Kleiner Fehler - großer Schaden

Dunkle Fugen im Gummibelag durch mangelhafte Untergrundvorbereitung

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um die Fugenbildung bei Gummibelägen.

Im Speiseraum eines Berggasthofes in einem Wintersportort hat ein Bodenleger ca. 1 x 1 m große Synthesekautschuk-Fliesen - die auch als Gummi-Platten bezeichnet werden - auf vorhandenen Betonwerksteinplatten verlegt. Der im Herbst 2006 durchgeführte Auftrag kam von einem Architekturbüro, der Eigentümer des Gebäudes ist. Der Verleger grundierte die Betonwerksteinplatten ohne weitergehende Prüfmaßnahmen mit einem filmbildenden Dispersionsvorstrichsystem und sollte dann den Untergrund entsprechend dem Leistungsverzeichnis 2 bis 3 mm dick spachteln. Laut Planung war dann anschließend die Verklebung der Synthesekautschuk-Fliesen mit einem Dispersionsklebstoff vorgesehen - und zwar ohne Verfugung der Plattenkanten.

Schon kurz nach der Nutzungsaufnahme reklamierte der Bauherr deutliche Fugen zwischen den aneinandergrenzenden Gummi-Platten. Anfang 2007 konnten vereinzelt sogar hoch stehende Kanten bzw. Ablösungen der Fliesen im Kantenbereich festgestellt werden. Ein Gutachten brachte schließlich Klarheit darüber, wie die Fugen des Bodenbelags und die Belagsablösungen im Kantenbereich zu bewerten sind.

Schadensbild - Auffällige Fugen

Die Überprüfung vor Ort ergab ein deutlich auffallendes Fugenbild. Nahezu die gesamte hellgraue Bodenbelagsfläche mit Gummi-Platten wies dunkle Fugen auf. Repräsentative Messungen der Fugenbreite unter Zuhilfenahme eines Fugenmaßstabs ergaben, dass alle Fliesen Fugen aufwiesen: Im Mittel lagen sie bei > 0,5 mm, im Durchschnitt bei etwa 0,8 mm und teilweise sogar bis zu 2mm.

Hoch stehende Kanten waren nur bei vier Gummi-Platten an der zur Straße hingehenden Eingangstür bei Gegenlichtbetrachtung erkennbar, die sich beim Befühlen und Druck auf- und abbewegten. In diesen Bereichen lag eine 2 bis 3 cm breite Ablösung der Gummi-Fliesen vom Untergrund vor. In dem der Außentür vorgelagerten Windfang befand sich eine kleine Sauberlaufzone mit einem Schmutzfangläufer, der 1,30 m lang und 0,90 m breit war und lose auf keramischen Fliesen auflag.

Ursache - Maßänderung des Belag nicht kompensiert

Zur Ursachenerforschung der hoch stehenden Kanten wurden in vier Teilbereichen Prüfungen durchgeführt. Die Ablösung der Gummi-Fliesen im Eingangsbereich brachte Feuchtigkeitsverfleckungen im Fugenbereich zu Tage. In drei weiteren Prüfstellen, wo Fugen mit einer Größe von >1,0 mm vorlagen, wurde der Bodenbelag geöffnet. Dabei konnte ein Kohäsionsbruch der hauchdünnen weißen Calciumsulfatspachtelmasse unter dem Belag festgestellt werden. Aufgrund der geringen Dicke der Spachtelmasse waren bereits die darunter liegenden Betonwerksteinplatten erkennbar. Weiter gehende Prüfmaßnahmen durch kleinflächiges Entfernen der Spachtelmasse zeigten, dass die Spachtelmasse jeweils nur in Schichtdicken bis zu maximal 1 mm, überwiegend sogar in Schichtdicken von nur 0,6mm vorhanden war.

In zwei Prüfbereichen wurden die 27 mm dicken Betonwerksteinplatten aufgestemmt und Proben des 40 bis 50 mm dicken zementären Dickbettmörtelsystems für eine gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmung entnommen. Ergebnis: Die Unterkonstruktion, die auf einer Kellerdecke auflag, war vollständig trocken. Die Inaugenscheinnahme der Kellerräume zeigte, dass diese als Lagerräume dienten und mit geringen Temperaturen beheizt wurden.

Als nächstes wurde der Bodenbelag selbst unter die Lupe genommen. Dazu wurden unverlegte Proben des Synthesekautschuk-Belages untersucht. Ein Prüfinstitut wurde beauftragt, den Belag hinsichtlich der DIN EN 1817 'Elastische Bodenbeläge - Spezifikation für homogene und heterogene ebene Elastomerbeläge" sowie der DIN EN 12466 'Elastische Bodenbeläge - Begriffe" auf die Prüfung der Bestimmung der Maßänderung nach DIN EN 534 'Elastische Bodenbeläge - Bestimmung der Maßänderung und Schüsselung nach Wärmeeinwirkung" zu prüfen. Zusätzlich wurden Prüfungen nach DIN EN 1903 'Prüfverfahren für Klebstoffe für Boden- und Wandbeläge aus Kunststoff und Gummi - Bestimmung der Maßänderung nach beschleunigter Alterung" durchgeführt. Die untersuchten unverlegten Proben hatten sechs Monate beim Bodenleger in einem beheizten Lager gelegen. Die Prüfmaßnahmen ergaben, dass die Gummi-Platten den genannten Normanforderungen entsprachen.

