Gute Perspektiven für deutsche Textilindustrie


Die Deutsche Bank hat in einer Studie die strukturellen Veränderungen in der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie untersucht und aktuelle Herausforderungen der Branche beleuchtet. Hier die wichtigsten Ergebnisse.

Zwischen 1991 und 2010 ist die Produktion der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie preisbereinigt um annähernd 70% gesunken, wobei die Textilindustrie mit "nur" -50% vergleichsweise besser abgeschnitten hat. Verantwortlich für diese Entwicklung ist der Strukturwandel, dem die einheimischen Hersteller schon seit Jahrzehnten unterworfen sind: Aufgrund des verschärften internationalen Wettbewerbs und des stetig steigenden Kostendrucks hat die Branche schon frühzeitig damit begonnen, Produktionsstätten ins weniger lohnintensive Ausland zu verlagern.

Im Laufe der Jahre folgten immer größere Teile der vorgelagerten Textilproduktion. Inzwischen beschäftigen deutsche Firmen im Ausland etwa doppelt so viele Mitarbeiter wie daheim. Auch wenn diese Entwicklung für den Textilstandort Deutschland schmerzlich ist, erscheint das Vorgehen doch als der einzige Weg, den Bestand der Unternehmen zu sichern. Zumindest die übergeordnete Funktionen wie Forschung und Entwicklung, Design oder Marketing verbleiben zumeist im Heimatland.

Immerhin: 2010 verzeichneten die Textil- und Bekleidungshersteller zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung ein Produktionsplus in Deutschland; auch 2011 ist ein leichtes Wachstum möglich.

Im kapitalintensiveren Textilsektor spielt die inländische Produktion eine größere Rolle als bei der Bekleidungsindustrie. Wichtig sind dabei die forschungsintensiven technischen Textilien. In dieser Sparte ist die inländische Produktion seit Mitte der 1990er Jahre real um rund 40% gestiegen - trotz Wirtschaftskrise. Ihr Anteil am Umsatz der Textilindustrie liegt bei über 50%, vom Weltmarkt bestreiten deutsche Unternehmen etwa 45%.

Die Hersteller technischer Textilien profitieren davon, dass viele ihrer Abnehmer ebenfalls in Deutschland fertigen. Das begünstigt die Bildung branchenübergreifender Produktionsverbünde zur Fertigung komplexer Produktlösungen. Zudem machen sich die Produzenten die Arbeit der 16 deutschen Textilforschungsinstitute zunutze. Die Gefahr einer Produktionsverlagerung ins Ausland ist daher vergleichsweise gering.

Auch wenn die deutschen Textilhersteller momentan wieder vergleichsweise gut dastehen und es in einzelnen Segmenten sogar Wachstumspotenzial gibt, steht die Branche vor großen Herausforderungen. Neben handelspolitischen Hemmnissen spielt derzeit vor allem die Versorgung mit Rohstoffen eine wichtige Rolle.

So wurde die Produktion von Chemiefasern in Europa aus Kostengründen zuletzt signifikant zurückgefahren. Ersatz kann aus China kommen, das seine Kapazitäten massiv ausweitet. Europäische Faserproduzenten versuchen aber, den Chinesen den Zugang zum europäischen Markt so schwer wie möglich zu machen. Außerdem kann es nicht im Interesse der deutschen Textilindustrie sein, sich in eine wachsende Abhängigkeit von Produzenten im Reich der Mitte zu begeben.

Auch bei Baumwolle klaffen Nachfrage und Angebot derzeit weit auseinander. Verfügbarkeit und Preis wirken sich hier wie bei den Chemiefasern zu Ungunsten deutscher Textilproduzenten aus. Hinzu kommen die steigenden Energiekosten, der mangelhafte Schutz geistigen Eigentums und auch der sich abzeichnende Mangel an Fachkräften.

Trotz dieser Widrigkeiten hat die deutsche Textilindustrie gute Zukunftsperspektiven. Die Nachfrage in den Schwellenländern dürfte in den nächsten Jahren enorm wachsen und Produkte "made in Germany" genießen weltweit einen guten Ruf. Davon profitiert der Produktionsstandort Deutschland.

Technische Textilien

Technische Textilien sorgen zum Beispiel aufgrund spezieller Beschichtungen dafür, dass Markisen oder Vorhänge schmutz- oder wasserabweisend sind, über einen hohen Lichtschutzfaktor verfügen oder Wärmestrahlung reflektieren. Teppichböden können so ausgerüstet werden, dass Schadstoffe in der Umgebungsluft in gesundheitlich unbedenkliche Stoffe umgewandelt werden. Aktuell arbeiten die Hersteller an der Integration von Leutchteffekten.
aus BTH Heimtex 10/11 (Deko, Gardinen, Sonnenschutz)