Ukraine: Boxt Klitschko das Parkett nach oben?

Aufträge fast nur im Hochwert-Bereich

Zusammen mit Parkettfachleuten und Vertretern des deutschen Verlegewerkstoffherstellers Uzin Utz besuchte ParkettMagazin die ukrainische Hauptstadt Kiew und warf einen Blick auf das Holzbodengeschäft für den hochwertigen Anspruch und für den allgemeinen Bedarf.

Die Ukraine, ein Land zwischen Polen, Weißrussland, Russland, dem Schwarzen Meer und nur zweieinhalb Flugstunden von Frankfurt entfernt, hat sich von der Finanzkrise noch nicht erholt. Wenige Oligarchen beherrschen die Wirtschaft, setzen ihre Interessen durch. Die Stimmung im einfachen Volk ist schlecht. So beschreibt es ein Vertreter aus dem Wirtschaftsreferat der deutschen Botschaft in Kiew. Ob das besser wird, wenn Boxweltmeister Vitali Klitschko die kommende Wahl zum Bürgermeister der Hauptstadt gewinnt?

Die Kaufkraft der Mittelschicht ist weggebrochen. "Parkett-Aufträge für Wohnungen im Bereich von 80 bis 100 m gibt es kaum noch", erklärt Tatjana Netschei, stellvertretende Geschäftsführerin des Kiewer Fachgeschäftes Listelli. Was übrig bleibt, ist der hochwertige Bereich. Dort, wo Geld keine Rolle spielt. Aber selbst hier gibt es starke Einbrüche. Hatte Listelli mit seinen 32 Handwerkern vor der Krise pro Monat noch rund 15 Objekte in Privatvillen mit je 300-400 qm zu bearbeiten, so ist diese Auftragslage auf heute 4 Objekte monatlich zurückgegangen. Trotzdem versucht das Unternehmen, seine Verlegeteams zu halten. Allerdings erhalten die Handwerker kein Grundgehalt. Sie werden nach Akkordtarif bezahlt und können nur überleben, weil zusätzlich die Verlegung von Fliesen und Naturstein in ihr Aufgabengebiet fällt.

Listelli zählt in Kiew zu den hochwertigen Fachgeschäften. Dennoch bleibt der Schauraum mit 60 m relativ klein. Teure Ladenmiete von rund 38 EUR/m ist der Grund. Zur ausgestellten Importware gehören Belcanto-Fertigparkett von Terhürne und Marken wie Karelia/Upofloor, Timberwise (beide Finnland), Hakwood (Niederlande) und Foglio dOro (Italien). Heimisches Massivparkett trägt den Kollektionsnamen Porta Vita.

Die Ukraine besitzt durchaus eine Reihe nationaler Parkettlieferanten. Bis zu 40 Produzenten und Großhändler lassen sich online finden. Namhaft sind im Westen allerdings nur wenige, wie etwa der Tafelparkettlieferant Tavolini. Eiche aus eigenen Wäldern, Moldawien oder Kroatien wird verarbeitet. Auch Kork ist beliebt in der Ukraine, allerdings nur für bestimmte Räume wie das Kinderzimmer oder als Trittschallunterlage. Keine Nachfrage gibt es nach Bambusböden. Das schwankende Raumklima in den Häusern des Landes, heißt es, sei dafür der Grund. In Hotel-Objekten wird eher Teppichboden bevorzugt. Auch die kommende Fußballeuropameisterschaft 2012 hat keinen erkennbaren Schub für das Parkettgeschäft gebracht. "Viele Leute legen sich heute Laminat in die Wohnung", sagt Tatjana Netschei. "Wir hoffen, dass die Mittelschicht sich wieder erholt, denn dort liegt eigentlich das regelmäßige Geschäft für Holzboden."

Wohlhabende Ukrainer wählen ihr Parkett nicht selbst aus. Deshalb sind es Innenarchitekten und Designer, mit denen Tatjana Netschei die Verhandlungen führt. Oberflächentrends oder eine Mode kann sie nicht erkennen. Wohl aber eine Umkehr des Verhältnisses von Massivparkett zu Mehrschichtware in den vergangenen zehn Jahren. 70% der Verlegung entfallen auf Fertigparkett. Massives Stabparkett aus nationaler Produktion wird immer weniger nachgefragt. Tatjana Netschei: "Das liegt an den Verlegekosten. Die Untergrundvorbereitung wird mit 60-70 EUR/m angesetzt, eine Verlegung von Stabparkett mit 50-60 EUR/m. Auch ein gutes Fertigparkett lässt sich komplett für 120 EUR/m installieren. Da ist sogar ein deutscher Kleber inklusive." Bei Klebstoffen und Beschichtungen dominieren in der Ukraine die Marken Uzin, Pallmann und Bona. In Baumärkten findet sich dazu eine Vielzahl weiterer Anbieter - von Henkel über Mapei, Bostik, Sopro bis hin zu Farben und Lacken von Sadolin, Alpina, Feidal, Johnstones, Synteko und Isaval.

Technische Probleme gibt es mit dem Untergrund. "Der Estrich ist in der Ukraine oft zu weich", berichtet Uzin-Anwendungstechniker Frank Zaunsegel und hat dazu auch eine Lösung parat: "Den 2K- Epoxydtiefgrund PE 425 mit Wasser mischen und die Emulsion in den Estrich eindringen lassen." Das führt nach seiner Erfahrung zu einer ausreichenden Verfestigung des Estrichs. Qualitätsverlegung ist für ein Unternehmen wie Listelli wichtig, denn das Fachgeschäft gewährt drei Jahre Garantie. Reklamationen, erklärt Tatjana Netschei, hat es noch keine gegeben.


Parkettleger wandern nach Moskau ab


Könnte, was aus der weißrussischen Hauptstadt Minsk berichtet wird, auch in Kiew geschehen? Dass Parkettleger nämlich ihr Glück eher in Moskau suchen, wo es genug Aufträge gibt und wo allein die Parkettverlegung mit bis zu 140 EUR/m vergütet wird. In Minsk und Kiew sind 40-60 EUR/m Standard. Billige Einzelkämpfer machen es sogar für die Hälfte. Solche Entwicklungen beobachtet Ivan Rak, Repräsentant der Uzin Utz AG im weißrussischen Minsk, meint aber, dass die Ukraine davon weniger betroffen ist. Grund: Arbeitsgenehmigungen in Moskau würden für Weißrussen eher erteilt als für Ukrainer, weil Russland und Kasachstan mit Weißrussland die Eurasische Wirtschaftsunion anstreben. Daher müsse sich ein deutscher Verlegewerkstoffhersteller wie Uzin um ein Ausbluten des ukrainischen Parkettlegehandwerks kaum Sorgen machen. Uzin mit seiner in Osteuropa auf Langfristigkeit angelegten Vertriebsstrategie lässt sich derzeit in der Ukraine von zwei Großhändlern vertreten.
aus Parkett im Holzhandel 02/12 (Handel)