Solider Teppich mit großer Ausdruckskraft
Fachinformation Bachtiar
Der Bachtiar ist ein noch weitgehend authentischer Dorf- und Nomadenteppich, der in der iranischen Provinz Chahar Mahal geknüpft wird. Wesentliches Kennzeichen ist seine fröhliche, lebendige Farbigkeit und seine Haltbarkeit. Bachtiar-Teppiche werden praktisch nur gebraucht gehandelt, weil sie nur für den Eigenbedarf produziert werden. Auch wissenswert: Die Bachtiaren gelten als Erfinder des Felder- oder Gartenmusters.
1. Musterung
Typische Muster - Mit dem Bachtiar-Teppich wird in erster Linie das Felder- oder Gartenmuster in Verbindung gebracht. Die Bachtiari gelten als Erfinder dieses Musters, das in allen Regionen des Iran kopiert wird. Allerdings wird es nirgendwo in einer derart erstaunlichen Variationsbreite durchdekliniert wie in der Provinz Chahar Mahal, der Heimat des Bachtiar-Teppichs. Gerade hier, wo es sehr trockene Gegenden gibt, hat ein blühender, gründender Garten einen besonderen Stellenwert.
Neben den gängigen Quadraten kommen auch rautenartige Garten-Musterungen vor, eckig oder geschwungen. Innerhalb der Felder wird dargestellt, was in einem Garten zu finden ist, beispielsweise Zypressen und Trauerweiden, Blumen, Ranken und Weintrauben, Vögel und Hirsche. Je nach der genauen Herkunft des Teppichs sind die Motive teils stark stilisiert, teils stark naturalistisch gehalten.
Das zweite Hauptthema sind florale Motive. Insbesondere das florale Medaillon ist stark vertreten, beeinflusst von der räumlichen Nähe zu Isfahan. Daneben gibt es Stangenmedaillons, florale Allover und extrem geometrisierte florale Motive.
Nachknüpfungen - Der Bachtiar-Teppich ist kein Teppich, der derart hochpreisig gehandelt wird, dass es wirtschaftlich Sinn macht, ihn in anderen Regionen des Iran nachzuknüpfen. Es gibt allerdings Kopien aus Indien.
Eine Besonderheit stellt in diesem Zusammenhang der Dschahad-Bachtiar dar, eine Nachknüpfung in der eigenen Region. Neben der Sherkate Farsh, als staatlichem Teppichproduzenten, nahm auch die Knüpforganisation Dschahad in den 1980er Jahren in der Region Chahar Mahal ihre Arbeit auf. Daraus ging ein relativ standardisierter Typ Felderteppich-Bachtiar mit gutem Qualitätsniveau hervor.
Farben - Der Bachtiar-Teppich ist grundsätzlich ein bunter, lebhafter Teppich. Alle Farben kommen vor, oftmals ein sonniges Gelb, daneben ein frisches Grün als Kontrastfarbe sowie vor allem Rot und Blau in allen Schattierungen. Es kommen auch Stücke in den Handel, deren Farben durch intensive Sonnenbestrahlung abgemildert wurden.
2. Herstellung
Grundgewebe - Die meisten Bachtiar-Teppiche werden heute auf Baumwolle ohne jegliche Kunstfaserbeimischung geknüpft. Veredlungen im Flor, zum Beispiel durch Seide oder Baumwolle, kommen nicht vor. Ähnlich wie alte und antike Bachtiar-Teppiche sind Neuknüpfungen vereinzelt auf Wolle als Kett- und/ oder Schussmaterial geknüpft.
Worauf zu achten ist: Bachtiar-Teppiche, besonders der Shalamzar, sind bisweilen so fest angeschlagen, dass sie zum Transport mit dem Flor nach außen hin gefaltet werden sollten, damit sie nicht brechen.
