und -importen positiv (+8,9 Prozent, bzw. +9,8 Prozent). Die Exporte bei Bekleidung sinken leicht um -0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, die Importe steigen um +4,7 Prozent.
Die positive Stimmung in der gewerblichen Wirtschaft hält weiter an, diesem Trend folgt auch unsere Branche mit beeindruckenden Werten. Sowohl Erwartungen als auch Einschätzung der Lage sind bei Textil und Bekleidung seit Monaten relativ stabil und stets positiv. Bisher bleiben die Umsätze hinter den Erwartungen zurück. Es bleibt die Hoffnung, dass auch in den Verbrauchs- und Konsumgüterbranchen, und damit auch für Textil und Bekleidung, die Umsätze in diesem Jahr den hohen Erwartungen folgen.
aus
Haustex 03/11
(Haustextilien)