Kleiner Fehler - Großer Schaden
Schmierfilm lässt neuen Kautschuk alt aussehen
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht um eine misslungene Erstreinigung und Erstpflege eines Kautschukbelages.Ein Bodenleger erhielt den Auftrag, in dem Neubau eines Kindergartens einen Synthesekautschukbelag mit werkseitiger Oberflächenvergütung zu verlegen. Nach dem Grundieren, Spachteln und Verkleben des Belages dichtete er den Nahtkantenbereich fachgerecht thermisch ab. Laut Leistungsverzeichnis sollte er darüber hinaus eine Erstreinigung und eine Erstpflege einschließlich einer halbmatten Versiegelung ausführen.
Ohne sich mit dem Bauherrn und Architekten abzustimmen, begann er mit der Erstreinigung: Er kehrte den Grobschmutz zusammen und führte eine Wischpflege durch, wobei er dem Wischpflegemittel ein unbekanntes Grundreinigungsmittel hinzufügte.
Nach dem Trocknen der Oberfläche folgte der nächste Arbeitsschritt: Der Verleger führte im zweimaligen Auftrag eine Erstpflege mit einer Selbstglanzemulsion durch. Das Ergebnis war fatel: Die Oberfläche zeigte unansehnliche Schlieren- und Streifenbildungen sowie Verstrichelungen. Gekrönt wurde das Bild von deutlich erkennbaren Schmutzpartikeln.
Der Architekt rügte das Ergebnis. Eine gutachterliche Überprüfung musste Klarheit bringen.
Schaden - Schmierige OberflächeIn fast allen noch nicht möblierten Räumen des Kindergartens bot sich dem Sachverständigen das gleiche Bild: Jeweils von den Türen aus gesehen zeigte sich im Schlaglicht eine mehr oder weniger glänzende schmierige Belagsoberfläche. Die von einem Wischmopp stammenden Streifen- und Schlierenbildungen waren genauso wie die von Fremdhandwerkern verursachten Verstrichelungen in der Oberfläche deutlich sichtbar.
Mit Hilfe einer Leuchtlupe erkannte der Sachverständige nicht nur eine nicht auspolierte Pflegemittelschicht, sondern auch eine Vielzahl von Verschmutzungen: Silikon- und Klebstoffreste sowie eingebundener Kontaktschmutz, der bereits aus aufrecht stehender Haltung als störend empfunden wurde.
Der Sachverständige bestätigte die Abnahmeverweigerung des Bauherrn.
Ursache - Ungeeignete ErstreinigungDie Erstreinigung und -pflege des Kautschukbelages wurde nicht sach- und fachgerecht durchgeführt. Der Sachverständige orientierte sich einerseits an den Reinigungs- und Pflegeempfehlungen des Belagsherstellers, anderseits an den technischen Datenblättern der Pflegeemulsion.
Der Bodenleger hätte seinen Auftraggeber darauf hinweisen müssen, dass auf den bereits werkseitig oberflächenvergüteten Belag in der Regel keine Versiegelung oder Beschichtung aufzubringen ist. Der Belagshersteller gibt vor, dass eine Versiegelung nicht erforderlich sei. Außerdem verlangt der Belagshersteller, dass nach der Verlegung eine Erstreinigung durchzuführen sei. Dafür könne man ein weiches Pad einsetzen und ein Reinigungsmittel kurz einwirken lassen. Auf diese Weise hätte man die Verschmutzungen und den lose aufliegenden Schmutz vollständig entfernen können. Leider war dies nicht geschehen.
Für fest anhaftende Verschmutzungen sollte grundsätzlich keine Einscheibenmaschine eingesetzt werden. Hier bieten sich manuelle Reinigungsmaßnahmen z. B. mit Spiritus oder speziellen Reinigungsmitteln an. Es empfiehlt sich, die Wirkung z.B. in Eck- und Randbereichen auszuprobieren, um feststellen zu können, ob und inwieweit die Belagsoberfläche angegriffen wird.
Als weitere Ursache für die unansehnlichen Oberfläche wurde die überproportional dick aufgebrachte Selbstglanzemulsion erkannt. Laut Herstellerangaben hätte sie auspoliert und gleichmäßig verteilt werden müssen. Zudem war diese Emulsion nicht in den Produktempfehlungen des Bodenbelagsherstellers aufgeführt.
Bodenbeläge verfügen heutzutage vielfach über einen werkseitig aufgebrachten Oberflächenschutz. Es ist nicht mehr Stand der Technik, generell auf elastischen Bodenbelägen eine Selbstglanzemulsion aufzubringen. Stattdessen schreibt die Industrie in der Regel eine manuelle Unterhaltsreinigung im zweistufigen oder auch einstufigen Reinigungsverfahren unter Zugabe eines Wischpflegemittels vor.
Verantwortlichkeit - Bodenleger musste nachbessern Dem Bodenleger blieb nichts anderes übrig, als die schmierige Belagsoberfläche aufwändig zu säubern und den zuvor bestehenden werkseitigen Oberflächenschutz neu aufzubauen.
Zusammenfassend und als Resümee dieses Schadensfalls ist festzuhalten, dass Bodenbeläge gleich welcher Art erst zum ordnungsgemäßen Endprodukt werden, wenn sowohl die Bauschlussreinigung/Erstreinigung als auch die weitere Unterhaltsreinigung entsprechend den Vorgaben der Belags- und Pflegemittelhersteller durchgeführt werden. Nur so wird der Bauherr die Bodenbelagsoberfläche abnehmen, die vor Schmutz und Feuchtigkeit schützen und weitergehend langfristig kostengünstige Unterhaltsreinigungen ermöglichen soll.
Der Autor
Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.
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FussbodenTechnik 01/12
(Handwerk)