Kleiner Fehler - Großer Schaden
Feuchtigkeit im Leichtausgleich PVC-Belag musste raus
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht um Feuchtigkeit in einem Leichtausgleich, die zu Beulen und Blasen in einem PVC-Belag führte.Ein nachträglich aufgestocktes Bürogebäude erhielt oberhalb der oberen Decken- und Dachkonstruktion eine neue Spannbetonschicht, um die Tragfähigkeit der zusätzlichen Etage zu erhöhen. In dem 120 m
2 großen Seminarraum wurde der Spannbeton wurde mit einer Bitumenschweißbahn abgedichtet. Da auf dieser Oberfläche Kabelkanäle für Bodensteckdosen und wasserführende Rohre angeordnet wurden, entschied man sich für einen zementär gebundenen Leichtausgleich aus Polystyrolkügelchen bis zur Oberkante der Rohre. Darauf verlegte der Estrichleger eine 0,2 mm dicke Polyethylenfolie, eine 25 mm dicke Polystyroltrittschalldämmschicht und eine Abdeckung aus Bitumenpapier.
Auf dieser Konstruktion baute der Estrichleger einen 50 mm dicken Calciumsulfatfließestrich ein (vgl. Skizze Aufbau der Bodenkonstruktion). Da der Estrich auch nach vier Wochen noch nicht ausreichend trocken war, stellte man Kondensattrockner auf. Sieben Wochen nach dem Einbau ergab die Messung des Bodenlegers einen trockenen Estrich bei einem Restfeuchtegehalt von < 0,2 CM%. Nach dem Reinigungsschliff und anschließendem Spachteln wurde ein 2mm dicker PVC-Belag in Bahnen mit einem Dispersionskleber verklebt.
Bereits zwei Monate nach Beendigung der Bodenbelagsarbeiten stellte der Bauherr an den Bodensteckdosen und in der Fläche teilweise handgroße Beulen und Blasen fest. Über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgten immer wieder Ausbesserungen am Belag, bis der Bauherr eine gutachterliche Überprüfung in Auftrag gab.
Schaden - Beulen und Blasen in PVC-BelagZur gutachterliche Überprüfung kam es erst drei Jahre nach Fertigstellung der Fußbodenkonstruktion. Die immer wieder auftretenden Beulen und Blasen hatten im Laufe der Zeit bereits zu einem Austausch des Belages an den Bodensteckdosen und einer weiteren Belagsbahn über die gesamte Raumlänge geführt.
Bei der Besichtigung des Objekts konnte der Sachverständige bei extremer Gegenlichtbetrachtung nur geringfügige Erhöhungen im PVC-Belag feststellen. Mit einem speziellen Hohlstellensuchgerät waren diese auch akustisch nachvollziehbar. Die ungenügende Arretierung des Belages zeigt das Gerät durch einen raschelnden Ton an. Die flächendeckende Überprüfung ergab überwiegend kleinflächige Belagsanlösungen (Hohlleger). Die Messung an 5 cm breiten Belagsstreifen bestätigte die ungenügenden Schälwiderstandswerte, die deutlich unter den erforderlichen 1,0 N/mm lagen. Die Ursache waren Kohäsionsbrüche in der oberen Zone des Calciumsulfatfließestrichs.
Elektrische Feuchtemessungen an der Belagsoberfläche und auch in der freiliegenden Estrichoberfläche ergaben keine erhöhten Feuchtigkeitswerte. Der Sachverständige stemmte an drei Stellen des 120 m
2 großen Raumes die Estrichkonstruktion auf, um Proben für die gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmung zu entnehmen. Die Darr-Prüfungen lagen mit 0,10 bis 0,20 Gew.-% im zulässigen Bereich.
Spannender wurde es unter der Estrichkonstruktion: Bereits nach dem Entfernen der Dämmschichten war ein deutlich muffiger Geruch festzustellen. Elektrische Feuchtigkeitsmessungen zeigten dort tatsächlich ein erhöhtes Feuchtigkeitspotential an. Darr-Prüfungen an dem Leichtausgleich ergaben Feuchtigkeitsgehalte zwischen 10 und 20 Gew.-%, die deutlich über der Ausgleichsfeuchte von 6 bis 8 Gew.-% lagen. Aufgrund dieser Feuchtigkeit und der ungenügenden Arretierung des Belages empfahl der Sachverständige den Belag, vollständig zu entfernen.