Knoten und Knüpfung - Die Bachtiari arbeiten mit unterschiedlichen Knotentechniken, wie der Teppichexperte und Galerist Peter Willborg in seinem Buch "Chahar Mahal va Bakhtiari" ausführlich darstellt. Der gebräuchlichste Knoten bei (alten) Bachtiar-Teppichen ist der symmetrische Knoten. Eine abgewandelte Version, Willborg nennt sie Sennehknoten, kommt unter anderem in den Dörfern Chal-e Shotor und Geshnegan zum Einsatz sowie in den Armenibaffs aus der Region Feridan. In vielen Orten ist der Lulbaff (asymmetrischer Knoten) anzutreffen, am gebräuchlichsten ist er in Shar-e Kord, Saman und Borodjen. Eine weitere, seltene Version des asymmetrischen Knotens ist in Ghalleh Mamaka und Borodjen zu finden.
Flor - Bei dem Erscheinungsbild des Flors ist alles möglich: Von hochflorig bis niedrigflorig, von dicht bis eher schütter. Es gibt alte Bachtiar, die einen weichen Griff haben, aber auch brettige Stücke wie den Shalamzar-Bachtiar. Der Bachtiar ist einer der wenigen Teppiche, der über die Musterung und Farbgebung, nicht über die Knüpfung zu erkennen ist.
Formate - Die gängigsten Dorf- und Nomadenformate sind 130 cm x 200 cm, 170 cm x 240 cm und 200 cm x 300 cm, seltener größer, weil die Knüpfstühle dafür nicht reichen. Wobei die Maße auch häufig von diesen Standardmaßen abweichen, in dem sie etwas breiter oder länger produziert werden. Häufiger als in anderen Regionen gibt es das Maß 150 cm x 300 cm (anstatt 150 cm x 250 cm). Es ist ein typisches Nomadenmaß. Der Hintergrund: Der Knüpfstuhl darf aufgrund der Wanderschaft nicht sonderlich breit ausfallen, dennoch soll "so viel Teppich wie möglich" hergestellt werden.
Kleinere Formate wie der Saronim sind selten, ebenso Galerien und Quadratmaße, da der dörfliche Bachtiar-Teppich weitgehend noch ein sehr traditioneller Teppich ist. Anders verhält es sich mit dem Dschahad, der in kleinen, großen und quadratischen Maßen erhältlich ist.
3. Herkunft
Geographische Lage - Bachtiar-Teppiche stammen aus der iranischen Provinz Chahar Mahal und Bachtiari. Sie liegt im südwestlichen Landesinneren und wird umschlossen von den Provinzen Chuzestan, Kohkiluyeh und Isfahan. Die Hauptstadt ist Schahr-e Kord. In Chahar Mahal werden neben Persisch die regionalen iranischen Sprachen Kurdisch, Bachtiari und Lori gesprochen.
Im Norden der Provinz Chahar Mahal befindet sich die Region Feridan, die politisch gesehen zur Provinz Isfahan gehört. Bei der Einteilung nach Teppichprovenienzen wird sie dagegen Chahar Mahal zugeordnet, da dort identische Teppiche gefertigt werden.
Chahar Mahal liegt größtenteils im Zagros-Gebirge. Viele Regionen befinden sich 2.000 m über dem Meeresspiegel. Im Nordosten grenzt die Provinz an die große Salzwüste. Das Klima ist rau. Schnee fällt zwischen August und Februar/ März, die Temperatur sinkt bis auf 20 Grad unter Null. In der trockenen Jahreszeit von Mai bis November klettert das Thermometer auf rund 35 Grad Celsius.
Bevölkerung - In den 1.000 bis 1.500 Orten der Provinz Chahar Mahal leben nach Darstellung von Willborg aus dem Jahr 1996 rund 760.000 Menschen, davon wohnen 45 Prozent in Städten und 54,8 Prozent in Dörfern. Nur 0,2 Prozent sind noch Nomaden.
Historische Zuordnung - Die Bachtiari teilen sich seit dem 16 oder frühen 17. Jahrhundert in die beiden Volksstämme Chahar Lang und Haft Lang auf, wobei die Haft Lang enger mit der nomadischen Lebensweise verbunden waren. Ursprünglich sind es Luren.
Bachtiar ist nicht primär der Name eines Volksstammes, sondern bezeichnet eine Konföderation, zusammengefasst von der Familie Bachtiar. Der Name geht also auf eine Herrscher-Familie zurück.
