Kleiner Fehler -Großer Schaden
Pickel haben im Bodenbelag nichts zu suchen
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen PVC-Belag in einem Altenheim, der zahlreiche Pickel, Unebenheiten und schlechte Verschweißungen in der Oberfläche aufwies.Ein Bodenleger erhielt den Auftrag, die Estriche in einem neu erbauten Altenheim zu grundieren und 3 mm dick zu spachteln. Im nächsten Schritt sollten 2 mm dicke PVC-Belagsbahnen mit PUR-Beschichtung verlegt, verklebt und die Nahtkanten verschweißt werden.
Noch vor Abnahme der Bodenbelagarbeiten, d. h. nach der bauseitigen Schlussreinigung, rügte der Bauherr deutliche kuppelartige Erhöhungen in der Belagsoberfläche, Unregelmäßigkeiten in den Nahtkanten und Unebenheiten. Da der Bodenleger eine Nachbesserung verweigerte, musste ein Gutachten Klarheit bringen.
Schaden - Unebenheiten zulässig, extreme Pickel nichtDer Sachverständige führte eine visuelle Überprüfung der Fußbodenfläche durch. Tatsächlich gab es in Blickrichtung der Fensterfronten vereinzelt Unebenheiten in Form von halbrunden Kellenschlägen und Erhöhungen mit angrenzenden Vertiefungen, die durch nicht vermeidbares Schlaglicht betont wurden. Ebenheitsmessungen auf der Grundlage der DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 3 ergaben Erhöhungen und Vertiefungen von maximal 1 mm. Da keine erhöhten Anforderungen vereinbart worden waren, lagen die Abweichungen im Toleranzbereich.
Als nicht empfehlenswert bewertete der Sachverständige, dass der Bodenleger die Belagsbahnen quer zur Blickrichtung, d.h. nicht in Lichtrichtung verlegt hatte. Dadurch fielen vereinzelt Unregelmäßigkeiten der Nahtkantenverschweißung wie Fehlstellen, Doppelverschweißungen und insbesondere unsauber abgestoßene Schweißschnüre auf. Im Bereich der Nähte fand er mit einem Hohlstellensuchgerät auch geringe Erhöhungen, Stauchungen und Ablösungen des Belages.
Besonders hervorstechend waren allerdings die deutlichen pickelartigen Erhöhungen in der PVC-Oberfläche. Sie fielen in der Gegenlichtbetrachtung besonders in den Vorfluren der Zimmer auf. Messungen ergaben Pickel mit bis zu 2 mm Höhe, überwiegend jedoch von 0,5 bis 1 mm. Sie wiesen fühlbar einen kuppelartigen/kornartigen Schmutzeinschluss auf.
Ursache - Ungenügende Reinigung des UntergrundesDie vereinzelt festgestellten leichten Unebenheiten wurden als hinnehmbar eingestuft. Sie wurden auf eine nicht ausreichend auf null durchgeführte Spachtelung zurückgeführt.
Die Unregelmäßigkeiten in den Nahtkantenverfugungen hatten diverse Ursachen: Sie resultierten aus überbreiten Spalten bei der Nahtkantenherstellung und Blasen durch eine Stauchung. Einer unsauber durchgeführte Verschweißung, insbesondere unsauberes Abstoßen der Schweißschnur kam hinzu. Teilweise waren sogar Nachverschweißungen die Ursache, da der Bodenleger mit seinem ersten Versuch wohl selbst nicht zufrieden war.
Der Sachverständige empfahl, in Teilflächen eine neue Fräsung vorzunehmen. An den Stauchblasen sollte der Belag nachgeschnitten und neu verklebt werden, um dann eine ordnungsgemäße Verschweißung mit einem zweimaligen Abstoßen der Schweißschnur durchzuführen.
Die deutlichen Pickelbildungen im Flur und in den Vorfluren kamen durch eine ungenügende Reinigung des Untergrundes zustande. In diesem Bereich waren die Beläge erst später verlegt worden. Sorgfältige Reinigungsmaßnahmen wie das Saugen des Untergrundes hatte der Verleger unterlassen, obwohl dieser Arbeitsschritt Stand der Technik ist.
In den mit Pickeln übersäten Fluren kam nur eine Neuverlegung in Frage. Eine partielle "Pickeloperation" mit einem Aufschneiden der Pickel konnte dem Bauherrn nicht zugemutet werden. Im Gegensatz dazu wertete der Sachverständige die kuppelartigen Erhöhungen bis 0,5 mm als hinzunehmende Unregelmäßigkeit.
Verantwortlichkeit - Fehlende Sorgfalt rächt sich für VerlegerDas Gutachten kam zu dem Schluss, dass die PVC-Verlegung in dem Altenheim eindeutig handwerkliche Fehlleistungen aufwies. Bei einer im Leistungsverzeichnis geforderten Spachtelmassendicke hätte der Bodenleger durch die Rakelung der Spachtelmasse ein deutlich besseres Erscheinungsbild der Oberfläche erzielen können. Der Einsatz einer Spachtelkelle brachte kein zufriedenstellendes Ergebnis.
Ebenso mangelhaft war die Verschweißung des Belages. Die Nahtkanten entsprachen teilweise keiner fachgerechten handwerklichen Ausführung. Klebstoffverschmutzungen führten zu Fehlstellen beim ersten Verschweißen. Auch der Versuch des Nachschweißens war misslungen.
Es ist natürlich richtig, dass geringfügige Pickelbildungen unvermeidbar sind - besonders, wenn Beläge aufgrund einer PUR-Beschichtung einen gewissen Glanzgrad aufweisen. Schließlich werden Verlegearbeiten keinesfalls in absolut staubfreien und sauberen Räumen durchgeführt. Im vorliegenden Fall aber war die Verschmutzung des Untergrundes so groß, dass die Verantwortlichkeit eindeutig beim Bodenleger lag.
Als Resümee dieses Schadensfalles bleibt festzuhalten, dass Bodenleger sich keinen Gefallen tun, wenn sie notwendige Arbeitsschritte einsparen. Trotz Terminengpässen muss der Verarbeiter einfache handwerkliche Tätigkeiten wie das Reinigen des Untergrundes, das Durchführen des Spachtelns und das Auftragen des Klebstoffs immer akribisch durchführen. Eine nachlässige Ausführung kann den Unternehmer letztendlich viel Geld kosten.
Der Autor
Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.
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FussbodenTechnik 06/11
(Handwerk)