Der Bauherr entschied sich, zunächst über mehrere Jahre einen dampfdiffusionsoffenen Nadelvliesbelag zu verlegen, um die Nutzung des Seminarraums kurzfristig wieder herzustellen.
Ursache - Erhöhte Feuchtigkeit im LeichtausgleichDie erhöhte Feuchtigkeit aus dem Leichtausgleich hat zu den Beulen und Blasen im PVC-Belag geführt. Durch die dampfbremsende Polyethylenfolie entstand eine schleichende Abgabe der erhöhten Feuchtigkeit - zunächst ohne auffällig große Schäden. Nur partiell an den Bodensteckdosen und an undichten Stellen der Polyethylenfolie kam es zu Schäden. Über die Jahre hat der Estrich allerdings die Feuchtigkeit regelrecht aufgesaugt. Es kam zu einer Erweichung der oberen Zone des Calciumsulfatestrichs unmittelbar unter dem dichten Bodenbelag. Die Bodenbeläge waren nicht mehr ausreichend mit dem Untergrund verbunden.
Verantwortlichkeit - Estrichleger verantwortlichDer Bauherr lag mit seiner Vermutung falsch, dass der Bodenleger fehlerhaft gearbeitet hatte. Der Bodenleger musste im Rahmen seiner Prüfungspflicht entsprechend den Vorgaben der DIN 18365 Bodenbelagsarbeiten den Feuchtigkeitsgehalt des Verlegeuntergrundes prüfen. In diesem Fall hatte er den schwimmenden Calciumsulfatfließestrich nur bis zur Unterkante des Estrichs bzw. bis oberhalb Dämmschichtabdeckung zu prüfen. Dies tat der Bodenleger. Allerdings konnte der von ihm genannte Restfeuchtegehalt von 0,0 CM-% nicht nachvollzogen werden. Darüber hinaus gab er an, die Feuchtigkeitsprüfung mit einer Einwaage von 20 g durchgeführt zu haben. Tatsächlich hätte eine sach- und fachgerechte CM-Feuchtigkeitsprüfung eine Einwaage von 100 g erfordert. Der Sachverständige konnte dem Bauherrn versichern, dass es im Falle erhöhter Restfeuchte des Estrichs zum Zeitpunkt der Verlegemaßnahmen relativ schnell zu Fußbodenschäden gekommen wäre. Dies war jedoch nicht der Fall.
Die technische Verantwortlichkeit für die Fußbodenschäden liegt beim Estrichleger, der sowohl den schwimmenden Estrich als auch den Leichtausgleichestrich hergestellt hat. Er hätte seinen Estrich erst auf dem Leichtausgleich verlegen dürfen, als dieser ausreichend trocken war. Dies geht aus den Herstellerangaben hervor und entspricht auch dem Stand der Technik. Erfahrungsgemäß hätte dafür ein Schnellbindemittel zum Einsatz kommen müssen. Die vor Ort eingehaltene Trockenzeit von zwei bis drei Tagen war jedenfalls nicht ausreichend.
Hätte man den Estrich zu einem Zeitpunkt verlegen wollen, bevor der Leichtausgleich trocken war, hätte der Estrichleger eine dampfdiffusionsdichte Abdichtung mit ordnungsgemäßer Anbindung an Bodendurchdringungen herstellen müssen. Dafür ist beispielsweise eine Abdichtung mit einer Bitumenschweißbahn mit Alueinlage notwendig, die im Bereich der Stöße verschweißt und wannenartig im Wandbereich und auch an Durchdringungen anzubinden war.
Der Schadensfall zeigt, dass es im Zuge der Herstellung einer Fußbodenkonstruktion unbedingt erforderlich ist, dass nicht nur einzelne, sondern alle Fußbodenschichten ausreichend trocken sind. Um das zu erreichen, müssen Trocknungszeiten eingehalten werden. Alternativ müssen geeignete Materialien wie Schnellbindemittel oder Abdichtungsebenen zum Einsatz kommen, die als besondere Leistung vergütet werden müssen.
Der Autor
Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.
Professor-Lübeck-Straße 8
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Tel.: 06652/2309
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FussbodenTechnik 02/12
(Handwerk)