Betriebe bestätigen Boom im Raumausstatterhandwerk
An der Kapazitätsgrenze
Die Betriebe im Raumausstatter-Handwerk machen so gute Geschäfte wie zuletzt beim Einheitsboom vor mehr als 20 Jahren. BTH Heimtex wollte es genauer wissen und sprach mit drei Raumausstattern aus verschiedenen Teilen Deutschlands über ihre aktuelle Situation.Wenn es um einen Vergleich ihrer aktuellen geschäftlichen Situation mit dem vergangen Jahr geht, sind sich die Raumausstatter Cornelia und Ronald Kloß aus dem sächsischen Rothenburg/Oberlausitz, Sylvia und Karl-Heinz Hafels aus Krefeld und Alexander Strehlow aus Berlin einig: viel besser. Selbst der relativ strenge Winter hat in den drei Betrieben nicht zu Einbußen geführt. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Zwar gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen, aber im Schnitt sind die Firmen für gut zwei Monate ausgebucht. Und stoßen bereits an ihre Kapazitätsgrenzen.
Selbst für den Nachwuchs sorgen"Bei uns wird es schon langsam eng", berichtet Karl-Heinz Hafels. "Wenn kurzfristig größere Aufträge dazu kämen, müssten wir auf Kollegen aus der Innung zurückgreifen. Aber das funktioniert in vielen Fällen sehr gut." Bei Alexander Strehlow ist die Situation schon kritischer: "In meinem Fall sind die Kapazitäten überlastet. Ich suche derzeit eine Voll- und eine Teilzeitkraft. Und obwohl wir in Berlin bis zu 18 Lehrlinge pro Jahr ausbilden, finde ich niemanden." Damit spricht Strehlow ein akutes Problem vieler Raumausstatterbetriebe an: den Mangel an Fachkräften. Die Raumausstattung Hafels setzt bei diesem Thema auf die Ausbildung im eigenen Betrieb. "Fast alle unsere Mitarbeiter haben ihre Ausbildung auch bei uns gemacht."
Dabei denken die Hafels nicht nur an die eigene Zukunft, sondern sehen in der Lehre mehr als nur die Vermittlung von Fachwissen: "Man muss sich für die jungen Leute einsetzen, weil sie zuhause nicht genug Rückhalt bekommen. Heute sind viele Eltern alleinerziehend und man merkt bei den Lehrlingen dann einfach, dass gewisse Dinge fehlen."
Von Krise keine SpurInsgesamt herrscht aber gute Stimmung, denn auch die Finanz- und Wirtschaftskrise hat den drei Betrieben nicht wirklich zugesetzt. "Mit unserer Raumausstattung Lehmann sind wir in erster Linie Kinoausstatter", berichten Cornelia und Ronald Kloß, deren Betrieb schon zu DDR-Zeiten existierte. Die Lichtspielhäuser müssten derzeit vor allem in digitale Technik investieren, da bleibt weniger für die Innenausstattung. "Aber das hat nichts mit der allgemeinen Krise zu tun." Bei den Privatkunden sei es sogar eher mehr geworden, weil die ihr Geld lieber in die eigene Wohnung als in unsichere Finanzwerte gesteckt hätten. Das sieht auch Alexander Strehlow so und führt zusätzlich an, dass man mit einem breiten Angebot bei einem Kunden gleich mehrmals zu Aufträgen kommen kann.
Sylvia Hafels schränkt allerdings ein, dass es schon die eine oder andere Veränderung gegeben habe: "Gewisse Kunden fallen fürs Fachgeschäft einfach weg, weil sie sich das einfach nicht leisten können oder wollen." Zwar sei der Serviceanspruch der Verbraucher inzwischen sehr hoch. Aber die Bereitschaft, dafür auch zu bezahlen, sei deutlich geringer. Gleichzeitig würden die Flächenanbieter immer stärker und auch intensiver von der Industrie bedient. Das führe zu Verschiebungen in der Kundenstruktur.
Am Internet führt kein Weg vorbeiVeränderungen gibt es auch bei der Ansprache der Kunden. Das Internet nutzen alle drei Betriebe, um auf sich und ihre Leistungen aufmerksam zu machen. Alexander Strehlow sieht sich sogar als Pionier in diesem Bereich: "Ich war 1998 einer der Ersten." Heute erreichen ihn schon viele Anfragen über seine Webseite, oft sogar mit einem Foto. Für einen Raumausstatter sei es zwar schwierig, auf dieser Basis bereits einen soliden Kostenvoranschlag abzugeben. Aber es werde grundsätzlich sehr viel per E-Mail kommuniziert und so ist sich der Berliner sicher: "Ohne Webseite geht es gerade in unserer Luxusbranche nicht."
aus
BTH Heimtex 09/11
(Handwerk)