Wolfgang Lang: Gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit durch Vernetzung

"Der Großhandel kann nur gemeinsam nachhaltig wachsen"

Der Heimtextilgroßhandel hinkt nach Auffassung von Unternehmensberater Wolfgang Lang einige Jahre hinter den Großhandelsstrukturen in der Elektro-, der Stahl- oder der Sanitärbranche zurück. Defizite bei Lager- und Logistikprozessen böten Kosteneinsparungspotenziale von 15% und mehr. Der Großhandelsexperte riet den GHF-Mitgliedern in seinem Vortrag vor allem, gemeinsam ein webbasiertes Warenwirtschaftssystem zu nutzen. Das sei nicht leicht, weil Grenzen überwunden werden müssten - aber die einzige Möglichkeit, in Zukunft nachhaltig zu wachsen und vor allem die Eigenständigkeit zu bewahren.

Düstere und zugleich hoffnungsvolle Aussichten formulierte der Kölner Unternehmensberater Wolfgang Lang auf der GHF-Tagung in Dresden: In zehn Jahren werde die Zahl der Großhändler, die zur Jahreshauptversammlung kommen, auf 50 geschrumpft sein. Der Kostendruck und die zu geringen Umsatzrenditen in den Unternehmen werden die Ursachen für diese Entwicklung sein. Seine positive Nachricht: Diejenigen Großhändler, die zu einer engen Zusammenarbeit und wortwörtlicher Vernetzung im Bereich Warenwirtschaftsystem untereinander bereit sind, werden auch in Zukunft nicht nur nachhaltig wachsen, sondern dieses vor allem eigenständig tun können.

Lang berichtete von seinen Projekten aus dem Elektro- und Sanitärgroßhandel. Dort würden bis zu 25 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 2 Mrd. EUR, die teilweise Vollkonkurrenten sind, im Warenwirtschaftssystem eng zusammenarbeiten. "Diese Unternehmen konnten ihre Kosten um mindestens 15% und oft auch mehr senken", sagte der Unternehmensberater. Heute nutzen diese Grossisten gemeinsam ein und dasselbe EDV-System für Vertrieb, Logistik und vieles mehr. Dabei kann zwar kein Unternehmen auf die Daten des anderen zugreifen. Jeder Großhändler nutzt aber beispielsweise durch die webbasierte Vernetzung plötzlich einen Warenbestand von 40.000 Positionen statt zuvor nur 12.000 Artikeln.

Diese erheblichen Synergieeffekte sollen webbasierte Warenwirtschaftssysteme wie das von Lang entwickelte Enterprise Resource Planing (ERP) leisten. Probleme mit dem Warenbestand, Fehlern bei der Auslieferung, mit Kundendaten und Kreditlimits, mit kurzfristigen Dispositionen der Handwerker, einer unbefriedigenden Lagerumschlagshäufigkeit oder mit Deckungsbeiträgen könnten mit ERP gelöst werden. Kern des Systems ist die Bündelung der Kräfte der Großhändler, die gemeinsame Nutzung von Know-how und die sich daraus für alle Beteiligten ergebenden Effizienzsteigerungen - konkret bei Lizenzkosten für Software oder in Bezug auf Unterhaltskosten beispielsweise bei der Administration.

"Das System dokumentiert sämtliche Prozesse im Unternehmen. Dadurch kann der Großhändler sehen, wie gut seine vermeintlich guten Kunden wirklich sind", sagte Lang. Es zeige beispielsweise, wie teuer ein Stopp des Lkw bei einzelnen Kunden im Vergleich sei. Darüber hinaus ließe ERP die Personalkosten im Lager um ein Drittel sinken und mindere die Fahrzeit pro Fahrer und Tag durchschnittlich um 30%. "Das garantiere ich Ihnen", versicherte Lang den anwesenden GHF-Mitgliedern.

Besonders hob er hervor, dass sich durch eine enge Zusammenarbeit der Großhändler auch die Einkaufsposition gegenüber der Industrie verbessert.

Aus Sicht von Lang ist eine enge Zusammenarbeit unter den Großhändlern unumgänglich. "Nicht, weil es ,nur um kurzfristige Gewinnmaximierung geht. Es geht darum, einen Betrieb auch zukünftig erfolgreich führen zu können. Das ist echte Nachhaltigkeit," betonte er.
aus BTH Heimtex 10/11 (Handel)