Kleiner Fehler - Großer Schaden
Hermetisch abgedichtet - Wenn die Feuchtigkeit nicht weg kann
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten -Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht um einen extremen Feuchtigkeitsschaden in einem historischen Gasthaus. Motto: Wie aus einer fehlenden Randfuge und einem dampfdichten Belag ein "Feuchtigkeitsbiotop" werden kann.Im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen in einem historischen Gasthaus entschied sich der Bodenleger, auf den vorhandenen lackierten Dielen in der Küche und in den Gasträumen eine 16 mm dicke Holzspanplatte vollflächig zu verschrauben. Auf die Spanplatte klebte er ungefähr 1 x 1 m große Kautschukbelagsplatten mit einem Kunstharzdispersionskleber. Feuchtigkeitsmessungen an der alten Massivdielenkonstruktion erfolgten nicht.
Nach einer rund einjährigen Nutzung reklamierte der Bauherr Ablösungen des Belages im Kantenbereich. Der Bodenleger verwies auf eine zu feuchte Reinigung und ergriff keine weiteren Maßnahmen. Es kam zu weiteren starken Ablösungen, die vom Bauherrn provisorisch nachgeklebt und teilweise genagelt wurden. Trotz mehrfacher Reklamationen kümmerte sich der Bodenleger über drei Jahre nicht um den Fall, so dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit einem Beweissicherungsgutachten kam.
Schaden: Belagsablösungen und aufgewölbter Fußboden Tatsächlich fand der Sachverständige im Objekt eine Fußbodenkonstruktion vor, in der sich in allen Bereichen die Kanten der 1 x 1 m großen Bodenbelagsplatten hoch gestellt hatten und teilweise eine Unfallgefahr darstellten. Das galt auch für die verlegten Spanplatten, die unter dem Belag wellenartige Aufwölbungen zeigten. Bei Belastung des Bodens waren Absenkungen der Spanplatten wahrnehmbar.
Orientierende Holzfeuchtemessungen mit dem Messgerät Gann-Hydromette zeigten deutlich erhöhte Werte zwischen 20 und 40 % in den Spanplatten. Im Gegensatz dazu lagen die Holzfeuchtegehalte an der Wand nur zwischen 10 und 15 % - dort gab es keine Belagsablösungen und verformte Spanplatten.
Eine Bodenöffnung war unausweichlich: Beim Ablösen des Belages trat ein deutlich wahrnehmbarer muffiger Geruch zutage. Auch dort, wo der Belag noch fest anhaftete, war der Klebstoff schmierig und verseift. Die darunter liegende Spanplatte wies einen Kohäsionsbruch und einen regelrechten Zerfall auf. In diesen Prüfbereichen zeigten die elektrischen Feuchtigkeitsmessungen einen vollen Ausschlag an. Einen deutlich erhöhten Holzfeuchtegehalt von 20 bis 30% wiesen auch die dick lackierten Massivdielen auf, die mit Pressdruck dicht aneinander standen. Dieses Ergebnis konnte der Sachverständige an drei Prüfstellen feststellen.
An Proben der Holzspanplatte und der Massivdielen wurden Darr-Prüfungen durchgeführt, die das stark erhöhte Feuchtigkeitspotential bestätigten und als "nahezu vollnass" eingestuft wurden. Das galt sogar für die Proben der Lehm-Sand-Schüttung, die zwischen den Holzbalken lag.
Prüfmaßnahmen in den Randbereichen zeigten zum einen, dass der Übergangsbereich zwischen dem Bodenbelag und den Holzsockelleisten elastisch abgedichtet war. Zum anderen verliefen auch die Holzspanplatten bis unter die Holzsockelleisten. An eine Randfuge zwischen den Wänden und den Massivdielen hatte niemand gedacht. Selbst ein erneutes Verputzen der Wände hatte dazu geführt, dass der Wandputz bis auf die Massivdielen aufgesetzt war - eine Möglichkeit der Belüftung gab es deshalb nicht.
Bei der Besichtigung des unbeheizten Kellergeschosses zeigte sich, das es dort eine zweite Küche gab, in der unregelmäßig gekocht wurde. Neben einem muffigen Geruch und hohen Luftfeuchtigkeitsgehalten auch an der Decke zu den darüber liegenden Räumen mit den Fußbodenschäden lagen dort feuchtigkeitsbedingte Putzabplatzungen vor.
Ursache: Eingeschlossene Feuchtigkeit in Deckenkonstruktion Die Ursache für die Schädigung der Holzwerkstoffe, des Dispersionsklebers, das Ablösen des Belages resultieren aus einer inneren Kondensation der mit einem dampfdichten Belag abgedeckten Fußbodenebene.
Die erhöhten Feuchtigkeitsgehalte in allen Fußbodenschichten haben bestätigt, dass die erhöhte Feuchtigkeit zum Schaden führte. Die sich unter dem dampfdichten Kautschukbelag anstauende Feuchtigkeit konnte nicht über die erforderliche Hinterlüftung einer solchen Konstruktion an die Raumluft abgegeben werden.
Langfristig wären sogar Schäden in den Massivdielen und selbst in der Balkenlage zu erwarten gewesen.
Verantwortlichkeit: Bodenleger hatte Fachplanung übernommenDer Bodenleger hatte allein die Planung für die Sanierung der Fußbodenkonstruktion übernommen. Er hätte erkennen müssen, dass an den Wänden keine Randfuge zwischen dem neuen Putz und den Massivdielen vorhanden war. Mit einem umlaufenden Einschneiden der Massivdielen in einer Breite von 10 bis 15 mm Breite hätte er die Hinterlüftung herstellen müssen, die auch in den Spanplatten und in den Bodenbelag hätten übernommen werden müssen.
Der nächste Fehler geschah mit dem Abdichten der Randbereiche nach der Verlegung des Bodenbelages, als die Sockelleisten mit einer elastischen Fugenmasse abgedichtet wurden. Somit wurde eine hermetische Abdichtung der in der Unterkonstruktion nicht vermeidbaren Feuchtigkeit erzielt.
Dass es jahrzehntelang vor Verlegung des Belages nicht zu Feuchtigkeitsschäden gekommen ist, ist darin begründet, dass die Randfugen der Massivdielen zunächst nicht mit dem Putz abgedichtet waren. Außerdem befanden sich deutliche Fugen zwischen den Massivdielen, die für eine natürliche Belüftung sorgten.
FazitAuch wenn der Bodenleger kein Bauphysiker war, so hätte er wissen müssen, dass ein dampfdichtes Abdecken der alten Holzfußbodenkonstruktion ein hohes Risiko beinhaltet. Da kein Architekt beauftragt wurde, hatte der Bodenleger die Fachplanung übernommen. Die Herstellung einer dauerhaften Hinterlüftung mit entsprechenden Randfugen und belüften Sockelleisten ist beim Abdecken von Massivdielenkonstruktionen zwingend erforderlich. Für den entstandenen Schaden musste der Bodenleger gerade stehen.
Der Autor
Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.
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FussbodenTechnik 03/12
(Handwerk)