Praxistest

Social Media im Verlegebetrieb

Einer der Vorträge auf dem FussbodenTechnik OBJEKT-FORUM am 2. und 3. Februar 2012 stellt "Facebook, Twitter & Co. für Fachbetriebe" auf den Prüfstand. Medienberater Bernd Pitz und Fliesenlegermeister Bernd Zitzelsberger berichten von einem Praxis-Test für Handwerksbetriebe. Welche Neuen Medien sind sinnvoll für einen Verlegebetrieb - ganz egal, ob für keramische Fliesen oder elastische und textile Bodenbeläge?

Müssen sich Handwerker vor Blogs, Facebook, Xing & Co. fürchten? Oder können sie die neuen Medien gewinnbringend für sich nutzen? Eines ist sicher: Der neuen Transparenz kann sich kein Unternehmen mehr entziehen.

Wie Verlegebetriebe die neue Wunderwelt des Social Media für sich nutzen können, haben wir uns gefragt und machen den Live-Test. Dafür haben wir Bernd Zitzelsberger, Geschäftsführer der Fliesen + Natursteine Süss GmbH im niederbayerischen Vilshofen, und Bernd Pitz, Social Media-Berater aus Augsburg, zusammengebracht. Ihre Aufgabe: Wie lässt sich Social Media in einem mittelständischen Bodenbelagsbetrieb zu einem überschaubaren Aufwand einsetzen - und zu welchem Ergebnis kommt man? Im Juli hat die Zusammenarbeit der beiden begonnen. Beim parallelen FussbodenTechnik-OBJEKT und FLIESEN & PLATTEN-FORUM 2012 werden sie gemeinsam die Ergebnisse vorstellen.

Analyse als erster Schritt

Bei der Einschätzung, der Konzeption und der Umsetzung hilft ein mehrstufiges Vorgehen. Dabei ist die Analyse der erste Schritt. Niemand muss in Xing, Twitter, Facebook & Co. selbst aktiv vertreten sein, aber er sollte zumindest wissen, wie man über ihn in diesen Netzwerken spricht. Und bei ehrabschneidenden Behauptungen und ganz offensichtlichen Beleidigungen sollte man auch gezielt dagegen vorgehen. Wichtig ist, dass man als Unternehmer weiß, welches Bild der Firma, der Mitarbeiter, der Produkte und Dienstleistungen in Social Media kommuniziert wird.

Praxis-Test: Analyse-Ergebnis bei Fliesen + Natursteine Süss. Es wird über Natursteine und Fliesen "im Netz gesprochen", das Unternehmen spielt dort aber noch keine Rolle. Der Geschäftsführer und seine Mitarbeiter haben noch keine Xing-Profile, Facebook wird privat genutzt. Eine eigene Fan-Page des Unternehmens hat Bernd Zitzelsberger angelegt, aber noch nicht weiter befüllt - auch in Erwartung des gemeinsamen Projektes. Ein weiteres Ergebnis: Andere Unternehmen sind schon einen Schritt weiter und scheinen Social Media, vor allem das Business Netzwerk Xing, bereits viel intensiver zu nutzen. Sie bilden dort ihr Kontaktnetzwerk ab und beteiligen sich an den Diskussionen in Regional- und Fachforen.

Sensibilisierung in der Firma

Aus dieser Analyse folgt der nächste Schritt: die Sensibilisierung. Social Media lässt sich nicht stoppen oder einfach ausblenden. Aus der Analyse wird sich ergeben, ob Xing oder Facebook für die Branche eine Rolle spielen, oder ob das Gegenteil der Fall ist. Ebenso wird sich zeigen, ob wichtige Wettbewerber twittern oder deren Videos auf Youtube auf tolle Abrufzahlen kommen.

Social Media lässt sich nicht wie Unternehmenskommunikation auf eine Person reduzieren, zur Sensibilisierung gehört die Einbeziehung des Inhabers und der Mitarbeiter. Sie alle sind heute "Botschafter des Unternehmens." Dabei können sie entweder öffentlich in Facebook ihren Frust über "die Firma" abladen oder in ihren bestens gepflegten Xing-Kontakten bei der Suche nach neuen Fachkräften fündig werden. Dabei bilden eigene "Social Media Guidelines" die Leitplanken für die schnelle Fahrt im Web 2.0.

Praxis-Test: Ergebnis bei Fliesen + Natursteine Süss: Die Mitarbeiter werden informiert, eigene Social Media Guidelines entwickelt.
Individuelle Strategie entwickeln

Muss ein Unternehmen twittern? Muss der Unternehmer selbst auf Xing aktiv sein? Braucht das Unternehmen eine Fan-Page auf Facebook? Und irgendwie sollte man ja auch bei diesem neuen Google+ dabei sein? - Vielleicht. Es gibt keine Standardstrategie für Unternehmen in Social Media, auch nicht für Unternehmer. Jeder Fachbetrieb muss für sich prüfen, welche Kanäle für seine Ziele relevant sein können. Das Web 2.0 verändert sich so schnell, dass der große Plan oft sinnlos ist. Viel einfacher ist es, einfach mal mit einem Instrument zu beginnen, und diese Erfahrungen für das nächste zu nutzen.