In der Region Feridan leben viele Armenier, die im 16. Jahrhundert auf Veranlassung von Schah Abbas dem Großen ins Land kamen und sich in der Nähe von Isfahan niederließen, um beim Bau der Stadt mitzuhelfen. Ihre Nachkommen leben dort noch heute. Sie führen armenische Knüpftraditionen fort, ihre Teppiche sind beispielsweise an der etwas weicheren Knüpfung zu erkennen. Außerdem zeigen Armenibaffs weniger Feldermuster, sondern mehr florale Motive.
4. Handel
In Europa ist in erster Linie der Name Bachtiar-Teppich gebräuchlich, im Iran werden die Unterprovenienzen gehandelt, benannt nach den Orten, aus denen die Teppiche stammen. Der Bachtiar-Spezialis Peter Willborg führt 56 Unterprovenienzen aus der Provinz Chahar Mahal und 11 Unterprovenienzen aus der Region Feridan auf. Viel gehandelt wird der Baba Heidar, ebenso der Shalamzar, der Saman und der Boldaji. Die armenischen Teppiche aus der Region Feridan tragen bisweilen den Zusatz Armenibaff.
Der Bachtiar war viele Jahre lang ein gefragter Teppich, dennoch ist er nie "einfach" gewesen. Der Grund: Er verfügt über eine starke Ausdruckskraft, ist sehr dominant und ordnet sich in einer Einrichtung kaum unter. Deshalb hatte er es gerade in den letzten Jahren etwas schwerer, in denen reduzierte Teppich-Designs bevorzugt wurden. Vielleicht wurde er aber auch einfach zu wenig thematisiert, denn er passt hervorragend zu puristischen Einrichtungen.
Einen Schub gebracht haben die nicht ganz so bunten, standardisierten Dschahad-Bachtiar, die in den 80er aufkamen. Bei Teppich-Liebhabern sind sie weniger beliebt, da die Vielfalt verloren ging. Für den Handel aber wurde der Bachtiar-Teppich erstmals prospektfähig.
Grundsätzlich sind Bachtiar-Teppiche solide, haltbare Teppiche, die dem Endverbraucher Qualität für wenig Geld bieten. Sie eignen sich durchaus auch für den Eingangsbereich, insbesondere der Dschahad.
Auch der Bachtiar ist nicht ausgenommen von der gegenwärtigen Preisentwicklung nach oben. Viele Stücke würden aufgrund ihrer Kreativität sogar einen noch höheren Preis vertragen. Der Bachtiar ist, mit Ausnahme des Dschahad, nach wie vor ein weitgehend authentischer Dorf- und Nomadenteppich, der ausschließlich für den Eigenbedarf geknüpft und immer gebraucht gehandelt wird. Das macht ihn preiswerter.
Haupthandelsplatz ist die Stadt Isfahan. Hier stehen enorme Stapel an Bachtiar-Teppichen zur Auswahl, allesamt gebrauchte Stücke, die aus den unterschiedlichsten Gegenden der Region kommen. Die Spannbreite reicht vom abgetretenen Fragment bis hin zum wunderschönen Einzelstück.
Alte und antike Bachtiari sind sehr selten und werden hoch gehandelt.
InfoBachtiar
Andere Schreibweisen: Bakhtiar, Bachtjary, Bakhtiari
Aussprache: Betonung auf der ersten Silbe
Provenienz: Bachtiar
Ursprungsland, Region: Iran, Provinz Isfahan, westl. Zentral-Iran, Babaheidar, Beni, Bibibaff, Dehkord, Henneghoun, Khorey, Kafero, Paradombeh, Saman, Schalamsahr, Tschale-Schotor, Scharekord, Tschahar-Mahal
Musterduktus: floral, mit Mediallon oder Allover, Felder- oder Gartenteppiche, (Persisch: Ghab-ghabi)
Besonderheiten: großer Anteil Felderteppich-Dessins, zahlreiche Unterprovinzen
Knüpfdichten: 150.000 - 350.000 Knoten / qm
aus
Carpet Magazin 02/07
(Teppiche)