Studie: Deutsche haben Nachholbedarf beim Online-Shopping

Multi-Channel als Wachstumschance für den Handel


Zwar wachsen die Online-Umsätze des deutschen Einzelhandels in den letzten Jahren stetig und mit beachtlichen Steigerungsraten. Im internationalen Vergleich ist aber noch viel Luft nach oben, wie eine Studie der Beratungsgesellschaft PwC herausgefunden hat. Im Ländervergleich liegen vor allem chinesische Verbraucher weit vorn, wenn es um Einkäufe über das Internet geht. Befürchtungen stationärer Einzelhändler, das Internet könne ihre Existenz gefährden, entkräftet PwC. Sofern man die sich bietenden Möglichkeiten einer Multi-Channel-Strategie richtig nutze, könnten auch Händler ohne ein großes Online-Angebot vom Internetboom profitieren.

Trotz immenser Steigerungsraten in den vergangenen Jahren besteht für das Online-Shopping in Deutschland weiterhin ein erhebliches Wachstumspotenzial. Wer hierzulande im Internet einkauft, tut dies im Durchschnitt knapp dreimal pro Monat und damit deutlich seltener als Konsumenten in Großbritannien (4,3 Einkäufe/Monat) oder den USA (5,2 Einkäufe/Monat). Am aktivsten sind allerdings die chinesischen Online-Shopper. Sie tätigen im Mittel monatlich 8,4 Käufe per Mausklick, wie aus einer internationalen Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervorgeht.

Während in China 60 % der Befragten Bekleidung und Schuhe auch online kaufen, tun dies nur 31 % der Briten und nur 23 % der Käufer aus den Niederlanden. Chinesische Konsumenten kaufen auch häufiger direkt auf den Webseiten der Hersteller (60 %) als dies beispielsweise die Deutschen tun (31 %). PwC zieht aus diesen Unterschieden im Einkaufsverhalten den Schluss, dass Händler und Hersteller für eine erfolgreiche internationale Online- und Multi-Channel-Strategie eine Grundregel weiterhin berücksichtigen müssen: Der Kunde mit seinen landesspezifischen Bedürfnissen muss im Mittelpunkt stehen.

Dass der stationäre Handel von den Erfolgen des Online-Shoppings substanziell bedroht sei, glaubt man bei PwC allerdings nicht: "Das Internet hat die Konsumenten emanzipiert. Sie können nahezu jedes Produkt an jedem Ort und zu jeder Zeit kaufen. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich ausführlich über Alternativprodukte zu informieren und Preise verschiedener Anbieter zu vergleichen. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass auch der stationäre Handel eine Zukunft hat, wenn er das Internet konsequent in seine Multi-Channel-Strategie einbindet", kommentiert Gerd Bovensiepen, Leiter des Competence Center Retail & Consumer bei PwC.

So hält es immerhin jeder dritte Befragte für einen Vorteil, gelieferte Waren auch im Geschäft vor Ort umtauschen oder zurückgeben zu können, und jeder vierte legt Wert auf die Möglichkeit, Produkte online zu kaufen, aber in der Filiale abzuholen.

Eine erfolgreiche Multi-Channel-Strategie müsse das Internet nicht einmal zwingend als zusätzlichen Vertriebsweg nutzen, ist man bei PwC überzeugt: Bei Unternehmen, bei denen das Online-Sortiment begrenzt ist, spiele der Informationsaspekt die entscheidende Rolle - Kunden erfahren auf der Webseite vorab von Sonderaktionen und können sich beispielsweise bei Interesse an Starttermine erinnern lassen.

"Betrachtet man, wie sich Konsumenten zwischen online und stationären Kanälen im Zuge ihres Einkaufsprozesses bewegen, so wird deutlich, dass in einigen Warenkategorien der Laden zwar wichtig bleibt, aber mit einer stark erweiterten Rolle, beispielsweise als Show-Room oder Abholort von im Internet bestellten Waren", sagt Bovensiepen.

Auch soziale Netzwerke spielen eine wachsende Rolle für Multi-Channel-Strategien. So informieren sich in China bereits 40 % der Online-Käufer in Gemeinschaften wie Renren oder QQ über ihre bevorzugten Marken, in den USA besucht jeder dritte Internet-Kunde auch die Seiten von Facebook und Co., um mit Herstellern und Einzelhändlern in Kontakt zu treten.

Als Einkaufsplattform spielen soziale Netzwerke hingegen bislang kaum eine Rolle - gerade einmal 3% der Befragten haben schon einmal auf einer Fan- oder Freundschaftsseite bestellt und bezahlt.



Eine Multi-Channel-Strategie ist meist eine Kombination aus stationärem Geschäft und Online-Verkauf. Mit ihr lassen sich unterschiedliche Kundengruppen ansprechen und gemäß ihrer divergierenden Ansprüche befriedigen. Damit ist beispielsweise sowohl die persönliche Beratung im Geschäft als auch die Information über Produkteigenschaften oder den Bestellstatus rund um die Uhr im Internet möglich.
aus BTH Heimtex 03/12 (Handel)