Kleiner Fehler - Großer Schaden

Ein Terrazzoboden, der als Gussasphaltestrich gedacht war

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachen-forschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen -Gussasphaltestrich mit diversen Mängeln, der auch im zweiten Versuch nicht gelingt und schließlich zum geschliffenen Terrazzoboden wird.

In einem Zulieferbetrieb der Deutschen Bundesbahn baute ein Estrichleger einen schwimmenden Gussasphaltestrich ein. Vorgabe für den 220m2 großen Ausstellungsraum war ein "straßenasphaltähnlicher", unmittelbar zu nutzender Fußboden der Härteklasse "IC 10". Da die geplante Konstruktion 60 mm dick werden sollte, entschied sich der Estrichleger für jeweils zwei Schichten á 30mm. Er sicherte dem Auftragnehmer eine gleichmäßige dunkel-anthrazit farbene Oberfläche zu. Eine mechanische Bearbeitung sei für ein nahezu schwarzes Aussehen nicht erforderlich. Man legte außerdem fest, dass die Oberfläche mit Quarzsand abgerieben werden sollte.

Bereits unmittelbar nach Verlegung bemerkte der Bauherr deutliche Unebenheiten und Unregelmäßigkeiten in der Gussasphaltoberfläche. In Teilflächen gab es kuppelartige Erhöhungen und wellige Bereiche. Da der Estrichleger selbst mit seinem Ergebnis anscheinend unzufrieden war, hatte er Teilbereiche bereits nachgeschliffen, die nunmehr ein terrazzoähnliches Aussehen aufwiesen.

Bei ungefähr der Fläche hatte das angelieferte Material für den Gussasphaltestrich nicht ausgereicht. Das neue Material wies eine andere Konsistenz und eine bräunliche Farbgebung auf. Diese Teilfläche zeichnete sich durch erhebliche Lunker (Hohlräume) und Unebenheiten aus, insbesondere Wellen und eine teilweise ruppig-raue Oberfläche. Das Erscheinungsbild entsprach nicht den optisch vereinbarten Anforderungen, so dass eine gutachterliche Überprüfung unausweichlich war.

Schaden: Wellig, uneben, verfärbt und rau - Gussasphalt fällt durch

Dem Sachverständigen fiel bei der visuellen Überprüfung zunächst einmal das mit einer anderen Gussasphaltmischung hergestellte bräunliche Teilstück deutlich auf. Der Ansatz der zweiten Mischung zeichnete sich erheblich ab. Darüber hinaus war in den angrenzenden Flächenbereichen eine ungleichmäßige Oberfläche erkennbar. Es zeigten sich glänzende Stellen in streifenförmiger, länglicher und runder Form. Hier war der Gussasphalt aufgrund von Bindemittelanreicherungen deutlich weicher. Dort, wo der Estrichleger kleinflächige Schleifmaßnahmen durchgeführt hatte, lag das Zuschlagkorn frei und wies kleinflächig eine terrazzoähnliche Oberfläche auf.

Defizite gab es bei der Fläche auch in puncto Ebenheit: Normative Ebenheitsmessungen nach den Anforderungen der DIN 18202 "Toleranzen im Bauwesen" Tabelle 3 Zeile 3, ergaben auf Messstrecken zwischen 50cm und 1 m Stichmaße zwischen 5 und 8 mm. Auf 1,50 m langen Strecken gab es deutliche Ebenheitsabweichungen von bis zu 14 mm.

Ursache: Mangelhafte Oberfläche

Der Sachverständige klassifizierte die Oberfläche als nicht abnahmefähig, da der Gussasphaltestrich nicht den getroffenen Vereinbarungen entsprach. Für die mangelhafte Oberfläche gab es zwei Ursachen: Erstens gab es anwendungstechnische Probleme des Estrichlegers bei der Herstellung. Zweitens führten wechselnde Konsistenzen des Estrichmaterials zu Unebenheiten, Unregelmäßigkeiten und auch zu Farbunterschieden der Oberfläche.

Noch hinzu kam eine ungenügende Materialberechnung, die bei der Herstellung eines Designestrichs eine möglichst gleichmäßige Zusammensetzung erfordert. So musste zusätzlich noch Material aus einer anderen Mischanlage nachgeliefert werden und das Drama nahm seinen Lauf.

Noch im Gutachtertermin erklärte sich der Estrichleger bereit, die Fläche zu überarbeiten. Er fräste die etwa 30 mm dicke Estrichoberfläche ab und baute eine komplett neue Gussasphaltestrichkonstruktion ein.


Verantwortlichkeit: Estrichleger scheitert erneut

Auch der neu hergestellte Gussasphaltestrich wies wiederum zahlreiche Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche wie Lunker, Glanzstellen von Bindemittelanreicherungen, hochstehende Grate und Kuppelbildungen auf. Daraufhin beschloss der Bauherr, die Oberfläche vollflächig schleifen zu lassen, um eine gleichmäßige terrazzoähnliche Oberfläche zu erhalten.

Die Arbeiten wurden von einem auf Natursteinterrazzo spezialisierten Schleifbetrieb durchgeführt. Das Ergebnis stellte den Bauherrn zufrieden: Die Oberfläche des Gussasphaltestrichs hatte endlich ein gleichmäßiges Erscheinungsbild. Auch der Sachverständige stufte den Boden als Designestrich ein, dem die positiven Eigenschaften eines Gussasphaltestrichs erhalten blieben.

Dieser Fall zeigt, dass bei Estrichen, die als fertiger Fußboden oder sogar als Designestrich unmittelbar genutzt werden, erhöhte Anforderungen gelten. Bereits bei der Herstellung des Gussasphalts müssen höhere Anforderungen an die Zusammensetzung der Mischung und die Konsistenz sowie die Verarbeitungstemperatur gestellt werden. Selbstverständlich muss auch die Verlegung des Gussasphaltestrichs sorgfältig durchgeführt werden, da diese Estriche nicht zur Aufnahme eines Bodenbelages dienen, sondern unmittelbar genutzt werden.


Der Autor


Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.

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aus FussbodenTechnik 05/11 (Handwerk)