Zusätzlich führte der Sachverständige Breitenmessungen an den Gummi-Fliesen durch. Das überraschende Ergebnis: Die im Bauvorhaben verlegten Fliesen waren durchschnittlich 0,5 bis 1 mm und die unverlegten Fliesen jeweils um 0,5 mm kleiner als vom Hersteller angegeben. Damit waren als Ursache für die Fugenbreiten von > 0,5mm der überproportionale Materialschrumpf des Belages und die ungenügende Saugfähigkeit des Untergrundes identifiziert.

Bezogen auf den Synthesekautschuk-Belag wies der Sachverständige darauf hin, dass die im Labor hinsichtlich des Maßänderungsverhaltens überprüften Platten vor der Prüfung bereits einem Schrumpfen unterlegen waren. Die Prüfmaßnahmen an den bereits geringfügig geschrumpften Platten ergaben, dass diese deutlich innerhalb der Toleranzen der Norm von 0,4 % lagen, d.h. es wurden nur Maßänderungen bis maxmal 0,2 % ermittelt. Daraus wurde gefolgert, dass der Bodenbelag nach der Anlieferung und auch insbesondere nach der Klebung nochmals deutlich geschrumpft ist. Das bedeutet, dass der Synthesekautschuk-Belag im Rahmen der Produktion ungenügend oder falsch getempert, d.h. nach der Produktion nochmals deutlich kleiner wurde.

Dass es im Bauvorhaben nach Verlegung jedoch zum weiteren Schrumpfen des Belages kam, ist nur dadurch zu erklären, dass das bekannte Quellen des Belages durch die Feuchtigkeit des Klebesystems überproportional war und es zwangsläufig nach einem solchen Quellen auch wieder zu einem Schrumpfen kam. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik aufmerksam zu machen, die es für erforderlich bezeichnen, dass bei der Klebung von Bodenbelägen gleich welcher Art ein saugfähiger Untergrund vorliegend muss. Im vorliegenden Fall war die Spachtelmassenschicht extrem dünn und die nahezu nicht saugenden Betonwerksteinplatten konnten diese Aufgabe auch nicht übernehmen.

Nach den Verarbeitungsrichtlinien des Herstellers der Calciumsulfatspachtelmasse und nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist zur Herstellung eines saugfähigen Untergrundes eine Spachtelmassenschichtdicke von mindestens 2 mm, besser jedoch 3 mm erforderlich. Diese wurde in keinem der Prüfbereiche festgestellt.

Da jedoch bei Synthesekautschuk-Belägen eine Nassbettverlegung, d.h. eine relativ schnelle Einlage in das Klebesystem seitens der Klebstoffhersteller vorgegeben wird, war der Untergrund keinesfalls ausreichend saugfähig. Sämtliches Überschusswasser des Dispersionsklebstoffsystems veranlasste die Synthesekautschuk-Platten zunächst zu einem Quellen. Dies passt auch zu der Aussage des Bauherrn, dass unmittelbar nach Verlegung die Bodenbelagplatten absolut dicht, teils mit gering hoch stehenden Kanten vorlagen. Danach jedoch setzte ein Schrumpf ein, so dass in Teilflächen überproportional breite Fugen die Folge waren.

Verantwortung - Hersteller, Bodenleger und Planer

Auf der Grundlage der gemachten Feststellungen, insbesondere des auch an unverlegten Platten festgestellten Schrumpfens und des im Rahmen der Verlegung hergestellten nicht saugenden Untergrundes lag die Verantwortlichkeit hauptursächlich bei dem Materialhersteller und bei dem Bodenleger. Der Sachverständige wies besonders darauf hin, dass in öffentlichen Gebäuden in Wintersportorten immer mit Feuchtigkeitseintrag gerechnet werden muss. Insofern hätte der Planer eine Verfugung/Abdichtung der Kantenbereiche der Gummi-Fliesen vorgeben müssen.

Die im Eingangsbereich festgestellten geringfügigen Belagsablösungen im Kantenbereich sind feuchtigkeitsbedingt, da in diesem Bereich Feuchtigkeit zwangsläufig anfällt. Auf diese Weise wird die Klebung durch die nicht abgedichteten Fugen beeinträchtigt. Verstärkt wird dies dadurch, dass die im Eingangsbereich vorliegende Sauberlaufzone eindeutig unterdimensioniert war.
aus FussbodenTechnik 03/07 (Handwerk)