Wo aber anfangen? Wer sich im deutschsprachigen Raum hauptsächlich an B2B-Kunden richtet, für den ist das Business-Netzwerk Xing genau richtig. In den großen Städten ist teilweise schon ein Drittel der Erwerbstätigen Mitglied der Businesscommunity Xing. Insgesamt sind es 4,9 Mio. in Deutschland, Österreich und Schweiz. Dort kann man sich mit anderen Geschäftspartnern und Interessenten vernetzen, in lokalen und fachlichen Gruppen - auch zu Themen rund um die Bau- und Immobilien-Wirtschaft - diskutieren und sich im besten Sinne des Wortes einen Namen machen. Größter Vorteil bei Xing: Über Ihr eigenes Profil lassen sich dank der Felder "Ich suche" beziehungsweise "Ich biete" potenzielle Kunden und Partner einfach finden und noch einfacher kontaktieren - auch regional und nach weiteren Kriterien eingeschränkt. Nach den starken rechtlichen Beschränkungen der Kaltakquise nutzen viele Unternehmen heute Xing zum Aufbau neuer Geschäftsbeziehungen.

Von der Baustelle aus twittern?

Facebook mit seinem enormen Wachstum bekommt auch für B2B-Unternehmen eine immer größere Bedeutung. Allein schon durch die Tatsache, dass die Bundesbürger (Facebook erreicht in Deutschland über 20 Mio. Mitglieder) jede Woche mehrere Stunden in Facebook aktiv sind. Unternehmen können sich dort neben der Person des Unternehmers auch auf Fan-Pages präsentieren und - noch viel wichtiger - dort auch mit den Fans diskutieren, sie beteiligen.
Eine eher untergeordnete Rolle spielen in Deutschland Dienste wie Twitter. Der Kurznachrichtendienst erreicht in Deutschland weniger als 300.000 aktive Nutzer, von denen nur wenige wirklich aktiv sind. Gehören allerdings zu den eigenen Kunden Menschen aus der Internet-, Kommunikations- und Marketingbranche, dann kommt man vielleicht auch um Twitter nicht mehr herum.

Muss ein Handwerker also von der Baustelle oder aus dem Büro auch noch twittern? - Eher nein. Aber ein Profil bei Xing und/oder Facebook, das gehört heute einfach dazu. Der nächste Schritt ist dann, diese Dienste auch gezielt und regelmäßig mit wenig Aufwand zur Gewinnung von neuen Kunden einzusetzen. Noch wichtiger ist, dass über diese enge Vernetzung Empfehlungen gezielt gefördert werden.

Praxis-Test: Strategie bei Fliesen + Natursteine Süss: Über Social Media sollen zum einen die Kontakte zu und die Bekanntheit bei B2B-Kunden wie Architekten und Planern ausgebaut werden - über Niederbayern und das angrenzende österreichische Gebiet in Richtung Landeshauptstadt München. Zum anderen will der Fliesenlegermeister die Bekanntheit bei den Endkunden, den privaten Bauherren und Renovierern steigern. Da Geschäftsführer Bernd Zitzelsberger auch als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger tätig ist, will er künftig auch über Xing für diese Tätigkeit neue Kunden gewinnen.

Dabei soll das Engagement in Social Media überschaubar bleiben; der Zeiteinsatz ist eng begrenzt. Ziel ist ein Zeitaufwand von unter zwei Stunden pro Woche.

Erste Schritte der Umsetzung:
-Einrichten des Xing-Profiles für Bernd Zitzelsberger. Bereits bestehende Kontakte werden auch in Xing verknüpft, bevor es an die gezielte und kontinuierliche Suche von neuen Geschäftspartnern geht.
-Einrichten der Facebook-Fan-Page und Erstellen eines redaktionellen Konzeptes. Über Facebook soll vor allem die individuelle und umfassende Beratung im neuen großen Ausstellungsraum bekannt gemacht werden.
-Eine Mitarbeiterin soll für den Betrieb die Facebook-Fan-Page betreuen. Sie wird dafür geschult.
-Einbindung von Social Media in die gesamte Kommunikation des Betriebes, von der E-Mail-Signatur bis zur Außendarstellung.

Erfolgskontrolle und Fazit

Lohnt sich der Aufwand für Social Media? - Für Unternehmer eine Kernfrage, die leider nicht schnell und auch nicht immer eindeutig beantwortet werden kann. Dabei zählt der eigene Erfolg genauso wie das Bild, das Mitbewerber in Facebook, Xing & Co. abgeben. Manchmal muss man sich der Erfolgskontrolle auch einfach nähern. Denn Klicks, Fans und Diskussionsbeiträge sagen gar nichts über den Umsatz aus.

Erfolgversprechender ist zu vermerken, wo man jemanden kennen gelernt hat. Dessen Umsatz lässt sich auswerten. Auch Weiterempfehlungen lassen sich so gezielt verfolgen. Und die Gewinnung von neuen Mitarbeitern über Xing kann auch in Umsatz und weniger Kosten aufgewogen werden.

Fazit: Social Media wie Xing, Facebook & Co. haben sich auch im Geschäftsleben ihren Platz erobert. Erfolgreiche und innovative Unternehmen setzen auch auf Social Media, wobei dort jeder seine Strategie entwickeln und umsetzen muss.


Bernd Pitz - zur Person


Bernd Pitz (44) berät Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Online- und Social Media-Strategie. Für den gelernten Journalisten ist das Baugewerbe kein Fremdwort: Er stammt aus einer Handwerker-Familie, sein Vater führte einen Sanitär- und Heizungsbaubetrieb.
aus FussbodenTechnik 01/12 (Handwerk)